Nietzsches persönliche Bibliothek

Cover: Nietzsches persönliche Bibliothek
Walter de Gruyter Verlag, Berlin 2003
ISBN 9783110158588
Gebunden, 736 Seiten, 148,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Giulianp Campioni, Paolo D'Iorio, Maria Christina Fornari, Francesco Fronterotta, Andrea Orsucci. Unter Mitarbeit von Renate Müller-Buck. Der Band verzeichnet erstmals sämtliche Werke und Noten aus Nietzsches persönlicher Bibliothek (BN) bis Anfang Januar 1889. Er listet sowohl die Bestände der Herzogin Anna Amalia Bibliothek als auch die des Goethe- und Schiller-Archivs in Weimar auf. Die kritische Analyse anderer Bestandslisten ermittelte zudem zahlreiche heute nicht mehr vorhandene Titel. Ferner wurden sämtliche Bücherrechnungen und -quittungen von Buchhändlern und Buchbindern ausgewertet, die im Goethe- und Schiller-Archiv aufbewahrt werden. Neben den ca. 2.200 Titeln aus Nietzsches rekonstruierter Bibliothek enthält der Band auch ein Verzeichnis sämtlicher "Lesespuren" Nietzsches (circa 20.000), zum Beispiel Anmerkungen, Unterstreichungen und Eselsohren. Ergänzt durch zahlreiche Faksimile-Reproduktionen sowie durch philosophische, historische und bibliographische Einführungen, stellt der Band ein unverzichtbares Arbeitsinstrument jeder zukünftigen Nietzsche-Forschung dar.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.07.2004

Rundum überzeugend findet Rezensent Christof Windgätter diesen von Giuliano Campioni und anderen herausgegebenen Band, der aufschlussreiche Einblicke in Friedrich Nietzsches persönliche Bibliothek gewährt. Erst 1970 habe sich der Plan einer wissenschaftlichen Erschließung der Bibliothek Nietzsches durchgesetzt, berichtet Windgätter. Dass bis zu seiner Realisierung mehr als dreißig Jahre vergehen würden, ist für ihn auch ein "Zeugnis für die Sorgfalt und Präzision der Herausgeber". Als Kernstück des Buches sieht er das Verzeichnis des Bibliothek-Nachlasses selber. Dabei handelt es sich um etwa 2200 Titel (samt Materialbeschreibung) in alphabetischer Ordnung, "die schon beim ersten Durchblättern einen Eindruck von Nietzsches breit gefächertem Interesse geben." Windgätter hebt hervor, dass die Herausgeber etwa 20.000 Lesespuren wie Marginalstriche, farbliche Markierungen und Kommentare wie "gut" oder "bravo", aber auch "Esel" oder "Hornvieh" dokumentiert haben. Unmissverständlich stellt er klar, dass ihre Katalogisierung nicht mit bloßer Fleißarbeit zu verwechseln sei: "Vielmehr leistet sie, unter anderem durch das geduldige Auswerten von Bestandslisten, Bücherrechnungen und Händlerquittungen, auch eine inhaltliche Kritik des Autorbegriffes, indem sie ihn aus der Tradition voraussetzungsloser Schöpfung befreit und des Textbegriffes, indem sie seine Geschlossenheit sprengt, um ihn stattdessen in Richtung historische Entwicklung und mediales Umfeld zu öffnen."

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.10.2003

Die einstige Verehrung von Nietzsche als Originalgenie ist längst, nämlich mit dem Wachsen der Montinari-Ausgabe seiner Werke, der Erkenntnis gewichen, dass der Philosoph ein Meister der Übernahme und Anverwandlung fremder Einsichten, ja, so der Rezensent Ulrich Raulff, eine "Filtrieranlage mit eingebauter Kritzelmaschine" gewesen ist. Diese nun vorliegende Rekonstruktion der Bestände von Nietzsches persönlicher Bibliothek kann dieses Bild nur bestätigen. Mit einigem Erstaunen sieht Raulff die französischen Geistesgrößen der Zeit fast vollständig versammelt - wohingegen kaum deutsche Literatur anzutreffen ist. Von Kant fehlt überdies jede Spur. Die bisweilen offenkundig pedantische Genauigkeit, um die der Autor des Bandes sich bemüht hat, verdeutlicht Raulff in einem längeren Zitat, das sich Gedanken um ein verschwundenes oder falsch notiertes Eselsohr in einem von Nietzsches Büchern macht. Mit dem Satz "Meine Sorgen möchte ich haben, schrieb Tucholsky einmal" schließt er seine dennoch nicht unfreundliche Kritik.
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