Ali Smith

Winter

Roman
Cover: Winter
Luchterhand Literaturverlag, München 2020
ISBN 9783630875798
Gebunden, 320 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Silvia Morawetz. Winter - die kürzesten Tage, die längsten Nächte. Eine Jahreszeit, die uns das Überleben lehrt. Vier Leute, Fremde und Familie, verbringen Weihnachten in einem riesigen Haus in Cornwall, und doch stellt sich die Frage, ob jeder genug Platz findet. Denn Arthurs Mutter Sophia sieht Dinge, die nicht sein können. Arthur selbst sieht andere. Und da sind noch Iris, Sophias Schwester, ewige Rebellin, nach dreißig Jahren wieder zurück, und Lux, eine Fremde, die Arthur als seine Freundin ausgibt. Eine besondere Nacht, voll Streit und Lügen, Erinnerungen und Mythen. Eine besondere Zeit - unsere Zeit.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 16.01.2021

Rezensentin Brigitte Neumann wird nicht froh mit Ali Smiths Wintergeschichte. Angelehnt an Dickens "A Christmas Carol" erzählt Smith laut Neumann von der Läuterung einer unterkühlten Frau durch Liebe und von ihrem Friedensschluss mit der Familie. Leider benutzt die Autorin ihre Figuren laut Neumann als Träger politischer Botschaften zur Flüchtlingskrise, zur Frauenfeindlichkeit oder zum Brand in den Grenfell-Towers. Handlung und Leser leiden unter dieser Collage, findet die Rezensentin. Um so bedauerlicher, da die Dialoge der Theaterautorin Smith gewohnt "saftig" sind, meint Neumann.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 12.01.2021

Rezensent Fritz Göttler annonciert ein "Romanwerk wie eine Zeitung". So aktuell erscheint ihm der zweite Band der Jahreszeiten-Tetralogie der schottischen Schriftstellerin Ali Smith. Zugleich aber stecke ihr Werk voller Poesie, fährt der Kritiker fort, der einige der von Silvia Morawetz, wie er findet, schwungvoll ins Deutsche übertragenen Sätze am liebsten laut singen möchte. Erneut taucht Göttler ab ins Großbritannien der Jetztzeit, erlebt bei Smith all die "grotesken und surrealen" Ereignisse, aber auch die ganze "Misere und Verunsicherung" des Landes. Erzählt wird von einer Familie, die an Weihnachten zusammenkommt, jedes Familienmitglied hat seine eigene Geschichte - zudem hat Sohn Arthur eine Miet-Freundin mitgebracht, die von außen auf die Geschehnisse blickt, resümiert der Rezensent, der über die Erinnerungen der Figuren auch in die weiter zurückliegende Vergangenheit Großbritanniens zurückblickt. Ein paar "Kalauer" und einige Beobachtungen ohne Tiefe verzeiht er angesichts der Kunstfertigkeit in diesem vorgeblich herrlich "naiven" Roman gern.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 17.12.2020

Völlig hingerissen ist Rezensentin Judith von Sternburg von dieser schottischen Schriftstellerin - ebenso wie von ihrer deutschen Übersetzerin Silvia Morawetz, die sie ausdrücklich lobt. Ja, es ist Weihnachten und ja, es geht um eine nur noch sehr locker zusammenhängende Familie, um alte Konflikte - auch bei den Jungen - und immer auch um die Gegenwart des Brexit-Landes, zu der nur die einzige Ausländerin um den Tisch herum die Wahrheit ausspricht, begeistert sich die Kritikerin. Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass Offenheit nicht heißt, gemein und brutal zu sein, und jubelt, hier werde "ein literarisches Feuerwerk" abgebrannt, in dem Shakespeare und Dickens und durchaus auch "Gespenster" der englischen Literatur auf besondere Weise geehrt würden. Alles an Ali Smith scheint die Kritikerin hier zu begeistern, am meisten aber ihre offenbar beißenden Dialoge.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 03.12.2020

Eine Art "Spukgeschichte" hat die schottische Schriftstellerin hier geschrieben, durch die britische Geschichte und Gegenwart neu und sehr kritisch gelesen werden können, findet Rezensent Johannes Kaiser. Das Personal ist hier eine Familie mit all ihren Verdrängungen und Abstürzen, hinzu kommt eine Außenstehende, die in die fällige "Abrechnung" auch etwas Empathie hineinbringt. Der gut unterhaltene Kritiker hat diesen Roman ganz offensichtlich gerne gelesen - und all jene Hinweise und Anspielungen auf die "Befindlichkeit einer Nation" genossen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 02.12.2020

Rezensentin Eva Tepest testet Ali Smiths Weihnachtsgeschichte von 2017 auf ihre Haltbarkeit und findet, dass der Text als Spiegel der politischen Verhältnisse in Post-Brexit-Britain weiterhin Bestand hat. Mit Dickens im Hinterkopf und mit allerhand Sprachwitz, wie Tepest anmerkt, lässt Smith eine bunte Familientruppe zum Weihnachtsfest gegen latente Migrationsfeindlichkeit antreten. Komplexe Figuren und eine dezidierte Prämisse (Differenzen aushalten!) erfreuen Tepest nachhaltig und stimmen sie weihnachtlich.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.11.2020

Dass die schottische Autorin Ali Smith hierzulande immer noch als Geheimtipp durchgeht, kann Rezensentin Sandra Kegel kaum glauben, so unaufdringlich und doch durchdacht fange die Autorin in ihren Romanen die großen Themen ein. Nach dem ersten, um den Brexit kreisenden Band von Smiths Jahreszeiten-Tetralogie freut sich Kegel nun auch über die Fortsetzung "Winter" sehr, in dem eine Außenstehende an der weihnachtlichen Zusammenkunft einer Familie teilnimmt und etwas Licht in deren verkorkste Beziehungen bringt. Wie dabei unter viel Gelächter, Traurigkeit und Protest, so Kegel, und zwischen sämtlichen Kunst- und Literaturreferenzen (allen voran Shakespeare und Dickens) letztlich "wenig geklärt", dafür aber Fragen um Modernismus, Flüchtlinge, mediale Großkonzerne oder die Möglichkeiten der Kunst immer wieder ums Neue verhandelt würden, findet die Rezensentin spannend und erwartet sehnlich die beiden Folgebände der Tetralogie.
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