Linn Ullmann

Gnade

Roman
Cover: Gnade
Droemer Knaur Verlag, München 2004
ISBN 9783426196526
Gebunden, 160 Seiten, 14,90 EUR

Klappentext

Aus dem Norwegischen von Ina Kronenberger. In seinen eigenen Augen ist Johan Sletten ein schwacher Mensch. Er hat sich nie besonders hervorgetan, nicht im Beruf, nicht in seiner Ehe, nicht als Vater. Sein einziger Segen ist seine zweite Frau Mai. Als er erfährt, dass er bald sterben wird, trifft er die erste mutige Entscheidung seines Lebens. Johan will nicht sterben, und vor allem will er nicht so sterben, wie er gelebt hat. Sein Leben läuft vor seinem inneren Auge ab, und er fühlt sich klein und ohne Würde. Groß und geehrt fühlt er sich nur, wenn er Mai sieht. In ihrer Gegenwart fallen Ängstlichkeit und Unsicherheit von ihm ab. Ihre Liebe zu ihm macht ihn stolz. Und daher flüchtet er sich mit seinem entsetzlichen Wissen zu Mai, die ihm bei seinem letzten Gang helfen soll. Aber reicht ihre Liebe zu Johan so weit?

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 05.03.2005

Die Rezensentin Sandra Schneider ist beeindruckt davon, wie sich die norwegische Autorin Linn Ullmann dem Thema Sterbehilfe nähert und nennt den Roman eine "schöne und zugleich traurige Liebeserklärung an das Leben". "Bewusstsein schärfend" ist er ihrer Meinung nach zudem, weil er sich auf komplexe Art und Weise eines Themas annimmt, dass sonst meist ausgeklammert wird. Nach Meinung der Rezensenten hat Ullmann einen ausgewogenen Blick auf diese potenziell heikle Thematik. Sie demonstriert, "dass jeder Eingriff wider die Natur ist, ob es sich nun um sinnlose Lebensverlängerung oder um problematische Lebensverkürzung handelt." Das Buch ist jedoch in Schneiders Augen nicht nur moralphilosophische Abhandlung, sondern auch eine schlüssige und "gefühlvolle" Erzählung, die anerkennt, dass es in dieser Frage auch "Unaussprechliches" gibt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 07.10.2004

Peter Henning zeigt sich beeindruckt von der Art und Weise, in der Linn Ullmann eine Geschichte über das Sterben zu schreiben weiß. In unprätentiösem Stil, ohne künstliche Schnörkel erzähle sie die Geschichte des todkranken Johan Schletten, der seine Frau um Sterbehilfe bittet. Dabei verzichte die Autorin darauf, dem Leser eine Interpretation aufzudrängen und überlasse dies stattdessen der Geschichte selbst. Erstaunlich findet Henning zudem, dass Ullmann darauf verzichtet, geschichtliche oder soziologische Dimensionen in die Behandlung des Themas Sterbehilfe einfließen zu lassen und sich stattdessen schlicht und wirkungsvoll auf den persönlichen Aspekt beschränkt. Da der Protagonist letztlich ein "Jedermann" sei, fällt dem Leser die Auseinandersetzung mit der Thematik auf persönlicher Ebene umso leichter, befindet der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.09.2004

Als "Buch ohne Fehl" preist Rezensentin Susanne Brandt den Roman von Linn Ullmann (der Tochter von Liv Ullmann und Ingmar Bergman). Hauptfigur des Romans ist Johan Sletten, 71, ein Zeitungsredakteur in Rente, laut Brandt ein so durchschnittlicher "Alltagstyp", dass man von einem "Romanhelden" gar nicht mehr sprechen könne. Johan leidet unter Krebs im Endstadium und bittet seine Frau, die Tierärztin Mai, ihm "gegebenenfalls" Sterbehilfe zu leisten. So gut es geht verdrängt er seine Krankheit, bis Mai ihm schließlich die Spritze geben muss. Rezensentin Brandt fragt sich, wie diese unglaublich mittelmäßige Hauptfigur, dieser Mensch "von der Stange" sie so derartig anrühren konnte. Sie schreibt es der hohen "Gestaltungskunst der Autorin" zu, die mit "zarten Fingern" ihre Figuren "geschickt hin und her" wendet, bis dem Leser klar wird: "Würden wir selbst, sollte uns jemand in ein Buch bannen, nicht beim Leser eine ähnlich matte Wirkung erzielen?". Als einzigen Wermutstropfen des Buchs hat die Rezensentin die Übersetzung ausgemacht, die leider einige "Sprachdummheiten" aus dem "Alltagsdeutsch" übernimmt, den hervorragenden Gesamteindruck aber zum Glück nicht "schmälert".
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