Joan Didion

Das Jahr magischen Denkens

Cover: Das Jahr magischen Denkens
Claassen Verlag, Berlin 2006
ISBN 9783546004053
Gebunden, 252 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Antje Ravic Strubel. Vierzig Jahre waren Joan Didion und John Gregory Dunne verheiratet, als Dunne am Abend des 30. Dezember 2003 einen Herzinfarkt erlitt und starb. "Das Jahr magischen Denkens" erzählt von ihrer Ehe mit dem Schriftsteller, von der eigenen Welt zweier kreativer Menschen, die einander im Leben und in der Arbeit alles waren. Es erzählt von der schweren Krankheit der einzigen Tochter Quintana, die zu dem Zeitpunkt, als ihr Vater starb, auf der Intensivstation eines New Yorker Krankenhauses um ihr Leben kämpfte. Indem sie darüber schreibt, versucht Joan Didion, dem Geschehen einen Sinn abzugewinnen, es einzuordnen in Zusammenhänge von Ursache und Wirkung, von Ordnung und Zweck. Ihr Buch lotet auf klügste Weise die Grenzen der Klugheit aus, es ist ein Aufbegehren des Verstandes gegen die existentielle Unvernunft des Todes und eine brillante und bewegende Studie der Trauer.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 04.11.2006

Sehr bewegt hat Rezensentin Renee Zucker dieses Buch gelesen. "Luzide wie immer und persönlich wie nie" realisiere Joan Didion darin ein nahezu unmögliches Vorhaben: nämlich über Tod und Trauer zu schreiben. Zwar nimmt die Rezensentin immer noch "eine Art unsichtbare Wand" wahr, die sie vom Gelesenen trennt. Aber dieser Rest an Fremdheit gegenüber dem Unbegreiflichen, welches das Skandalon Tod an sich für sie darstellt, macht für Zucker gerade die Qualität dieses Buches aus. Didion schreibe darin über die Zeit nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes, über die Unmöglichkeit, ihn als Tatsache zunächst überhaupt begreifen zu können. Sie schreibe über das Leben mit ihm und das Leben danach. Reflektiert werden Zucker zufolge aber auch Bücher, die Didion über das Trauern gelesen habe.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.10.2006

Was für ein Buch, was für ein Leben! Verena Lueken bricht es das Herz, weil sie weiß, wie die Geschichte, wie die Realität weitergeht. Das Buch indessen liest sie als Versuch der Schriftstellerin Joan Didion, das Unfassbare, den plötzlichen Tod ihres Mannes, ungeschehen zu machen, durch nichts als Beobachtung und Aufschreiben. Entstanden ist ein Buch über die Liebe und über den Tod, scharfsinnig, wie Lueken mitteilt, zitierfreudig (Freud, Thomas Mann), von unverkennbarem Sprachrhythmus (Lueken lobt das Gespür der Übersetzerin Antje Ravic Strubel), "teilweise witzig", magisch. Die Magie aber ist nicht vollkommen; sie kann nur verzögern. Im Versuch der Autorin, die Dinge zu ordnen, erkennt Lueken die Vermeidung dessen, was kommen muss: Trauer.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 04.10.2006

"Aufzeichnungen? Erinnerungen? Protokolle?" Rezensent Thomas Sparr ist unsicher, wie er diesen, ihn sichtlich beklommen zurücklassenden Text einordnen soll. Schließlich entscheidet er sich für den Begriff "Kalender", den die amerikanische Schriftstellerin und Journalistin Joan Didion nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes und dem Ausbruch einer tödlichen Krankheit der Tochter ein Jahr lang geführt hat. Den Rezensenten beeindrucken besonders der Sinn Didions für "jedes Detail", ihre Beobachtungsschärfe und Ausdruckskraft. Mit diesen unsentimentalen und "taghellen" Erinnerungen habe sie Schmerz und Leid "genau und großartig vermessen", gewinne selbst aus "Winzigem, Einzelnen" noch das Allgemeine und verletze bei aller Intensität niemals den Takt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.10.2006

Harald Eggebrecht käme jedes Lob zudringlich und "gönnerhaft" vor, das er dem Bericht von Joan Didion über den plötzlichen Herztod ihres Mannes, die lebensbedrohliche Krankheit ihrer Tochter und ihrer Versuche, mit der Situation zurecht zu kommen, spendet. Die Erlebnisse und Gedanken Didions sind nicht in einer brillanten Erzählung, sondern vielmehr in berichtenden und erinnernden Notaten festgehalten, erklärt der Rezensent, der den Text ungemein packend findet. Trotz begleitender Lektüre von zum Beispiel Sigmund Freud oder Melanie Klein gerät der amerikanischen Autorin das Buch dennoch nicht zur rationalen Analyse, sondern sie findet sich stets aufs Neue in Versuchen wieder, das nicht zu Kontrollierende irgendwie unter Kontrolle zu bringen, so der Rezensent, den das Buch offensichtlich sehr berührt hat.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 02.10.2006

Eine enorm eindringliche und präzise Studie über die Erfahrung des Verlusts eines nahestehenden Menschen hat Andrea Köhler mit Joan Didions Aufarbeitung des plötzlichen Todes ihres Mannes und Schriftstellerkollegen John Gregory Dunne gelesen. Sätze, die "wie Splitter in der Erinnerung" stecken, führten vor, wie die verzweifelten, sich in besessener Aufarbeitung gefangenen Gedanken der Hinterbliebenen sich selbst verrückt machen. So recht lässt sich aus einzelnen Kompositions- oder Stilbausteinen die beklemmende Wirkung dieses Trauerbuches für die Rezensentin nicht erklären, die Unbestechlichkeit und großartige Ambivalenz des Textes stelle sich vielmehr ganz ohne die Zuhilfenahme stilistischer Tricks und durchschaubarer Effekte ein.