Marcel Marien

Das Massengrab

Humoresken
Cover: Das Massengrab
Karin Kramer Verlag, Berlin 2012
ISBN 9783879563678
Kartoniert, 192 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben und aus dem Französischen übersetzt von Heribert Becker. Über die Brüsseler Surrealistengruppe weiß man hierzulande beklagenswert wenig. Jeder kennt René Magritte, einen ihrer Exponenten - mehr ist kaum bekannt. Dabei ist diese Gruppe die älteste nach der 1924 in Paris gegründeten (sie entstand etwa zwei Jahre danach) und die zweitwichtigste neben der um André Breton. Marcel Mariën (1920-1993) schloss sich 1937 als 17-jähriger dieser leidenschaftlich gegen die bestehende Welt revoltierende Vereinigung an und spielte in ihr jahrzehntelang eine überaus aktive Rolle - als Lyriker, Erzähler, Essayist, Maler, Objektkünstler, Collagist, Photograph, Cineast, Verleger, Herausgeber einer Zeitschrift und nicht zuletzt als Historiker des Surrealismus in Belgien ("L'Activité surréaliste en Belgique, 1924-1950", 1979). Seine Biografie, von der er 1983 in Le Radeau de la mémoire erzählt hat, ist reich an Ereignissen: 1940-41 Zwangsarbeit in Nazi-Deutschland, 1951-53 Matrose auf einem Bananendampfer, Mitte der 1960er Jahre 16-monatiger Aufenthalt in Maos China usw.
Mariën war der erste Kommentator seines langjährigen Freundes Magritte, er edierte die Zeitschrift Les Lèvres nues (111 Nummern zwischen 1954 und 1993), publizierte Gedicht-, Erzählungs- und Essaybände, drehte 1959 einen Spielfilm (der verboten wurde) und stellte immer wieder seine bildnerischen Arbeiten aus, deren bekannteste - eine surrealistische Ikone - die Brille für Zyklopen ist. / Die Humoresken in "Das Massengrab" entstammen dem Erzählungsband "Figures de poupe" (1979), ferner enthält das vorliegende Buch einige erheiternde Anekdoten aus "Le Radeau de la mémoire", in deren Mittelpunkt Magritte steht. Der surrealistische Humor zeigt sich in diesen Texten von einer höchst ergötzlichen Seite.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.03.2013

Sehr dankbar ist Rezensent Klaus Bittermann für diese Humoreskensammlung des wenig bekannten belgischen Surrealisten Marcel Mariën, den der Rezensent gerne aus dem Schatten der Großsurrealisten Dalí und Magritte befreit sähe, zählte dieser doch zu den radikaleren Vertretern der eh schon radikalen Kunstform. Zudem war er offenbar auch Universalgenie, nämlich in Personalunion "Lyriker, Erzähler, Pamphletist, Essayist, Maler, Objektkünstler, Collagist, Fotograf, Cineast, Verleger", wie Bittermann Heribert Becker zitiert, überdies noch Kommunist (wenn auch von anarchistischem Temperament) und auch deshalb im Ansehen der französischen Kerngruppe des Surrealismus wenig angesehen. Überhaupt schreibt Bittermann wenig über das Buch (wohl auch, weil den Texten, wie er etwas verlegen einräumt, durchaus schon etwas Patina haftet), aber viel über Mariën, den er in einer begeisterten Kakophonie von Zuschreibungen unter anderem als "Fürst der Intrige" und "Meister des Zerwürfnisses" und damit als wenig umgänglichen, aber sehr schillernden Menschen feiert, dessen Biografie abseits seiner heute wenig bekannten künstlerischen Arbeiten vielleicht sogar sein eigentliches Kunstwerk bildet.