Jörg Baberowski

Der Feind ist überall

Stalinismus im Kaukasus
Cover: Der Feind ist überall
Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), München - Stuttgart 2003
ISBN 9783421056221
Gebunden, 888 Seiten, 59,90 EUR

Klappentext

In den islamischen Kaukasusrepubliken erprobten die Bolschewiki erstmals jene Methoden der Unterdrückung und des Terrors, mit denen sie dann die gesamte Sowjetunion überzogen und deren menschenverachtender und menschenvernichtender Höhepunkt der Archipel Gulag war.Nach dem Sieg im russischen Bürgerkrieg reichte die Macht der Bolschewiki noch immer kaum in die unterentwickelte Peripherie des riesigen Reiches. Wie die Modernisierer des Zaren träumten auch die neuen Herrscher von der »Modernisierung« und der »Zivilisierung« des Vielvölkerimperiums. Doch im Gegensatz zu ihren Vorgängern erlagen die Bolschewiki dem Wahn, daß dabei Feinde vernichtet werden müßten. Widerstand wurde gnadenlos bekämpft. Gerade an den islamischen Südrändern der Sowjetunion wurde jener Terror eingeübt, der in den dreißiger Jahren das ganze Land erfaßte.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.04.2004

In seiner Habilitationsschrift sucht der Historiker Jörg Baberowski neue Antworten auf die Frage, worin das Wesen des Stalinismus besteht; dabei ergänzt er klassische Erklärungen durch die Einbeziehung der kulturellen Ursprünge und gesellschaftlichen Bedingungen des Terrors, berichtet unser Rezensent Joachim Foeller, dem Baberowski die "Sicht" auf den Stalinismus "deutlich geschärft" hat. Seine These, dass der stalinistische Terror durch die kaukasische "Gewaltkultur" nachhaltig geprägt worden ist, veranschaulicht und analysiert der Autor am Beispiel Aserbaidschans, meint Foeller, die Kaukasusrepublik "diente dem Stalinismus als Laboratorium für sein totalitäres Menschenexperiment. Hier wurden die Herrschaftsmethoden erprobt, die später auf die gesamte Sowjetunion übertragen wurden", würdigt Foeller die Studie, als deren Verdienst er es betrachtet, detailliert gezeigt zu haben, "wie Stalins Sowjetunion funktioniert hat".
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.11.2003

Als "wegweisend" würdigt Rezensent Gerd Koenen die Forschungen Jörg Baberowskis über die Ursprünge des Stalinismus. Da Stalin dem Stalinismus als Machtsystem nicht nur seinen Namen gegeben, sondern es auch durch und durch geprägt hatte, geht Baberowski insbesondere der Frage nach, wer Stalin und seine engsten Gefolgsleute eigentlich waren, berichtet Koenen. Dabei zeige Baberowski, dass die Stalinisten, anders als die intellektuellen Gründer der Partei wie Lenin und Trotzkij, aus einer dörflichen "Kultur der Gewalt" des kaukasischen Völkerkessels kamen. Auf Grundlage frisch erschlossener Quellen über die Sowjetisierung des Kaukasus deute Baberowski schließlich den Bolschewismus als eine "Form der inneren Kolonisierung des alten Imperiums mit paradoxen Wirkungen".
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