Julia Schoch

Verabredungen mit Mattok

Roman
Cover: Verabredungen mit Mattok
Piper Verlag, München 2004
ISBN 9783492045742
Gebunden, 135 Seiten, 15,90 EUR

Klappentext

Vorsaison, noch ist das stille Ostseebad menschenleer. Draußen vor der Bucht ein Tanker, der auseinanderbricht. Claire, eine Trickkünstlerin, bereitet sich nach erfolgloser Kur auf ihre Abreise vor. Da taucht der undurchschaubare Mattak auf. Mattok, der auf der Flucht ist, in den Osten. Er scheint genaueste Pläne zu haben. auch für Claire, die sich auf unerklärliche Weise fast willenlos zu ihm hingezogen fühlt. Die beiden beginnen eine Liebesgeschichte zu spielen, mit ganz eigenen Gesetzen. Julia Schoch erzählt mit eindringlicher Präzision die ungewöhnliche Begegnung zweier an der Gegenwart Verzweifenden, deren Wege sich für einen kurzen, bemerkenswerten Augenblick kreuzen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 31.08.2004

"Man klappt das Buch zu und weiß nicht, ob es schon richtig zu Ende ist. War da etwas, oder kommt die Geschichte erst noch?", fragt sich Maike Albath. In dem neuen Roman trifft in einem Kurort an der polnischen Grenze die "Taschentrickkünstlerin" Claire Elling den laienhaften Dieb Mattok. Man erwarte nun eine Bonnie-und-Clyde-Romanze, meint die Rezensentin, ist aber etwas enttäuscht, dass dieses "clowneske Element" nur als Aufhänger gedacht ist. Ansonsten, so Albath, pflege die Autorin eine eher minimalistische Erzählweise mit einem "kühlen" und "distanzierten" Ton. Alles werde von außen betrachtet und so werden auch auf den 135 Seiten "in knappen, sachlichen Sätzen" Momentaufnahmen aneinandergereiht, die dem Leser eine Art ungewollte Stummfilm-Erfahrung machen lassen. Denn auch wenn die Autorin ein Gespür für atmosphärische Verdichtung habe, so die Rezensentin, verlieren die Bilder durch die Vielzahl an Prägnanz. Der Verzicht von Psychologie und großen Deutungen könne zwar Spannung erzeugen, und da denkt Albath an Judith Hermann, aber "bei Julia Schoch bricht nichts aus, nichts gerät in Flammen".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 07.07.2004

Der Rezensent Thomas Kraft findet diese "unvermittelte und schräge" Liebesgeschichte in jedem Fall charmant - auch wenn er sie für Geschmackssache hält und wohl deshalb nicht unumwunden empfehlen will: "Schoch erzählt diese Geschichte auf eine sehr stringente, in sich geschlossene, kunstvolle Weise. Auf diese Konsequenz muss man sich einlassen mögen, sonst wird man sich für das leichte Glück von Claire und Mattok nicht interessieren". An manchen Stellen übertreibt es die Autorin nach Krafts Meinung mit ihrem eigentlich schätzenswerten Blick fürs Detail, der dem Buch ein paar wunderbare Szenen beschert. Denn die Detailfülle überlagert den Charme, den die Begegnung zwischen Claire und Mattok in einem polnischen Ostseebad entfaltet und lässt den Leser etwas ungeduldig zurück. Doch bei aller freundlichen Kritik: der Rezensent hat seine Freude an diesem Roman.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.06.2004

Ein toller Anfang, räumt Jörg Magenau ein. Als handele es sich um eine Novelle von Kleist. In nur einem Satz bringe die Autorin allgemeines und persönliches Unglück zusammen: die Ich-Erzählerin erfährt, dass sie ein unheilbares Ekzem an der Hand hat, das ihr die Ausübung ihres Berufes verunmöglicht, während draußen auf der Ostsee ein Öltanker havariert. In ihrem zweiten Buch, das auch wieder im äußersten Osten der Republik spielt, gibt Julia Schoch weniger Stimmungsberichte aus den neuen Bundesländern ab, wie sie es in ihrem Debütband "Der Körper des Salamanders" getan hat, behauptet Rezensent Magenau, sondern zielt mehr aufs Allgemeine, Parabelhafte. Genau das sei wiederum das Problem des Romans, in dem alles was geschieht, Zeichencharakter besitze. Auf diese Weise blieben die beiden Hauptfiguren völlig blass, in Magenaus Augen "Kunstprodukte", "Geheimnissimulanten", für deren unergründliche Geschichte sich der Leser bald nicht mehr interessiere. Schoch schreibt kühl und pointiert, attestiert ihr Magenau, doch vertraue sie leider nicht auf ihren Erzählton, sondern pflanze überall Bedeutungen und Zeichen, als wolle sie die Erkenntnisse der Semiologie auf die Probe stellen - Experiment leider fehlgeschlagen, bedauert Magenau.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 25.03.2004

Julia Schoch hat 2001mit einem Erzählband debütiert, der bei Eberhard Falcke in guter Erinnerung geblieben ist. Ihr neues Werk, um es neutral auszudrücken, gefällt ihm auch, bloß die Bezeichnung Roman findet er zu hochtrabend für die "höchst übersichtliche Fabel", die mit rabenschwarzem Humor zwei Helden des "vergeblichen Widerstands" in den Mittelpunkt der Handlung stelle: eine Taschentrickspielerin, deren Hand durch ein Ekzem aktionsunfähig geworden ist, und ein verschrobener Typ namens Mattok, der ein paar Bankräubern das Kleingeld statt der Scheine abgeknöpft hat. Die beiden, so Falcke, eint der Ekel vor der Welt, die gerade einer ökologischen Katastrophe in Form eines havarierten Öltankers zu entkommen sucht. Katastrophenroutine entfaltet sich; wie eine Dokumentarkamera registriere Schochs Protagonistin die medialen Aufgeregtheiten, die das ganze letztlich als bedeutungslos im Nachrichtenmeer versickern ließen. Mit solchen Beobachtungen bringt Schoch für Falcke die Schwachpunkte unserer Gegenwart zielsicher auf den Punkt. Anders als in den sozialkritischen Büchern der siebziger oder achtziger Jahre müssten aber die Anti-Helden unserer Zeit nicht mehr ihr beschädigtes Innenleben dafür in die Waagschale schmeißen, resümiert Falcke; was schief laufe, sei an der Außenwelt hinlänglich abzulesen. Schoch gelinge es bis zum Schluss, die Spannung in ihrer Geschichte zu halten.
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