Jonathan Lethem

Chronic City

Roman
Cover: Chronic City
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2011
ISBN 9783608501070
Gebunden, 495 Seiten, 24,95 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Johann Christoph Maass und Michael Zöllner. Chase Insteadman, ein ehemaliger Kinderstar, ist fester Bestandteil der New Yorker High Society. Sein soziales Ansehen verdankt er einem Unglück, das in der Klatschpresse für Furore sorgt: Seine Verlobte Janice Trumbull schwebt manövrierunfähig im Weltraum, von wo sie ihm herzzerreißende Liebesbriefe schreibt. Auch Chase treibt haltlos durch seinen Alltag, bis er den schielenden Kulturkritiker Perkus Tooth kennenlernt. Zwischen Migräneanfällen und durchkifften Nächtenscheint er als Einziger durch die glitzernde Oberfläche auf die Realitätzu blicken. Gemeinsam versuchen sie das Rätsel um einen Tiger, die Nebelschwaden über der Wall Street und den Schokoladengeruch in Manhattan zu lösen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 15.06.2011

Das Ende hat ihn nicht überzeugt, dennoch hat sich Michael Schmitt diesem, sich in Schlangenlinien vorwärts bewegenden Roman von Jonathan Lethem gerne hingegeben. Amüsiert und fasziniert zeigt sich der Rezensent von den vielen verrückten Ideen und Rätseln, von einem Blick auf Manhattan zwischen monströsen Mythen und profitgieriger Moderne, von teils anstrengenden, teils einen ganzen Kosmos zum Leben erweckenden Figuren, von Lethems satirischer Bissigkeit und Raffinement. Und ein wenig benebelt vielleicht wie New York in diesem Roman.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 31.03.2011

Großer Schriftsteller, großer Roman. Anders kann man Ijoma Mangolds Besprechung nicht zusammenfassen, die sehr ausführlich von diesem Roman, seinen verschrobenen Figuren und absurden Szenerien erzählt. Der Witz des Buches besteht darin, freut sich der Rezensent, dass Jonathan Lethem diese New Yorker Welt des Geldes, der Macht und der Kunst so "knapp neben der Wirklichkeit" liegen lässt, dass es einem noch vertraut kommt, aber doch schon stutzen lässt. Seine beiden Helden, Chase Insteadman und Perkus Tooth, schlagen sich durch diese Welt, in der sich eigentlich alle nach dem großen unberechenbaren Tiger sehnen, den sie vorgeblich so fürchten. So hat Mangold "Chronic City" vor allem als einen Roman über die Sehnsucht gelesen, sich "vom Bullshit zu erlösen". Großartig findet er ihn aber, weil Lethem Figuren von enormer "Gefühlstiefe und Gedankenkomplexität" schafft, Figuren also, die "denken und leiden".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 07.03.2011

Rezensent Christopher Schmidt kriegt sich gar nicht mehr ein angesichts dieses Trips von einem Roman von Jonathan Lethem. Wenn das Buch die Droge ist, ist Schmidt wirklich high. Allerdings hat er auch DEN New-York-Roman der Nullerjahre gelesen (das Buch ist 2009 im Original erschienen), ein Feuerwerk popkultureller Referenzen, der Ironie und der latenten Wut, mündend in eine Erlöserfantasie eher traditionell-romantischer Art, wie Schmidt durchaus nicht enttäuscht anmerkt. Lethem nämlich schickt drei Glücksritter los, um gegen eine gruselig durchgentrifizierte Zukunftsvision des Big Apple anzustinken, in der eine ungebrochene Wirklichkeit wie ein fernes Märchen anmutet. Für Schmidt ein großer, herrlich versponnener Gesellschaftsroman, hier auch noch in leichtfüßiger Übersetzung von Johann Christoph Maass und Michael Zöllner.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 26.02.2011

Einen zwiespältigen Eindruck hat Jonathan Lethems Roman "Chronic City" bei Rezensentin Doris Akrap hinterlassen. Auf der einen Seite hat sie das Buch mit großem Vergnügen gelesen. Die Geschichte um einen einstigen Kinderstar, der seines Lebens in der High Society Manhattans überdrüssig mit einem abgehalfterten Popkritiker in Drogenrausch, virtuelle Welten und Verschwörungstheorien abtaucht, findet sie amüsant, glänzend geschrieben, packend erzählt und voll von popkulturellen Bezügen und Anspielungen. Auf der anderen Seite scheint Akrap die Lektüre nicht wirklich befriedigend, findet sie doch die Themen des Romans - Virtualität und Realität, Medien, Manipulation und Eskapismus - anderswo, etwa in Filmen wie "Matrix" oder der "Truman Show", bereits ausreichend durchgekaut. Insofern wirkt "Chronic City" zu ihrem Bedauern wie ein "zu spät kommender Nachzügler".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.02.2011

Sehr sympathischen, Dope rauchenden, U-Bahn fahrenden Müßiggängern begegnet Sylvia Staude in diesem Roman von Jonathan Lethem. Anders als bei Thomas Pynchon, mit dem Staude den Autor aufgrund seiner Fähigkeit vergleicht, surreal Unheimliches und vertraut Alltägliches zu verbinden, wird sie mit den Figuren richtig warm, sind sie auch noch so vertrödelt. Das liegt an Lethems zielgeraden Sätzen, meint Staude. Leichte Schwierigkeiten bei der Datierung und Lokalisierung der Handlung nimmt sie dafür gern hin: Es wird schon in etwa das New York von heute sein, irgendwie. Auch wenn die Straßen unerklärlicherweise nach Schokolade riechen, eine Riesenraubkatze nachts umhergeht und ein Fjord sich mitten durch die Stadt zieht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.02.2011

Jonathan Lethem ist nach einem missglückten Los-Angeles-Ausflug in seinem vorangegangenen Roman zurück auf vertrautem Terrain in New York und damit auch wieder, freut sich der Rezensent Alexander Müller, in Bestform. Randvoll ist das Werk mit vielen sehr absonderlichen Motiven, Figuren und Episoden. Wie der Autor sie jedoch zu einem Porträt eines so eigentlich nicht und dann eben doch existierenden New York zu verweben verstehe, das sei einfach meisterhaft, wenn auch in seiner der Postmoderne verhafteten Ästhetik nicht rasend originell, und in jeder Wendung als Gegenwartsdiagnose plausibel. Im Zentrum stehen ein gealterter Kinderstar, eine im Weltall gefangene Astronautin und ein aussortierter schielender Rockjournalist. Daneben gibt es einen Tiger, der vielleicht eine Tunnelbohrmaschine ist und vieles, vieles mehr. "Mitreißend", "vielschichtig" und "ungemein spannend" sind nur ein paar der lobenden Worte, die Müller für das Werk findet.
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