Meir Shalev

Der Junge und die Taube

Roman
Cover: Der Junge und die Taube
Diogenes Verlag, Zürich 2007
ISBN 9783257066081
Kartoniert, 496 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Aus dem Hebräischen von Ruth Achlama. Ein Junge namens "Baby" wächst ohne Eltern in einem Kibbuz auf und interessiert sich brennend für Brieftauben. Er ahnt nicht, dass ihm neun Jahre später das Wissen über diese Brieftauben von großem Nutzen sein wird, um den sehnlichsten Wunsch seiner Geliebten zu erfüllen. Viele Jahre später: Ein Haus für sich allein will der Touristenführer und Vogelkundler Jair. Denn seit es in Israel nicht mehr viele Touristen durch das Land zu führen gibt, denen man die Schönheiten der Flora und Fauna zeigen kann, steht Jair auf der Lohnliste seiner amerikanischen Frau Liora, die ein Immobiliengeschäft betreibt und ihm jeden Wunsch von den Augen abliest. Und welcher Mann hält das schon aus? Die Geschichte einer alten Liebe, die eine neue wurde, dann zu verlöschen drohte - und doch siegte.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.01.2008

Als "imposantes Diptychon" würdigt Rezensent Uwe Stolzmann diesen Roman des israelischen Autors Meir Shalev. Trotzdem hat das Buch bei ihm einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Im Grunde findet er hier nämlich zwei Bücher, zwei Geschichten vor. Die erste über den Vogelkundler und Touristenführer Jair, eine Liebesgeschichte, hat ihn sehr berührt. Er schwärmt von der Poesie des Textes und den wunderbaren Figuren. Die andere Geschichte über den Taubenzüchter Baby, der im Unabhängigkeitskrieg zwischen Israel und den Arabern 1948 stirbt, fällt seines Erachtens dagegen stark ab. "Blass" nennt er sie, "erfunden, nicht erfahren, obendrein viel zu lang". Er hält dem Autor vor, hier zum Kitsch zu neigen und "Herz-Schmerz-Prosa" zu pflegen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.12.2007

Susanne Klingenstein sieht in der schmelzend schönen Liebesgeschichte, von der Meir Shalev unter anderem in seinem jüngsten Roman erzählt, eine "Stahlkugel in einem Marshmallow". Denn der israelische Autor, der als scharfzüngiger politischer Kommentator für die Rückgabe der 1967 besetzten Gebiete und für einen eigenen Palästinenserstaat eintritt, stellt in dieser Hommage an sein Heimatland einmal mehr klar, dass Israel die Heimat der dort geborenen Juden ist. Seine Geschichte bewegt sich auf drei Handlungsebenen und erzählt einmal vom Fremdenführer Jair und seiner Familie, dann vom Schicksal eines 18-jährigen Brieftaubenzüchters, der 1948 im Kampf um Jerusalem starb, und um die Bauleiterin Tirza, die für Jair ein altes Haus bei Jerusalem renoviert. Alle diese Geschichten laufen auf die Frage nach dem Zuhause hinaus und warten für Jair und seine Mutter mit einer überraschenden Pointe auf, verspricht die Rezensentin, die das Buch als Lektüre empfiehlt, die dem durch die täglichen Nachrichten vom Nahostkonflikt zermürbten Leser etwas Erholung bietet.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.12.2007

Nach dem Verständnis der Rezensentin Eva-Elisabeth Fischer handelt es sich bei dieser Geschichte von Meir Shalev um eine "aufs feinste ausgearbeitete Parabel". Deswegen erscheint es ihr auch nicht erstaunlich oder irritierend, dass die Erzählung zum Ende hin "in den Bereich des Unglaubwürdigen" abgleitet und mit Symbolischem nicht geizt. Thema dieser Parabel ist die Gründung und die anfängliche Entwicklung des Staates Israel, man verfolgt dessen Geschichte am Beispiel von überzeugend gezeichneten "persönlichen Schicksalen". Die inszeniert der Autor auf eine sehr poetische, sanfte, aber auch manchmal "grausame" Weise. Er umhüllt seine Protagonisten "mit einer Art liebendem Humor". Das macht nach Fischers Meinung den Kontrast zum heutigen Status Quo besonders deutlich. Da "wirkt das einstmals Große kleinlich oder gänzlich verroht".
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