Philippe Jaccottet

Der Pilger und seine Schale

Giorgio Morandi
Cover: Der Pilger und seine Schale
Carl Hanser Verlag, München 2005
ISBN 9783446205796
Gebunden, 77 Seiten, 14,90 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Elisabeth Edl und Wolfgang Matz. Der Italiener Giorgio Morandi (1890-1964) zählt heute zu den berühmtesten Malern der klassischen Moderne. Seine Stilleben, in denen er jahrzehntelang nur ein einziges Sujet variierte, blieben jedoch für viele ein Rätsel. Philippe Jaccottet verfolgt Morandis Weg von den frühen Landschaftsbildern bis zu den späten asketischen Stilleben und zeichnet ihn nach in einer tiefen Wahlverwandtschaft. Eine poetische Meditation über das Verständnis von Kunst und ihr Verhältnis zu Sprache und Poesie.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 07.07.2005

Zwar hat Philippe Jaccottet ein Buch über Giorgio Morandi, einen Maler, der der pittura metafisica nahesteht, geschrieben; doch geht es nicht um Morandi in "Der Pilger und seine Schale", so Elke von Radziewsky, das Faktisch-Biografische bleibt außen vor. Sondern es dreht sich alles um das Dreiecksverhältnis der Arbeiten Morandis, der Lieblingstexte der Lieblingsdichter des Verfassers und der Reaktionen, die das Zusammentreffen dieser bildlichen und literarischen Kunstwerke in der Seele Jaccottets auslöst. Rilke, Hölderlin, Pascal und Leopardi treffen auf "die stummen Bilder von Landschaften und bleichen Blumen". Dabei ergibt sich, so Radziewsky mit beinahe undurchdringlichem Understatement, das "Selbstgespräch eines Sinnsuchers". Nur dezent lässt die Rezensentin ihre Vorbehalte gegenüber solcher Weltschönheitsinnerlichkeitssucht anklingen. Gleichwohl scheint sie nicht unbedingt vehement widersprechen zu wollen, wenn der Autor sich einen "gewaltigen Einfaltspinsel" nennt. Trockenes Fazit der Rezensentin: "Seelenverwandte werden das Bändchen gern lesen."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 29.06.2005

Martin Zingg ist ganz verzaubert von den Bildbetrachtungen Philippe Jaccottets, und nicht überrascht, dass sich dieser ausgerechnet dem Werk von Giorgio Morandi widmet, suchen sie doch beide - der Dichter und der Maler - das Wesen der Wirklichkeit im "Unscheinbaren". Zinggs Stichwort für dieses Büchlein ist "Verwunderung": Hier wird keine genormte kunsthistorische Betrachtung geliefert, und vor allem wird nicht entschlüsselt, bis alle Schönheit sich in Bedeutung verwandelt hat. Jaccottet blättert die Bücher durch, die Morandi las, und lässt sich immer wieder von seinen Bildern zu Assoziationen hinreißen, die das Kunsterlebnis verdoppeln, ohne es zu erklären. Jaccottet staunt - und der Rezensent staunt mit ihm.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 26.02.2005

Es kann kaum überraschen, so der Rezensent Martin Meyer, dass der Dichter Philippe Jaccottet im Maler Giorgio Morandi einen Wahlverwandten gefunden hat. Beide seien Meister der "Entspannung", passend daher auch die Art des Textes, der sich nicht als theoretische Erörterung oder strenge Analyse des Werks verstehe, sondern zwischen "Assoziationen" und "Beschreibungen" wechsele. Die Rezension selbst macht nicht durchweg klar, wo sie Jaccottets Betrachtungen referiert und wo sie eigene Überlegungen zum Werk Morandis vorstellt. Kritisiert wird zuletzt jedenfalls, dass der Autor die dem Rezensenten sehr einleuchtende Deutung der Malerei im Licht von Platons Ideenleere verwirft.