Pierre Radvanyi

Jenseits des Stroms

Erinnerungen an meine Mutter Anna Seghers
Cover: Jenseits des Stroms
Aufbau Verlag, Berlin 2005
ISBN 9783351025939
Gebunden, 152 Seiten, 15,90 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Manfred Flügge. Anna Seghers hat sich selbst kaum über ihren privaten Alltag geäußert. Ihr Sohn Pierre Radvanyi erinnert sich an ihr gemeinsames Leben. Er war noch ein Kind, als die Familie ins Exil gehen musste. Aus diesen Jahren in Frankreich und Mexiko kann er als unmittelbarer Zeuge bislang Unbekanntes berichten. Er erzählt von dem weltweiten Freundes- und Bekanntenkreis seiner Mutter, zu dem unter anderen Brecht, Helene Weigel, Kisch, Jorge Amado und Pablo Neruda gehörten. Und er erzählt von Ihren Schreibgewohnheiten, ihrer unkonventionellen Art und ihrer Fröhlichkeit. Sie war eine besorgte, zärtliche Mutter, und die enge Beziehung wurde später, als er in Frankreich lebte, durch Briefe, Besuche und gemeinsame Urlaube fortgesetzt. Ihm vertraute sie auch ihre politischen Probleme an, und er wurde Zeuge ihrer Konflikte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.07.2005

Berührt und trotzdem enttäuscht ist Sabine Brandt von Pierre Radvanyis Erinnerungen an seine Mutter Anna Seghers. Wie der seit Jahrzehnten in Frankreich lebende Physiker seine Mutter als Alltagsmenschen zeigt, als "nimmermüde Fraue und Mutter, hilflosen Flüchtling", das rührte das Herz der Rezensentin an, der Seghers bis dahin immer so bemüht bedeutend begegnet war. Trotzdem hatte sich Brandt mehr erhofft, nämlich von Radvanyi zu erfahren, warum die Seghers, Autorin von Weltrang, zu den Verbrechen in der Sowjetunion und der DDR so schmählich geschwiegen hat. Immerhin preise der Verlagstext den Sohn als ihren Vertrauten in Sachen DDR an. Aber Fehlanzeige. Zu Chruschtschows Enthüllungen über Stalins Untaten fand Brandt nur den lahmen Satz: "Meine Mutter war empört und versuchte, wenn auch vergeblich, zu verstehen und sich die Psychologie von Stalin und seiner Umgebung vorzustellen."
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 02.06.2005

Rolf Michaelis moniert Schlampigkeit. Nicht nur was das Formale betrifft - so verzichtet der Aufbau-Verlag darauf, den Originaltitel von "Jenseits des Stroms" zu nennen und das Jahr der Entstehung dieser Erinnerungen an Anna Seghers, gerade mal der Übersetzer wird namentlich erwähnt. Aber auch Pierre Radvanyi, Sohn der Seghers, geht in Michaelis Augen arg sorglos zur Sache. Zum einen kippe der 1926 in Berlin geborene französische Physiker "aus vergilbten Kladden die Namen in sein Buch", betreibe also recht zielloses "name dropping" - keine besonders überzeugende Lösung, wie der Rezensent befindet. Zum anderen vermeidet der Verfasser es geflissentlich, die problematischen Aspekte des Lebens der Autorin des Widerstandsromans "Das siebte Kreuz" zu beleuchten. Dass sie sich zur "Galionsfigur" eines Unrechtsstaats machen ließ, darauf weist Michaelis hin, auch darauf, dass sie die Niederschlagung des Aufstands vom 17. Juni pries, dass sie sich für verfemte Kollegen nicht einsetzte - all das geht auf und unter in der Apotheose ihrer angeblichen letzten Worte, gewidmet, im Jahr seiner Ausbürgerung, dem poetischen Unruhestifter der DDR: "Biermann, Biermann ..."
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