Matthias Brandt

Raumpatrouille

Geschichten
Cover: Raumpatrouille
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2016
ISBN 9783462045673
Gebunden, 176 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Die Geschichten in Matthias Brandts erstem Buch sind literarische Reisen in einen Kosmos, den jeder kennt, der aber hier mit einem ganz besonderen Blick untersucht wird: der Kosmos der eigenen Kindheit. In diesem Fall einer Kindheit in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts in einer kleinen Stadt am Rhein, die damals Bundeshauptstadt war. Einer Kindheit, die bevölkert ist von einem manchmal bissigen Hund namens Gabor, von Herrn Vianden, dem mysteriösen Postboten, verschreckten Nonnen, kriegsbeschädigten Religionslehrern, einem netten Herrn Lübke von nebenan, bei dem es Kakao gibt und dem langsam die Worte ausgehen. Es gibt einen kauzigen Arbeitskollegen des Vaters, Herrn Wehner, einen Hausmeister und sogar einen Chauffeur, da der Vater gerade Bundeskanzler ist.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 21.10.2016

Georg Löwisch ist sehr eingenommen von Matthias Brandt, der in "Raumpatrouille" von seiner Kindheit im Kanzlerbungalow erzählt: Personenschützer erschrecken, Kakao trinken bei Heinrich Lübke, Urlaub in Norwegen. Die Geschichten findet Löwisch so intensiv erzählt, dass er den Vergleich zu J.D. Salingers Meisterwerk "Fänger im Roggen" nicht scheut. Aber eigentlich liest er das Buch als "wunderbare Liebeserklärung" an den Vater Willy Brandt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.10.2016

Richtig begeistern kann sich Rainer Moritz nicht für Matthias Brandts "Raumpatrouille": Der Schauspieler und Kanzlersohn wagt sich darin an die Geschichte seiner Jugend am Bonner Venusberg  im Kreis politischer Prominenz. Mit welchen Abstrusitäten diese Lebensumstände verbunden sind, erzählt Brandt laut Moritz in stilistisch eher zurückhaltenden Texten. Ob ermogelter Tombola-Hauptpreis oder Kakaotrinken mit Heinrich Lübke, für Brandt ist das Anormale Normalität. Leider überträgt sich das nicht in seine Literatur: Die erzählten Erinnerungen leiden an großer Vorhersehbarkeit, meint Moritz, und auch sprachlich etwas schmucklos.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.10.2016

Rezensentin Ursula März kann gar nicht aufhören zu schwärmen: Genauso zurückhaltend und nonchalant wie Schauspieler Matthias Brandt sei auch sein literarisches Debüt, versichert sie und bescheinigt ihm darüber hinaus, wirklich gut und unverwechselbar schreiben zu können. Und so liest sie vergnügt die Geschichten, die Brandt aus seiner Jugend erzählt, lobt die Diskretion, mit der Vater Willy Brandt behandelt wird und staunt sowieso viel mehr über die aus der Perspektive des Kindes erzählten, meist humorigen Ereignisse. Wenn Brandt von seiner früh entdeckten schauspielerischen Veranlagung schreibt, meint die Rezensentin gar einen Künstlerroman zu lesen. Ein feines Gespür für Tempo attestiert sie Brandt außerdem, und so kann sie nur hoffen, dass er weiterschreibt.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 10.09.2016

Elmar Krekeler erklärt zunächst einmal, weshalb er Matthias Brandts "Raumpatrouille" lieber nicht besprechen wollte: Zu vertraut sind ihm Brandts Kindheitserlebnisse, die Ende der Sechziger, Anfang der Siebziger stattfinden und von der Musik Ricky Shaynes über Fernsehsendungen wie Wim Thoelkes "Drei mal Neun" bis zum Bonanza-Rad alles einschließen, was dem Kritiker selbst einst wichtig war. Dann besinnt er sich aber doch auf das, was das Buch darüber hinaus vermag, und das ist laut Krekeler nicht wenig: Als Geschichtenerzähler erscheint ihm Brandt so feinsinnig wie als Schauspieler. Humor und Melancholie gehen hier Hand in Hand, so Krekeler, etwa wenn Brandt von dem missglückten Fahrrad-Ausflug mit seinem Vater Willy Brandt und dem Rivalen Herbert Wehner erzählt oder berichtet, wie er ein Vertriebenenkind verprügelt, nur um dazuzugehören. Autobiografisch, aber nichts für Voyeure, erklärt der Rezensent, der hier präzise, persönliche, zugleich "universelle" und sehr "warmherzige" Prosaminiaturen gelesen hat.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.09.2016

Sandra Kegel verbindet ihre Besprechung von Matthias Brandts literarischem Debüt "Raumpatrouille" mit einem Gespräch mit dem Schauspieler und erfährt, dass es ihm wichtig war, eben keine "ranzigen Schnurren aus Bonner Zeiten" zu erzählen. Den Eindruck kann die Kritikerin während der Lektüre der Prosaminiaturen nur bestätigen, taucht doch der Name Willy Brandt nur ein einziges Mal im Buch auf. Vielmehr liest die Rezensentin Szenen und Momente einer Kindheit, die zwar einiges an Bonner Zeitgeschichte enthalten, aber gerade von der "Kunst des Weglassens" leben. Wenn der kindliche Erzähler etwa berichtet, wie er den ehemaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke als alten Nachbarn wahrnimmt, bei dem es heißen Kakao gibt, hat die Kritikerin bisweilen selbst das angenehme Gefühl, gerade erst über die Tischkante schauen zu können. Vor allem attestiert sie Brandts Geschichten eine gelungene Mischung aus "rheinisch archaischem Humor" und "fast schon pietistischer Strenge".
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de