Jean-Patrick Manchette

Tödliche Luftschlösser

Cover: Tödliche Luftschlösser
Distel Literaturverlag, Heilbronn 2002
ISBN 9783923208630
Taschenbuch, 196 Seiten, 10,80 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Stefan Linster. Der Auftrag für Thompson scheint einfach: Der kleine Neffe eines millionenschweren Architekten soll aus dem Weg geräumt und der Mord dem Kindermädchen, der jungen, angeblich nicht zurechnungsfähigen Julie, angehängt werden. Doch alles läuft schief. Der Junge und Julie können dem Killer entkommen. Nun wird der Job für Thompson zur Obsession: Eine erbarmungslose Hetzjagd quer durch Frankreich, ein wahnwitziges Duell zwischen Julie und Thompson beginnt...

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.12.2002

In einer Doppelbesprechung macht uns Rezensent Tobias Gohlis mit der literarischen Welt des 1995 verstorbenen französischen Kriminalautors bekannt, eine Welt, "die keinen Fortschritt kennt". Gohlis sieht zwischen beiden "romans noirs" Parallelen, denn beide handeln sie von "einer einzelnen Person, in deren friedvoll-illusionäre Existenz die strukturelle Gewalt einbricht", aus der es kein Entkommen gibt. Wie die Figuren von Bret Easton Ellis seien auch Manchettes Figuren "Bestandteil des Warenkreislaufs", nur durch "Äußerlichkeiten" charakterisiert, und ihre angestaute "Wut" kenne nur einen Ausdruck: die "explosive, exzessive Gewalt". Bei der Beschreibung dieser Gewalt, so der Rezensent, lege Manchette eine geradezu "obsessive Detailgenauigkeit" an den Tag, doch verfolgen seine dem Italowestern ähnlichen "Gewaltorgien" ein anderes "ästhetisches Ziel". Der Erzähler agiere als ein "Kameraobjektiv", das das menschliche "Verhalten" einfängt, und überlasse das Kommentieren dem Leser. Darüberhinaus "verstößt" Manchette "systematisch gegen die alle Erfordernisse des Genres, unterläuft Klischees, bricht Lesegewohnheiten", was er provozierend "litterature mineure" nenne (mit einem Wortspiel, das 'minder' und 'untergrabend' verbindet). Houellebecq sei dagegen "schwacher Abklatsch", meint Gohlis und fügt hinzu: "Wer Manchette nicht gelesen hat, weiß nicht, wie außerordentlich Krimi sein kann."