Hubert Wolf

Index

Der Vatikan und die verbotenen Bücher
Cover: Index
C.H. Beck Verlag, Münchhen 2006
ISBN 9783406543715
Gebunden, 300 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Das Christentum ist eine Buchreligion - und doch oder gerade deshalb verbrennt es Bücher: die Heilige Schrift genauso wie medizinische, juristische, naturwissenschaftliche, belletristische, klassische, theologische und philosophische Literatur. Das Medium Buch ist so gefährlich, dass sich die kirchliche Autorität lange nur mit Bücherverboten zu helfen wusste. Im Vatikan lagert dazu eine Fülle von höchst aufschlussreichem Material: ein einmaliges Archiv neuzeitlicher Wissenskultur mit negativem Vorzeichen. Hubert Wolf leitet eine Forschungsgruppe, die erstmals die geheimnisumwitterten Unterlagen systematisch erforscht. In diesem Buch teilt er seine Ergebnisse und Funde einer breiteren Leserschaft mit. Er bietet einen Überblick über Entstehung, Geschichte und Arbeitsweise der Indexkongregation und beschreibt, wie Bücher in ihr Visier gerieten, wer die Zensoren waren, die die "gefährlichen" Bücher lasen, und welche Folgen eine Verurteilung hatte. Nicht zuletzt erzählt er von überraschenden Prozessen und Urteilen, etwa gegen den "Knigge" und "Onkel Toms Hütte", gegen Leopold von Rankes Papstgeschichte oder Werke von Heinrich Heine und Karl May.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 03.05.2006

Zumindest streckenweise gerät Victor Conzemius diese Studie zu einem "wahren Lesevergnügen": Zum einen, weil Hubert Wolf "deutsche Gründlichkeit mit kriminologischem Gespür" zu verbinden weiß, und zum anderen, weil er auf "platte Moralisierung" verzichtet. Für wohlfeile nachträgliche Entrüstungen schließlich biete das Thema des vatikanischen Indexes ein dankbares Thema. Nichts davon findet sich in dieser Studie, so der Rezensent. Wolf bietet einen Überblick über die Geschichte der päpstlichen Zensur, er beleuchtet sie im Vergleich zur staatlichen Variante der frühen Neuzeit und erklärt ihre Mechanismen, ohne sie als engstirnige und dogmatische Strafinstanz zu mythologisieren. Und das, so Conzemius, verdankt sich vor allem der soliden Archivarbeit des Autoren: "Seriöse Forschung bleibt auch für den Historiker der beste Schlüssel zur Entmythologisierung."

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.03.2006

Gelungen findet Rezensent Alexander Kissler dieses Buch über den vatikanischen Index der verbotenen Bücher und das Wirken der über vierhundert Jahre tätigen Indexkongregation, das der Kirchenhistoriker Hubert Wolf verfasst hat. Dass die Arbeit kein "Gruselstück" geworden ist, sondern eine nüchterne Darstellung ohne billige Effekte, begrüßt Kissler besonders. Er unterstreicht, dass es dem Autor "ganz altmodisch" darum geht, zu erzählen, wie es wohl gewesen ist. Anhand von neun Fallbeispielen korrigiere Wolf den Eindruck, bei der Indexkongregation habe es sich um eine "gleichgeschaltete Zensurmaschine" gehandelt. Kissler berichtet in diesem Kontext über Unstimmigkeiten und Streiterein unter Kardinälen und Gutachtern, die bei den Indizierungen von Büchern an der Tagesordnung waren. Insgesamt würdigt er vorliegende Arbeit als ein Buch, dessen Lektüre "Vergnügen bereitet und Erkenntnis schenkt".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.03.2006

Als "Lehrstück zur Geistes- und Institutionengeschichte der Frühen Neuzeit und des neunzehnten Jahrhunderts" würdigt Thomas Brechenmacher dieses Buch über das Verzeichnis verbotener Bücher und die Indexkongregation des Vatikans von Hubert Wolf. Brechenmacher berichtet über die mehr als vierhundert jährige Geschichte dieser Institution, die im Geheimen arbeitete und lediglich die Indizierungen bekannt gab, sich aber über Motive und Verfahren ausschwieg. Auf diesem Feld sieht Brechenmacher die Leistung Wolfs, der seit Öffnung der Archive 1998 mit seinen Mitarbeiten die Schätze der Archive hebt und auswertet. Er lobt das Buch als "höchst anschaulich" und unterstreicht, dass es Aufschluss über die Motive und die Verfahrenseinzelheiten der Indizierungen gibt. Seine Lebendigkeit bezieht das Werk nach Ansicht Brechenmacher vor allem aus dem Umstand, dass es die Akteure der Indizierungen greifbar werden lässt, jene Personen, die die Indexkongregation formten und mit Leben erfüllten.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.03.2006

In seinem Buch über den vatikanischen Index räumt Hubert Wolf gründlich mit einigen "pseudohistorischen Schauergeschichten" auf, stellt Hansjakob Strehle fest, der nichtsdestotrotz zahlreiche "groteske und banale" Episoden aus der Geschichte der kirchlichen Zensur darin gefunden hat. In dem hebe Wolf neun von insgesamt über tausend Autoren besonders hervor, die den Glaubenswächtern ein Dorn im Auge waren, informiert Strehle, darunter Heinrich Heine für seine "gotteslästerlichen Werke", Leopold von Ranke für seine "mit tückischer List" geschriebene Geschichte der römischen Päpste und - man wundere sich - der NS-Chefideologe Alfred Rosenberg für sein "Der Mythus des 20. Jahrhunderts", wie Strehle zitiert. Hitler selbst, Mussolini, Lenin oder Stalin suche man aber vergeblich auf dem Index. Immerhin: Karl Mays "Winnetou" fand der Vatikan nicht schlimm genug, um ihn zu indizieren. Mit viel "Forscherfleiß" habe sich Wolf an die Akten gemacht, lobt Strehle, und alles sehr gründlich dokumentiert.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.03.2006

An eine "negative kulturphilosophische Bestsellerliste" fühlt sich Rezensenten (Kürzel "rox.") beim Verzeichnis der vom Vatikan verbotenen Bücher erinnert. Der Index listet seit der letzten Revision von 1948 um die 280 Werke auf, darunter zahlreiche Klassiker wie die Werke von Descartes, Simone de Beauvoirs "Das andere Geschlecht" und Flauberts "Madame Bovary". Vorliegende Untersuchung des Kirchenhistorikers Hubert Wolf befasst sich nach Auskunft des Rezensenten näher mit vatikanischen Bücherverbot und geht dabei einer Reihe von spannenden Fragen nach: Wie kam es dazu, dass etwa Flauberts "Madame Bovary" auf der schwarzen Liste landete? Wer gab den Anstoß? Wie lange dauerte das Verfahren? Was waren die Argumente? Wie der Rezensent in diesem Zusammenhang betont, konnte Wolf für sein Buch das Archiv des Vatikans systematisch nutzen.