Lauren Groff

Florida

Erzählungen
Cover: Florida
Hanser Berlin, Berlin 2019
ISBN 9783446264106
Gebunden, 320 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Stefanie Jacobs. Geschichten von wilden Tieren, maßlosen Unwettern und dem Menschen, der die größte Bedrohung ist. Erzählungen wie der Ort, nach dem sie benannt sind - Florida: wild und schön, gleißend hell, dunkel und unberechenbar. Eine Mutter läuft Nacht für Nacht gegen Wut und Zweifel an, zwei Mädchen werden allein in der Wildnis zurückgelassen, eine junge Frau gibt jeglichen Besitz auf. Situationen schlagen um, und Menschen verwandeln sich in der flirrenden Hitze Floridas, das hier viel mehr ist als ein Land: eine Atmosphäre, in der alles, was das Leben ausmacht, üppig gedeiht und gerade dann, wenn man es am wenigsten erwartet, die vertraute Oberfläche durchbricht.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.01.2020

Für den Rezensenten Michael Schmitt scheint sich die Anziehungskraft von Lauren Groffs eher düsterem Erzählband vor allem aus einer gelungenen Ausbalancierung des Schreckens zu ergeben. Die Autorin erzählt hier von Menschen in  Florida, in deren Psyche sich die bedrohliche Umgebung in Form von Unruhe, Orientierungslosigkeit oder Verwilderung niederschlägt, so Schmitt: eine rastlose Mutter, eine obdachlose Frau, zwei verlassene Kinder. Der Rezensent betont, dass die Autorin ihre Figuren derartigen Albträumen aber eben nicht schonungslos ausliefere, sondern diese auch immer wieder vorbeiziehen lasse. Auch in sprachlicher Hinsicht hat ihm gefallen, dass Groff auf Psychologisierungen verzichte und das Innenleben ihrer Protagonisten vielmehr durch die präzise Schilderung von "sprechenden Handlungen" vermittle. So gehe es in Groffs Geschichten im Kern um eine fast wohltuende Entzivilisierung in Momenten "gesteigerter Intensität", meint der Rezensent, und die Ruhe hält dem Schrecken die Waage, schließt er.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.01.2020

Rezensentin Meike Fessmann ist beeindruckt von Lauren Groffs neuem Erzählband mit Geschichten von gescheiterten Akademikern, verlassenen Kindern und überforderten Müttern, die auch Geschichten über den Klimawandel sind, so die Rezensentin. Übergreifend zeichnen sich die realistischen Erzählungen dabei vor allem durch ihre Körperlichkeit und die Verkehrung von Innerem und Äußerem aus, staunt Fessmann und ist begeistert von der erzählerischen Kraft, die die "präzise und strukturierende" Autorin mitbringe, die jedoch in der (wenn auch überwiegend gelungenen) deutschen Übersetzung von Stefanie Jacobs stellenweise verloren gehe. Besonders die letzte Erzählung über eine Mutter und Schriftstellerin, die in der Mutterrolle und im Bewusstsein der Klimakatastrophe an ihre Grenzen gerät, bespricht die Rezensentin ausführlich und lobt die Balance zwischen "Panik und Lakonie". Ein stark erzähltes Buch, das das "Unheimliche der Gegenwart" ganz ohne Dystopie zu greifen bekommt, meint die Rezensentin.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.12.2019

Rezensentin Verena Lueken möchten den elf Kurzgeschichten von Lauren Groff ihrer "prallen" Sinnlichkeit wegen den Untertitel "Tropische Melodrame" verpassen. Wie die zwar in Florida lebende, aber nicht dort aufgewachsene Autorin ihre archetypischen, meist nur mit "die Frau", "die Mutter" oder "die Schwester" betitelten Frauenfiguren mit Hitze und Schwüle, Halluzinationen und Gefühlen kämpfen lässt, mit distanziertem Blick auf den amerikanischen Bundesstaat und dennoch "atmosphärisch dicht", findet Lueken bewundernswert: Wenn ihr Groff von Würmern, Panthern, Schlangen und Käfern erzählt und dabei die Urgewalt von Mensch und Natur kurzschließt, verzeiht die Kritikerin auch gern die wenigen nicht ganz so starken Storys.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 28.11.2019

Florida - einst ein natürliches Paradies, dann jahrzehntelang ausgebeutet von der Urlaubs- und Immobilienbranche, und seit einiger Zeit nun bedroht von Naturgewalten, denen der Mensch nicht mehr Herr werden kann. Über dieses neue, bedrohte Florida schreibt Lauren Groff in ihren Kurzgeschichten. Wie ein "basso continuo" ziehen sich die Sorge um die Natur und zugleich die Angst vor ihr durch Groffs Erzählungen, erklärt Rezensentin Eva Behrendt. Immer wieder setzt sie ihre Figuren den Gefahren aus, lässt zwei kleine Mädchen alleine auf einer vom Sturm heimgesuchten Insel zurück, eine junge Reisende bei einem zweifelhaften Retter, eine schwer verletzte Mutter allein mit ihren Söhnen in einer Wildhütte. Immer wieder werden sie mit ihren tiefsten Ängsten konfrontiert. Erst im letzten Moment bringt die Autorin ihre überwiegend weiblichen Protagonistinnen wieder in Sicherheit. Hierhin, so Behrendt, gleicht sie den Müttern in ihren Geschichten, die immer wieder verführt werden, ihre Verantwortung abzugeben, sich dann doch noch besinnen und für ihre Kinder kämpfen. Auch die sozialen Unterschiede Floridas nimmt die Autorin in den Blick, schreibt von Obdachlosigkeit und Armut, von "Oben und Unten". Ihre Sprache ist dabei vielseitig und wechselhaft, mal schlicht und  trocken, dann wieder bunt und bilderreich, so die berührte Rezensentin, deren Lob auch die Übersetzerin mit einschließt.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 07.11.2019

Zorn, Zweifel, Liebe und Angst, dies sind vier der wiederkehrenden und wettstreitenden Gefühle in Lauren Groffs Erzählungen. Ihre Figuren sind meistens weiblich, erklärt Rezensentin Carola Ebeling, vielschichte Frauen, getrieben von widersprüchlichen Emotionen und Bedürfnissen, die in der Natur Floridas - Schauplatz der meisten Geschichten - einen "vibrierenden Resonanzraum" finden, so die Rezensentin. Groff beschreibt Momente, wo Einsamkeit, Angst und Lebenslügen zusammentreffen, schmerzhaft direkt und doch einfühlsam, so Ebeling. Für die oft widerstreitenden Gefühle ihrer Figuren findet sie berührende und zarte Bilder, die sie mit Humor und einem lakonisch legeren Ton kontrastiert, lobt die Rezensentin, die Groff zudem ein gutes Gespür für aktuelle Themen bescheinigt.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 01.11.2019

"Exzellenten Lesestoff" annonciert Rezensent Daniel Haas mit diesem nun auch auf Deutsch erschienenen Erzählband der amerikanischen Autorin Lauren Groff. In den elf Short Stories begegnet er überwiegend Frauen, die zwischen Mutterschaft und Emanzipation, eigenen Ansprüchen und Traditionen hin- und hergerissen sind, über ihr Schicksal sinnieren und kurz vor der "Revolte" stehen. Wie Groff diese "Stimmung aufziehender Gefahren" verdichtet, findet der Kritiker so virtuos, dass er auch den Vergleich mit Guy de Maupassant nicht scheut.