Jamaica Kincaid

Mein Bruder

Cover: Mein Bruder
aki Verlag, Zürich 2021
ISBN 9783311350002
Kartoniert, 240 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Sabine Herting. Mit einem Vorwort von Jackie Thomae. "Es tut mir leid." Das sind die Worte, die Jamaica Kincaid wieder und wieder hört, nachdem ihr jüngerer Bruder Devon 1996 an Aids gestorben ist. Sie erzählt von seinem Tod, nur um diese Worte zu hören. Dabei kannte sie ihn kaum. Erst drei Jahre alt war Devon, als Kincaid ihre Heimat Antigua verließ, um sich in den USA ein neues Leben aufzubauen. Zwanzig Jahre ist das her. Als sie erfährt, dass ihr Bruder schwer krank ist, reist sie zurück, zu ihm, nach Antigua, in die eigene Vergangenheit, in ein Leben voller Hoffnungslosigkeit und Armut - und stellt sich ihren Dämonen, den Verstrickungen ihrer Familie, der zerstörerischen Beziehung zu ihrer Mutter, für die Kincaid all die Jahre nur Abneigung empfinden konnte. Voller Zorn ist sie zwanzig Jahre zuvor auf und davon, wollte alles hinter sich lassen. Aber kann man das je? Nun findet sie allmählich ihren Frieden, kann Gegenwart und Vergangenheit miteinander aussöhnen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.03.2022

Rezensentin Lena Bopp freut sich über die Veröffentlichung der Bücher von Jamaica Kincaid. Über die überarbeitete Übertragung ihres Bruder-Romans durch Sabine Herting erfahren wir nichts. Dafür erkennt Bopp, wie klug die lange Zeit schon in den USA lebende Autorin in der Auseinandersetzung mit der Geschichte ihres an HIV erkrankten Bruders ihre eigene Distanz zur antiguanischen Heimat sowie Themen wie Kolonialismus und Rassismus verhandelt. Ohne dem Bruder wirklich nahe zu kommen, erklärt Bopp, kontempliert Kincaid, was aus ihrem Bruder hätte werden können, wenn er wie sie Antigua hätte verlassen können. Virtuos gehandhabt erscheint Bopp die rhythmische, hochpoetische und zugleich genaue Sprache, die den Leser laut Rezensentin in den Gedankenstrom der Erzählerin hineinzieht.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 06.01.2022

Rezensent Knut Henkel bekommt in Jamaica Kincaids wiederentdecktem Buch "Mein Bruder" einen Einblick in die von Rassismus, Aids und Kolonialismus geprägten 90-er Jahre. Die karibisch-amerikanische Autorin und Literaturprofessorin der Harvard Universität beschreibt darin vor allem ihren an Aids erkrankten und als Casanova bekannten Bruder, dem sie in Antigua zur Hilfe eilt, nachdem sie ihn seit 20 Jahren nicht mehr gesehen hat, erklärt Henkel. Das Buch findet der Rezensent nicht nur stilistisch und inhaltlich progressiv, sondern auch sehr persönlich. An manchen Stellen erinnere Kincaids Poetik Henkel sogar an die typische Musik ihrer Heimatinsel. Er freut sich jedenfalls über die Wiederentdeckung Kincaids in der Schweiz und England und hofft, dass sie dadurch in ganz Europa endlich mehr Bekanntheit erlangt.