Jose Lezama Lima

Inferno. Oppiano Licario

Roman
Cover: Inferno. Oppiano Licario
Ammann Verlag, Zürich 2004
ISBN 9783250104780
Gebunden, 413 Seiten, 29,90 EUR

Klappentext

Aus dem kubanischen Spanisch übersetzt, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Klaus Laabs. Mit einem Beiheft zu Leben und Werk des Autors. Einer der Großen Lateinamerikas und der Weltliteratur wird hier mit seinem zweiten bedeutenden Roman, der weltweit erstmals in seiner vollständigen Fassung vorliegt, sichtbar gemacht: Inferno. Oppiano Licario ist Fortführung und zugleich Vollendung des Jahrhundertromans "Paradiso" und steht als des Opus magnum zweiter Teil doch allein für sich. Wir treffen in Havanna die altvertrauten Freunde Cemi, Fronesis und Foncion wieder, lernen in Paris aber auch amerikanische Künstler, zwielichtige arabische Bombenwerfer sowie Ynaca Eco kennen, die ätherische Schwester der Vaterfigur Oppiano Licario.
Als ein Meisterstück des modernen spanischsprachigen Barocks gelingt Lezama Lima in "Inferno. Oppiano Licario" der Brückenschlag zwischen Präzision und Ausschweifung, zwischen Traum und Wort. Und doch scheint mit aller Kraft hinter seiner sinnenfreudigen Fabulierkunst, ohne dass der tief gläubige Katholik Lezama sein religiöses Grundverständnis direkt anspricht, die heimliche Sehnsucht nach Erlösung hervor, nach der Auferstehung im Wort. Und so schließt Inferno. Oppiano Licario das außergewöhnlichste Diptychon der spanischen Sprache und bildet gleichermaßen den Schlusspunkt, die Versiegelung, des literarischen Werks von Lezama Lima.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.06.2005

"Menschen, die einen Roman von Lezama Lima am Stück lesen, mögen verdammt begnadet sein, aber sie sind auch ein bisschen unheimlich" - am Ende dieses Satzes ist die Neugierde schon so groß, dass man ganz nervös wird, kein Buch des 1976 verstorbenen Kubaners in seinem Regal vorzufinden. Auf genau dieses Gefühl hat es die Rezensentin Karin Ceballos Betancur abgesehen: Sie berichtet von einem wilden und wunderbaren, einem überbordenden und anstrengenden, einem komischen und bizarren Buch. Von einer "exzentrisch-barocken und dabei so erfrischenden, mitunter räucherstäbchenhaften Metaphorik" sowie "Ausflügen ins Surreale und in die Untiefen der Esoterik". Und nicht zuletzt von einer außerordentlichen "Übersetzer- und Investigativleistung" durch Klaus Laabs, der "wahlweise einen Orden, zehn Flaschen 'Habana Club' oder eine stadionfüllende Anzahl enthusiasmierter Leser verdient hat". Er war sogar in der kubanischen Nationalbibliothek, hat dort das Originalmanuskript aufgespürt und ist alten Fehlern in spanischsprachigen Ausgaben des Romans auf die Schliche gekommen. Fazit der Rezensentin: "Leser, kauft dieses Buch. Lest es in kleinen, verträglichen, wunderbaren Dosen." Schert euch nicht um den Plot, er ist nicht so wichtig. Wenn ihr was nicht versteht, konsultiert Klaus Laabs' kundiges Glossar. Oder lest einfach weiter. Und genießt!

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 19.05.2005

Friedhelm Rathjen stellt den Roman "Inferno" des 1976 gestorbenen kubanischen Autors Jose Lezama Lima vor und hat dabei merklich Mühe zu beschreiben, wovon er handelt. "Einsam und allein" ragt dieses Romanfragment wie ein phallischer "Elfenbeinturm" nicht nur aus der kubanischen Literatur seiner Zeit heraus, in dem drei junge Männer im Mittelpunkt stehen, erklärt der Rezensent. Eine richtige Geschichte wird darin nicht erzählt, weshalb das "aufschlussreiche Nachwort" von Klaus Laabs "spannender" ist als der Roman selbst, stellt Rathjen fest, der dennoch von der sprachmächtigen Bilderflut und den rauschhaften Beschreibungen dieses Buches in den Bann gezogen ist. "Inferno" ist als eine Art "erhellende Fortsetzung" zu Lezama Limas erstem Roman "Paradiso" entstanden, den "niemand versteht", wie der Rezensent schreibt, und liegt jetzt neu übersetzt und vom Herausgeber um etliche Textfunde ergänzt auf Deutsch vor. Wer sich hier ein realistisches "Abbild" kubanischen Lebens in den 1930er Jahren erwartet oder "gar die Erkenntnis jenes Lebens" wird enttäuscht werden, warnt der Rezensent. Wer allerdings eine Vorliebe für "Sprachprojektionen von barocker Fülle" und für "Metaphernkaskaden" hegt, ist bei diesem Roman richtig und findet in Lezama Lima einen "Meister", so Rathjen fasziniert, der offenbar zu den letzteren gehört.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.02.2005

Für diesen kubanischen Autor braucht man viel Zeit und Geduld, warnt Kersten Knipp und möchte trotzdem für Jose Lezama Lima Werbung machen: er bietet nichts weniger als eine "Erneuerung der poetischen Sprache", schwärmt Knipp, und zwar in einem mäandernden Stil, der eine flüchtige Lektüre nicht zulasse. Traditionelle Erzählordnung, Handlung, soetwas wie ein Plot werde von Lima konsequent untergraben, meint Knipp weiter. Lima wolle nicht im herkömmlichen Sinn eine Geschichte erzählen, sondern die Sprache selbst zum Sprechen bringen, sie zu ihrem eigenen Zwecke sprechen lassen, weshalb es Knipp auch erscheint, als überböte Lima sämtliche ästhetischen Programme des 20. Jahrhunderts. Limas Grundhaltung habe tatsächlich etwas Religiöses, pflichtet Knipp der Schwester Limas, Eloisa, bei, die in einem Beitrag zu dem nun im Amman-Verlag vorliegenden Doppelband den "devoten Leser" fordert. Devot erscheint Kersten Knipp nicht, aber schwer beeindruckt von Limas kompromissloser Haltung, die alle Erzählzeit der Welt für sich in Anspruch nimmt und eine ebenso radikale Sprache wie den radikalen Leser fordert.
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