Jan Bondeson

Lebendig begraben

Geschichte einer Urangst
Cover: Lebendig begraben
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2002
ISBN 9783455093643
Gebunden, 366 Seiten, 21,90 EUR

Klappentext

Die besten Horrorgeschichten schreibt das Leben: ein Sachbuch-Gruselschocker für Anspruchsvolle - kein Buch für zart besaitete Seelen. Lebendig Begrabene bevölkern nicht nur die Schauermärchen vergangener Jahrhunderte, sondern auch zahllose Berichte in der medizinischen Fachpresse. Auch das Thema der ungewollten Wiedererweckung durch Grabräuber zieht sich durch forensische Protokolle. Noch im 19. Jahrhundert hieß es, jeder Zehnte werde bei lebendigem Leibe verscharrt. Kein Wunder, dass die Angst vor diesem Schicksal immens war und - besonders auch im deutschsprachigen Bereich - zu allerlei Vorkehrungen führte, um ihm zu entgehen. So wurden diverse Todestestmethoden entwickelt, 'Sicherheitssärge' mit Glockenzug und Luftschläuchen patentiert, Leichenhäuser gebaut, in denen die Aufgebahrten tagelang dem natürlichen Verfall überlassen wurden.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 30.11.2002

Ian Bondesons kulturwissenschaftliche Untersuchung "Lebendig begraben" hat Rezensent Frank Keil vollauf überzeugt. "Äußerst fesselnd" findet er, wie der Arzt und Kulturwissenschaftler Medizin- und Mentalitätsgeschichte verknüpfend die Geschichte des Scheintods darstellt. Entstanden ist ein ebenso "unterhaltsames wie faktenreiches" Werk, bei dem man sich schon mal gepflegt gruseln kann. Wie Keil ausführt, lassen sich schon im Römischen Reich Berichte über zu unrecht Begrabene finden, doch erst mit den großen Pest- und Choleraepidemien wurde die Vorstellung vom Scheintod beherrschend. Seitenweise könne Bondeson Berichte zitieren, in denen von geöffneten Gräbern erzählt wird, deren Bewohner in bizarr verkrampften Haltungen vorgefunden sein sollen. Sicherheitssärge und längere Liegezeiten für die Verstorbenen sollten dieses Risiko minimieren. Keil hebt hervor, dass Bonderson immer wieder auch Mediengesichte erzählt, fanden die oft reich ausgeschmückten Berichte über die Scheintoden doch auch Eingang in den medizinisch-literarischen Diskurs. Am Ende dieses "ganz vorzüglichen" Buches dürfe sich auch der Leser eingestehen, schreibt Keil abschließend, "dass all die literarisierten und von Bondeson zum Leben erweckten Toten mit ihren absonderlichen Erlebnissen und oft sehr komischen Wesenszügen ihm eine zeitlang geholfen haben, sich den Schrecken vor dem Ende vom Leibe zu halten."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.11.2002

Annette Zerpner hat mit Spannung diese Geschichte von der Angst, lebendig begraben zu werden, gelesen, und ihr Urteil fällt zwiespältig aus. Sie vermisst in der Beschreibung des Phänomens, das in sämtlichen Kulturnationen zwischen 1750 und 1890 umging, die Darstellung des Diskurses über den Scheintod, und sie findet, dass der Autor damit eine "wichtige Dimension" außer Acht gelassen hat. Andererseits hat der walisische Autor und Medizinhistoriker ihrer Meinung nach ohne "Arroganz des Aufklärers", dafür aber durchaus "unterhaltsam" über eine fast vergessene Angst geschrieben. Die Beschreibungen, wie die Ärzte der Zeit zu prüfen versuchten, ob jemand wirklich gestorben war, löst bei der Rezensentin "Beklemmungen" aus und lässt sie hoffen, dass die Patienten zu dem Zeitpunkt tatsächlich schon tot waren. Bedauerlich findet Zerpner, dass Bondeson, wenn er das Thema in der Literatur untersucht, lediglich "beschreibend-anekdotenhaft" vorgeht. Als literarisches Motiv hätte der Scheintod beziehungsweise die Angst davor bestimmt Interessantes zutage gefördert, so die Rezensentin etwas enttäuscht.
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