Jan Faktor

Trottel

Roman
Cover: Trottel
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2022
ISBN 9783462000856
Gebunden, 400 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Von der Prager Vorhölle, einer schicksalhaften Ohnmacht, einem Sprung und dem seltsamen Trost von Chicorée. Im Mittelpunkt von Jan Faktors Schelmenroman: ein eigensinniger Erzähler, Schriftsteller, gebürtiger Tscheche und begnadeter Trottel, und die Erinnerung an ein Leben, in dem immer alles anders kam, als gedacht. Und so durchzieht diesen Rückblick von Beginn an auch eine dunkle Spur: die des "engelhaften" Sohnes, der mit dreiunddreißig Jahren den Suizid wählen und dessen früher Tod alles aus den Angeln heben wird. Ihren Anfang nimmt die Geschichte des Trottels dabei in Prag, nach dem sowjetischen Einmarsch. Auf den Rat einer Tante hin studiert der Jungtrottel Informatik, hält aber nicht lange durch. Dafür macht er erste groteske Erfahrungen mit der Liebe, langweilt sich in einem Büro für Lügenstatistiken und fährt schließlich Armeebrötchen aus. Nach einer denkwürdigen Begegnung mit der "Teutonenhorde", zu der auch seine spätere Frau gehört, "emigriert" er nach Ostberlin, taucht ein in die schräge, politische Undergroundszene vom Prenzlauer Berg, gründet eine Familie, stattet seine besetzte Wohnung gegen alle Regeln der Kunst mit einer Badewanne aus, wundert sich über die "ideologisch morphinisierte" DDR, die Wende und entdeckt schließlich seine Leidenschaft für Rammstein.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.10.2022

Rezensent Jörg Magenau empfiehlt Jan Faktors Roman als Mittel gegen Schmerzen aller Art. Allerdings muss der Leser Faktors Strategie begreifen. Dabei handelt es sich laut Magenau um einen alles und jeden "zersetzenden Humor", eine Komik, mit der der Erzähler-Trottel den Tod des Sohnes, die jüdische Herkunft und allerhand "Schmerzspuren" noch zu überwinden sucht. Das erinnernde, abschweifende Dauergelaber und die hemmungslose Kalauerei des Erzählers lassen sich mit diesem Wissen gleich viel besser ertragen, meint Magenau.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 23.09.2022

Rezensentin Katharina Granzin liest mit "Trottel" gleich zwei Romane, die jedoch ohne einander nicht auskommen würden. Die eigentliche Geschichte, der Roman im Roman könnte man sagen, erzählt vom Tod des eigenen Sohnes - ein Trauma, vermutet Granzin, das der Autor ohne die "narrative Ummantelung" durch den zweiten Roman nicht hätte literarisch verarbeiten können. Immer wieder wird dieses Trauma in dem breiten, mannigfaltig schillernden Erzählstrom hoch gespült ins Bewusstsein, lesen wir. Wenn dies geschieht, ändert sich auch Faktors Ton, notiert die Rezensentin: Von der wortspielerisch plätschernden, reich mit Details und Anekdötchen, Flunkereien und rauer Sprache verzierten Narretei zum nüchternen, klaren Erzählen. Daneben wirkt alles andere, bemerkt sie, wie "Schellengeläut". Diese ausufernde findet man in der deutschen Gegenwartsliteratur nur selten, weiß Granzin, gehört sie doch eher einer tschechischen Erzähltradition an. Für die deutsche Literatur ist sie ein Gewinn, erklärt sie.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.09.2022

Rezensent Paul Jandl wünscht Jan Faktor und seinem neuen Roman schon mal den Deutschen Buchpreis. Die autobiografisch grundierte Familiengeschichte, die der Roman laut Jandl klug und witzig erzählt, vom Aufbruch in Prag und der Dichteravantgarde im Prenzlauer Berg der 80er, kommt "messerscharf" daher, aber auch voller Zuneigung für die ein oder andere Figur. Für Jandl ein "schmerzhaft-komisches" Dokument eines ganzen halben Jahrhunderts.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.09.2022

Rezensentin Katharina Teutsch scheint Jan Faktors Trottelroman ganz sympathisch zu sein. Auch wenn der Autor sie mit Fußnoten bombardiert und bei dem autobiografisch unterfütterten Versuch, den frühen Verlust des eigenen Sohnes in diesem Text zu verarbeiten, scheitern muss, bietet er ihr mit seinem detailreichen Blick auf die Prenzlauer-Berg-Boheme der späten 70er und frühen 80er ein an Realien und Gesichtern reiches Soziogramm. Strukturiert ist das alles zwar nicht, meint Teutsch, aber dafür umso besser in seiner Assoziationsfreude, seiner "mäandrierenden Rhythmik" und seiner trotzigen Tragikomik.
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