Gerhard Falkner

Apollokalypse

Roman
Cover: Apollokalypse
Berlin Verlag, Berlin 2016
ISBN 9783827013361
Gebunden, 432 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Georg Autenrieth ist eine zwielichtige Gestalt in zwiegesichtigen Zeiten, immer wieder taucht er auf in Berlin, der Mann aus Westdeutschland, hält Kontakt mit der Szene, durchsucht die Stadt und zelebriert Laster, Lebensgier und Liebeskunst. Wohin aber verschwindet er dann? Wer ist der "Glasmann"? Und welche Rolle spielen seine Verbindungen zur RAF? Gerhard Falkners "Apollokalypse" ist ein Epochenroman über die 80er und 90er Jahre, eine apollokalyptische Zeit, in der das Apollinische mit dem Dionysischen verschmolz im Tiegel der aufregendsten Stadt der Welt. Dem Vergeuden von Jugend, der Ausschweifung jeglicher Couleur und der Hypermobilität stellt er einen rauschhaften Rückverzauberungsversuch der Welt entgegen. Die Hauptrolle spielt die Stadt Berlin selbst, haufenweise gehen Künstlerexistenzen an ihrer magischen Gestalt in die Brüche. Und wenn die RAF sich über den BND mit der Stasi berührt, gerät die Zeitgeschichte unter das Messer der Psychiatrie. Am Schluss nimmt der Teufel leibhaftig das Heft in die Hand.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.10.2016

Einen bildmächtigen Text hat Michael Braun mit Gerhard Falkners Debütroman zu annoncieren, einen mythologischen Berlin-Roman, eine abenteuerliche Reise durch die Wendezeit. Vor allem über den vielgesichtigen Helden lässt sich Braun lustvoll aus. Wie der die Ära als Mischung aus sexueller Ausschweifung und brutaler Ernüchterung erlebt, findet Braun lesenswert. Zumal der Autor sprachlich geschickt vorgeht, wie Braun meint, poetische, neoexpressionistische oder burlesk überzeichnete Großstadtbilder erfindet und sich statt auf politische Deutungen auf Obsessionen konzentriert. Für Braun eine klare Leseempfehlung.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 15.10.2016

Als "epische Entladung eines Lyrikers" beschreibt Martin Ebel dieses wahnwitzige Buch, das zugleich auch Berlin-Roman, Politposse, Agentenparodie und Sexprotzerei sei und in dem das Vulgäre und das Philosophische nah beieinander liegen. Gerhard Falkner erzähle hier mit geradezu verschwenderischer Sprachgewalt die Geschichte des Georg Autenrieth, eines manischen Narzissten mit unsicherer Identität, aber viele Kontakten zu RAF, Stasi und den Frauen. Alles läuft sehr hochtourig und das meiste ist heillos überdeterminiert, warnt Ebel, der damit jedoch kein Problem hat. Er empfiehlt die "Apollokalypse" als durchgeknalltesten Roman der Jahres.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.09.2016

Rezensent Oliver Jungen möchte die Sätze aus Gerhard Falkners Berlin-Roman am liebsten auf Jutebeutel drucken und im Prenzlauer Berg verteilen. Verspielt, humorvoll, sprachgewandt und "verquatscht auf hohem Niveau" findet er den Text. Das ein Zusammenhang nicht immer deutlich wird, nimmt er dafür gerne hin. Wie Falkner die "lost years" Berlins seziert, scheint ihm grandios. Zum Mythopoeten der Hauptstadt bringt es Falkner in seinen Augen durch die Installation eines mindestens doppelgesichtigen Helden auf Identitätssuche, der die Zerrissenheit der Stadt in den 80ern und 90ern ganz gut spiegelt, wie Jungen erklärt. Herrliche Kaputtheiten innen wie außen also, die Jungen mit einer deftigen Portion Phallozentrismus serviert bekommt, ohne dass etwas anstößig wirkte. Wie Falkner außerdem die RAF, die Stasi, Goethe, Balzac, Kafka, Proust und den Poststrukturalismus aufruft, kann Jungen als Bonusprogramm des Buches nur empfehlen. Doch auch abgesehen davon funktioniert der Text prima, findet er.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.09.2016

Vor allem nostalgisch findet Jutta Person diesen Roman, in dem ein an postmodernem Ich-Zerfall leidender Held namens Georg Autenrieth die wild-gefährlichen Zeiten von Terrorismus und Hedonismus in den Siebzigern und Achtzigern wiederaufleben lässt. Wenn Falkners "dauerekstatischer" Erzähler sprachlich zwischen "heinohaften" Sätzen und kindlich-grober "Kackschwanzknarren-Begeisterung" durch Berlin mäandert, vermisst die Kritikerin Selbstironie, Understatement und Diskretion. Auch Falkners Anspielungsreichtum, der von antiken Helden über die Romantik bis zu Rilke, Proust, Pasolini und Malcolm Lowry reicht, scheint die Rezensentin nicht ganz überzeugt zu haben. Den glänzenden Landschafts- und Stadtbeschreibungen attestiert sie jedoch Raffinesse.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 07.09.2016

Glaubhaft begeistert reitet Rezensent Ulrich Gutmair durch die Ebenen und Abgründe dieses Romans, der für ihn in zugleich kunstvoller Konstruktion und drastischer - aber auch schlagend bildhafter - Sprache das Berlin der späten siebziger, achtziger und neunziger Jahre wieder aufleben lässt. West-Berlin wohl vor allem, mit Figuren, die an Martin Kippenberger angelehnt sind, mit Stipp-Visiten in den Osten, wo sogar der Himmel aussah, "als hätte man ihn im Neuen Deutschland" gedruckt. Verdoppelung ist laut Gutmair in vieler Hinsicht das Konstruktionsprinzip - Autor und Erzähler, Liebe und Sex, Wirklichkeit und Fiktion, und der Systemgegensatz als bloße Spielanordnung. Denn  Gerhard Falkner ist für Gutmair immer noch ein Poststrukturalist auf moralisch unfestem Grund, der "vermutlich zu viel Baudrillard gelesen hat". Aber das nimmt dem Rezensenten angesichts der Lebendigkeit der Charaktere und Falkners sprachlicher Kraft keineswegs die Lesefreude.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.09.2016

Für Jens Bisky schlägt Gerhard Falkners erster Roman ein ganz neues Kapitel Berlin-Literatur auf. Zeitlich angesiedelt in den Jahren zwischen 1985 und 1995 lässt Falkner seinen Helden Georg Autenrieth zwischen RAF, BND, Stasi und Mauerfall von Kreuzberg bis Steglitz mäandern, sich viel mit sich selbst beschäftigen und noch mehr vögeln - was der Autor im Übrigen explizit, aber ganz ohne Peinlichkeiten zu schildern weiß, resümiert der Kritiker. Was ihn aber besonders für den Roman einnimmt, ist das Überbordende, Rasende, was auf der "scheinrealistischen Oberfläche" tobt, während darunter die konstruierte, vollendete Form wuchert, die mit Ovid, Hölderlin oder Bulgakow anspielungsreich, parodierend und weiterführend umzugehen weiß. Dass Falkner dabei jeglicher Moral und Politik aus dem Wege geht, Kunst, Sinnlichkeit, Witz und Metaphernreichtum feiert, alles in der Schwebe hält und doch Spannung aufbaut, findet Bisky nicht nur virtuos, sondern macht ihm "Berlin als Kraftfeld" anschaulich.
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