Yves Bonnefoy

Der rote Schal

Cover: Der rote Schal
Hanser Berlin, Berlin 2018
ISBN 9783446260214
Kartoniert, 264 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Elisabeth Edl und Wolfgang Matz. Eines Tages stößt Yves Bonnefoy in seinen Papieren auf ein unvollendetes Gedicht-Manuskript, "Der rote Schal". Er beschließt, es zu vernichten. Doch ein halbes Jahrhundert nach der Niederschrift entdeckt er in diesem Gedicht verschüttete Erinnerungen: an die ländlichen Orte seiner Kindheit, Vater und Mutter, an den "Roten Sand", den Abenteuerroman aus einer geheimnisvollen Wüste. Er will herausfinden, was ihn angetrieben hat sein ganzes langes Leben. Daher kommt die Dringlichkeit im letzten Buch des über Neunzigjährigen: "Es ist Zeit, jetzt, höchste Zeit, dass ich mir die wirklichen Fragen stelle."

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.08.2019

Roman Bucheli zeigt sich tief berührt von Yves Bonnefoys Buch, in dem er das Vermächtnis eines ganzen, langen Schriftstellerlebens zu erkennen meint. Wie der Erzähler unter seinen frühen Versuchen als Autor ein altes Fragment entdeckt und zur Erinnerung angestiftet wird an Begegnungen und die eigene Kindheit, um die sein Schreiben einst verzweifelt kreiste, scheint Bucheli unerhört. Die im Text festgehaltene Entdeckung und Deutung früher Traumata, die den Erzähler zum Schriftsteller machten, ergibt für Bucheli ein raffiniertes Spiegelkabinett, in schwereloses Deutsch übertragen von Elisabeth Edl und Wolfgang Matz, wie er findet.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 23.05.2019

Alle Bücher sind einzigartig, doch manche sind einfach noch einzigartiger. Zu diesen außergewöhnlichsten aller Werke zählt laut Rezensent Andreas Isenschmid auch Yves Bonnefoys letztes Buch, "Der rote Schal" - für den Kritiker ein ungewöhnlicher und origineller Mix aus Essay, Autobiografie, Porträt und Kriminalroman über die biografischen Quellen der Poesie. 45 Jahre hat es gedauert, bis Bonnefoy es beendet hat. Und nun liegt es in der wie Isenschmid findet hervorragenden Übersetzung von Elisabeth Edl und Wolfgang Matz auch auf Deutsch vor. Gespannt folgt Isenschmid dem Dichter, der immer tiefer in seine eigene Vergangenheit hinabsteigt, sich Schritt für Schritt, Wort für Wort, jenem sprachprägenden Widersatz nähert, dem Widersatz zwischen den einfach Begriffen des Kindes und den abstrakten Wörtern der Eltern. Und noch weiter geht es, weiter bis zu einer weit zurückliegenden Szene der Vergangenheit, die der Autor schließlich als "Urszene" seiner Kindheit erkennt, so der beeindruckte Kritiker. Als "rares Abenteuer des Geistes" beschreibt er diesen literarischen Abstieg in die Tiefen des Lebens und der persönlichen Sprache.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.01.2019

Rezensent Niklas Bender folgt Yves Bonnefoy von einem Textfragment des Autors aus dem Jahr 1964 zu den Tiefenschichten der Sprache. Als Kommentar und Reflexion zum Leben und Werk des Autors, zu seinen Eltern und seiner Sprache begreift Bender den Text, als Poetik aus dem Geist und der Redeweise der Vorfahren. Die Mischung dieser close-reading-lesson aus Mittelalter, Surrealismus, Schauerromantik, Psychoanalyse und Hitchcock fesselt den Rezensenten, wenngleich die Lektüre von Bonnefoys Sprache der Eigentlichkeit und das Eintauchen in seine Denkdimension ihm schwerfällt. An der Übersetzung von Elisabeth Edl und Wolfgang Matz liegt das nicht, Bender nennt sie elegant, vorbildlich. Wann immer Sprachrhythmus und Erkenntnis in diesem Buch zusammenfallen, ist Bender glücklich.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 07.11.2018

Rezensent Joseph Hanimann scheint positiv verwirrt angesichts dieses Textes des hochbetagten Yves Bonnefoy. Was der Autor aus einem Gedichtfragment hervorzaubert, für Hanimann eine Mischung aus Thriller, Dichtungstraktat und psychologischer Selbstbetrachtung, ist trotz mühsam zu lesender Zusammenhanglosigkeiten und Deutungen eine letztlich für Autor und Leser fruchtbare Auseinandersetzung mit Dichtung und Sprache und dem Werk Bonnefoys, Dichtung und Poetologie in einem, meint Hanimann.
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