Rana Dasgupta

Die geschenkte Nacht

Cover: Die geschenkte Nacht
Karl Blessing Verlag, München 2006
ISBN 9783896672421
Gebunden, 476 Seiten, 22,95 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Barbara Heller. Der Wind peitscht über die Landebahn, als die Boeing ihre Passagiere ausspuckt. Der Flieger hätte sie nach Tokio bringen sollen, muss aber wegen eines Schneesturms im Irgendwo zwischenlanden. Dreizehn Menschen aus aller Welt sitzen nun im Transitbereich fest mitten in der Nacht. Sie lächeln einander müde an und beginnen, Geschichten zu erzählen.Die Geschichten, manche märchenhaft fantastisch, andere von einer glasklaren Realität, verweben sich wie die Muster eines bunten Teppichs miteinander. Rana Dasgupta, einer der unkonventionellsten jungen Autoren Indiens, entwirft in seinem glänzend komponierten Debüt voller Fabulierfreude eine Comedie humaine, ein Zeitbild von intensiver Klarheit.Die Aufregung unter den Reisenden ist groß, als verkündet wird, dass sich der Weiterflug nach Tokio bis zum nächsten Morgen verzögert. Eine lange Schlange bildet sich am einzigen geöffneten Schalter, an dem ein Mann Hotelzimmer zu organisieren versucht. Er bringt alle unter, bis auf dreizehn, die sich stumm vor Müdigkeit neben den still stehenden Gepäckbändern niederlassen. Geredet wird nur wenig, bis einer sagt: Hören Sie, Freunde, ich finde, wir kennen uns nicht gut genug, um schweigend dazusitzen. Und ein anderer sagt: Ich weiß eine Geschichte. Und so beginnt er von Prinz Ibrahim zu erzählen

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.01.2007

Recht beeindruckt zeigt sich Rezensent Martin Zähringer von Rana Dasguptas Werk "Die geschenkte Nacht". Als "Fragmente der globalisierten Gegenwart" liest er die Erzählungen über Anatolien und Frankfurt, London und Delhi, Istanbul und New York, Lagos und Detroit, Tokio, Istanbul, Odessa, Paris, Warschau und Shenzen, die durch eine Rahmenhandlung - steckengebliebene Flugpassagiere erzählen sich in einer Nacht auf dem Flughafen von Tokio Geschichten - zusammengehaltenen werden. Bemerkenswert scheint Zähringer der Umgang des Autors mit seinen dem "virtuellen Konzept des globalisierten Ganzen" im 21. Jahrhundert entstammenden Themen, die in skurrilen Geschichten mit den "fragmentierten Formen früherer Zeiten" bearbeitet werden: Dasgupta rücke dem Gespenst der Globalisierung mit dem phantastischen Esprit romantischer Kunstmärchen zu Leibe. Das sprachliche Können des Autors steht für Zähringer dabei außer Frage. Auch die Übersetzung von Barbara Heller bedenkt er mit Lob.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 28.09.2006

Mit einigem Enthusiasmus macht sich Rezensent Markus Clauer für das "brillante" und "erfindungstolle" Debüt des Autors Rana Dasgupta stark. Denn dieses "pan- wie popkulturelle Prosawerk" bringt aus seiner Sicht "Tradition und Gegenwärtigkeit" in "eine fantastische Balance". Seinen Aufbau habe das Werk von Boccaccios mittelalterlichem "Decamerone", doch in den Erzählton der Geschichten, die sich ein paar steckengebliebene Flugpassagiere in einer Nacht auf dem Flughafen von Tokio erzählen würden, hätten sich "Daten- und Informationsströme" der Jetztzeit "eingeloggt". Schauplätze der Erzählungen sind laut Clauer London, Delhi, Detroit, Lagos, Tokio, New York oder Buenos Aires. Die Geschichten und Parabeln, die sich in diesem "globalisierten Erwachsenenmärchen" Schicht für Schicht übereinander legten, seien archaisch, fantastisch, futuristisch oder real und können dem Rezensenten den schon von Walter Benjamin für die Moderne diagnostizierten "Niedergang des Erzählens" auf "grandiose Weise" widerlegen.
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