John Darwin

Der imperiale Traum

Die Globalgeschichte großer Reiche 1400-2000
Cover: Der imperiale Traum
Campus Verlag, Frankfurt am Main 2010
ISBN 9783593391427
Gebunden, 544 Seiten, 49,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Michael Bayerund Norbert Juraschetz. John Darwin bewertet die globalhistorische Rolle Europas seit 1400 neu. Bis ins 15. Jahrhundert gab es keine nennenswerten europäischen Expansionen - die großen Impulse für die Weltgeschichte gingen von der islamischen Welt und von China und den Mongolen aus. Selbst die europäische Expansion zwischen 1480 und 1620 erscheint aus globaler Sicht eher bescheiden. Erst ab 1750 begann der europäische Aufstieg. Doch trotz aller imperialer Eroberungen zeigte sich die asiatische Welt auch in dieser Zeit erstaunlich widerstandsfähig. Um 1880 erringt Europa schließlich eine Vormachtstellung - die es aber im Zuge der Weltkriege bald wieder verliert. Heute ist Asien wieder auf dem Vormarsch, Europa befindet sich auf dem Rückzug.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.10.2010

Einen unkonventionellen Blick auf Aufstieg und Niedergang der Imperien bescheinigt Herfried Münkler dieser "Globalgeschichte großer Reiche" von John Darwin. Wer eine Geschichte des Britischen Empire oder des russischen Zarenreichs erwartet, wird seines Erachtens von dem Werk enttäuscht sein. Die politisch-ökonomisch orientierten Globalgeschichte des 15. bis 20 Jahrhunderts analysiert für Münkler vielmehr Faktoren, die in drei Großräumen - Europa, naher Osten sowie Mittler Osten und Ostasien - die Entstehung von Imperien bestimmt haben. Insbesondere die Frage nach dem Aufstieg Europas und dem Zerbrechen der europäischen Weltherrschaft sieht er hier im Mittelpunkt. Entgegen eurozentristischen Sichtweisen findet er bei Darwin eine Akzentuierung der Beharrlichkeit der islamischen und ostasiatischen Reiche. Entscheidend für die europäische Hegemonie im 19. Jahrhundert scheint ihm bei Darwin die relative Ruhe und Stabilität in Europa nach dem Ende der napoleonischen Kriege bis 1914.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.10.2010

Höchst anerkennend äußert sich Rezensent Detlev Claussen über diese gewaltige Weltgeschichte der letzten sechshundert Jahre, die John Darwin vorgelegt hat. Er schätzt die Belesenheit und Gelehrsamkeit des Autors, seinen exzellenten Überblick über die Forschung sowie seinen wunderbar zu lesenden "englischen Erzählstil". Darwin gelingt in seinen Augen ein jederzeit anregendes Panorama der "großen Reiche" von 1400 bis ins Jahr 2000. Lobend hebt er den nicht eurozentrischen Ansatz hervor, die zahlreichen Perspektivwechsel des Autors, die Schilderung der Welt auch aus Sicht der Chinesen, Japaner oder Inder. Doch neben das viele Lob tritt auch Kritik. Die Konzentration auf die "großen Reiche" etwa bringt den Autor nach Ansicht von Claussen in "gefährliche Nähe zu einer traditionellen Sicht von Haupt- und Staatsaktionen". Zudem kritisiert er das Vermeiden des Begriffs der Gesellschaft und generell eine gewisse "Aufweichung aller Begriffe". Darwin wende zum Beispiel den Begriff des Imperialismus auf jedes Großreich an, sodass das Spezifische des modernen Imperialismus verblasse. Nichtsdestoweniger: als "souveräne Erzählung" der letzten sechs Jahrhunderte aber hat Claussen das Werk sichtlich beeindruckt.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 19.08.2010

Als "gewichtigen Beitrag" zur Weltgeschichte empfindet Dirk van Laak dieses Buch des in Oxford lehrenden Historikers. Für ihn unterscheidet sich das Buch wohltuend von den Spekulationen a la Oswald Spengler und ihren zyklischen Theorien von Macht und Verfall ebenso wie von Samuel Huntingtons Kulturkampf-Szenarien. Dabei macht der Kritiker zwei Tendenzen in John Darwins Globalgeschichte der Weltreiche aus, in der Europa nur eine Region von vielen ist. Tendenz eins ordne die Ära des Nationalstaates als Ausnahmesituation in der Geschichte seit dem 15. Jahrhundert ein, und arbeite die Gegenwart mit ihren migrierenden Menschen und den dadurch geprägten antinationalen Hybridkulturen heraus. Tendenz zwei ortet der Kritiker in der Betrachtungsweise, die aus seiner Sicht höchst komplex die Wechselwirkungen von demografischen Faktoren, geopolitischen und ökonomischen Interessen, sowie technischen und wissenschaftlichen Entwicklungen darzustellen versteht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.08.2010

In Deutschland sind globalgeschichtliche Gesamtdarstellungen aus der Mode gekommen, bedauert Rudolf Walther, zu oft haben sich hiesige Historiker in "geopolitischen und rassistischen Spekulationen" verrannt. Zum Glück aber können die Briten das noch, denn Hohn Darwin hat mit seiner Geschichte des imperialen Traums ein beeindruckendes Buch geschrieben. Besonders gefällt dem Rezensenten, wie Darwin die europäische Vormachtstellung relativiert. Erst im 14. Jahrhundert sei Europa mit China und der islamischen Welt gleichgezogen, die spanischen Eroberungen in Lateinamerika waren zwar spektakulär, aber nicht von Dauer, und bis 1800 kämpften die Europäer vor allem gegen sich selbst. Erst mit der industriellen Revolutionen haben sich die Gewichte verschoben, resümiert Walther seine Lektüre, und hierbei habe vor allem Russland, territorial gesehen, von der Ausbreitung Europas nach Asien profitiert. Für Walther ein "intellektuelles Vergnügen".