Jan Koneffke

Eine nie vergessene Geschichte

Roman
Cover: Eine nie vergessene Geschichte
DuMont Verlag, Köln 2008
ISBN 9783832179595
Gebunden, 320 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

"Eine nie vergessene Geschichte" entfaltet das Panorama vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis zu Kriegsende und Flucht 1945. Felix Kannmacher wächst mit drei Brüdern im Ostseestädtchen Freiwalde auf. Felix' Vater, ein strenger Schulmeister, verehrt den Philosophen Immanuel Kant, die Mutter wird von wechselnden Stimmungen und bald auch von Wahnideen beherrscht. Der erste Bruder ertrinkt, der zweite veranstaltet Hahnenwettkämpfe, der dritte zieht freiwillig in den beginnenden Krieg. Felix flüchtet sich ins Klavierspiel - immerhin wurde ihm eine Zukunft als Konzertpianist prophezeit. Das Klavier verstummt, als seine Mutter die Saiten als kriegstauglichen Rohstoff zur Sammelstelle bringt. Felix verschenkt sein Herz an Emilie, die Tochter des Apothekers. Doch auf die hat auch sein älterer Bruder ein Auge geworfen. Felix bleibt nur Emilies widerspenstige Schwester Alma. Kurz vor der Doppelhochzeit nimmt er Reißaus...

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 29.12.2008

Eine Familiengeschichte im Zeitraffer hat Rezensent Tobias Heyl hier auf dreihundert Seiten gelesen, und sie hat ihm sehr gut gefallen. "Prestissimo" erzählt Koneffeke die Geschichte der Familie Kanngießer, an der "alle Ambition, die menschliche Fehlbarkeit zu überwinden, zu Schanden geht", wie es der Rezensent mit Bezug auf Kant formuliert. Der Urgroßvater war ein misanthroper Schulleiter, der Großvater spannte seinem Bruder die Braut aus, der Vater ist nur akademisch ein Außenseiter, und alle verbindet die philosophische Begeisterung für Kant. Dass Koneffke mit seinem Tempo nie in den Slapstick verfällt, liegt an seiner sorgsamen Arbeit am figürlichen Detail, meint der Rezensent, der zudem kolportiert, dass die Familie Kanngießer nicht ganz unbeeiflusst von der Geschichte der Familie Koneffke sei.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.11.2008

Nicht richtig froh ist Rezensent Rainer Moritz mit diesem Familienroman vor Ostseekulisse geworden, der seinen Informationen zufolge im 19. Jahrhundert in Pommern seinen Ausgang nimmt. Zwar bescheinigt er Jan Koneffke, ein versierter Erzähler zu sein und mit viel Liebe zum Detail zu erzählen, Handlungsstränge miteinander zu verknüpfen, retardierende Momente einzubauen und überraschende Handlungsvolten plausibel zu machen. Auch wimmele es "in guter Walter-Kempowski-Manier" von "originellen" Charakteren. Dennoch zeigt sich Moritz enttäuscht von den literarischen Mitteln, mit denen Koneffke seine Familien- und Zeitreanimation umgesetzt hat. Denn trotz gut geölter Maschine bleibt vieles für den Rezensenten verschwommen oder klischeehaft, weshalb das Buch auf ihn insgesamt "merkwürdig bieder" und "allenfalls sympathisch" wirkt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.10.2008

Oliver Jungen wählt den Superlativ: Größte Erzählkunst sieht er in Jan Koneffkes pommerschen Familienroman am Werk. Dabei enthüllt die chronologische Rückblende, die den Leser, gestützt durch zwei Leitthemen ("die utopische Macht der Musik" und Kant), ins Jahr 1898 zurückführt eigentlich nur "wenig Außergewöhnliches". Allein, die stilistische Brillanz des Autors verschlägt Jungen den Atem. Jedes Wort an seinem Platz und selbst nostalgische Wendungen haben genug Authentizität, um dem Rezensenten wie Juwelen zu erscheinen. Dass der Text trotz seiner Symbolhaltigkeit auch noch leicht und unprätentiös und mit einem Sinn für das Ironische ausgestattet ist, lässt Jungen dieses Familienporträt verschlingen. Begeistert folgt er dem Schicksal der Kannmachers aus Freiwalde, den Zeit- und Denkströmungen repräsentierenden, scharf konturierten Figuren und ihrer Entwicklung fort vom paradiesischen Urzustand durch die katastrophische erste Hälfte des vergangenen Jahrhunderts.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 14.10.2008

Um einen verschollenen Onkel herum hat Jan Koneffke seinen Generationenroman aufgebaut, der auch eine Identitätssuche und ein "Sich-Selbst-Herausstemmen" aus der Heimat ist, berichtet Anja Hirsch, die dem Buch voll und ganz zugetan ist und die beflügelnde Sprache lobt. Los geht es im tiefsten Pommern des Jahres 1900, in das Felix als jüngster Sohn hineingeboren wird und schon allein seine Existenz trägt eine Mitschuld an der zunehmenden Trübseligkeit der Mutter, die ihm ein Klavier hinterlässt, bevor sie in die Anstalt geht. So keimen künstlerische Ambitionen in ihm auf; als Felix erwachsen ist und kurz vor der Hochzeit steht, flüchtet er mit einer durchziehenden Artistentruppe nach Rom. Die Rezensentin schwärmt "vom langen Atem und der freundlichen Ironie", mit der der Erzähler das alte Taugenichtsthema episch ins Werk gesetzt hat, ohne dass man es als Leser so recht merkt, wie man aus dem kalten Pommern unausweichlich nach Italien gerät.