Gabriele Goettle

Experten

Cover: Experten
Die Andere Bibliothek/Eichborn, Frankfurt am Main 2004
ISBN 9783821845463
Gebunden, 504 Seiten, 29,50 EUR

Klappentext

Mit Aufnahmen von Elisabeth Kmölniger. Dass Experten Menschen "wie du und ich" wären, fällt schwer zu glauben. Hätten sie sonst diesen Titel überhaupt verdient? In den Augen des Laien haftet ihnen etwas Extremes an; denn wer die gesellschaftliche Arbeitsteilung auf die Spitze treibt, gilt zwar als unentbehrlich, doch zugleich ist und bleibt er ein Außenseiter.Gabriele Goettle hat über dreißig Vertreter dieser scheuen Spezies zum Reden gebracht. Man erfährt viel über das eigentümliche Amalgam aus Funktionsweise und Privatleben, das den Experten auszeichnet, aber auch über das Feld, das er beackert und das Pfund, mit dem er wuchert.Den ausgewiesenen Fachmann, dem niemand etwas vormachen kann, gibt es auf allen sozialen Etagen, vom Plasmaphysiker bis zum Kanalarbeiter; und während der Spezialist für die Herstellung von Schneekugeln beinah anachronistisch anmutet, macht sich der Hirnforscher auf den Weg in eine unbekannte Zukunft. Der Bombenentschärfer weiß manches, von dem der Religionsphilosoph keine Ahnung hat, und umgekehrt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.03.2005

Heutzutage gibt es zwar jede Menge selbsternannter Experten, die überall ihr vermeintliches Wissen ausplaudern, beklagt Andreas Rosenfelder unsere Fernsehkultur, doch habe das Expertentum damit auch jede Geheimniskrämerei eingebüßt. Jeder kann für alles ein Experte sein, so der Trend, meint Rosenfelder, gegen das er nun ein wunderbares Mittel gefunden hat, nämlich den neuen Reportagenband von Gabriele Goettle, die 32 Spezialisten oder Experten besucht hat, in ihre geheimnisvolle Welt des Wissens eingetaucht ist und damit das Wesen des lateinischen Terminus des Experten erhellt. Rosenfelder ist entzückt, egal ob Goettle eine Prostituierte, einen Tierpräparator, einen Biowaffenexperten oder eine Schlachthofveterinärin besucht hat. Stets erkunde Goettle dezent das Umfeld der von ihr besuchten Personen, fange instinktsicher die unterschwelligen Widersprüche einer Persönlichkeit ein, ohne jemals den Abstand oder den Respekt zu verlieren, schwärmt der Rezensent. Der Leser erfahre in den Reportagen viel über die abgelegensten Wissensgebiete, mehr als aus jedem Sachbuch, so Rosenfelder, während er zugleich "alles programmatische Geschwätz von Wissensgesellschaft, Kompetenznetzwerken" hinter dieser Wissenspoesie verblassen sieht.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 07.10.2004

Sind Experten eine Gattung? fragt der Rezensent Ulrich Stock. Und die Antwort lautet Nein, auch angesichts der Experten, die Gabriele Goettle für ihr Buch gesammelt hat. Dafür, so der Rezensent, sind sie einfach zu verschieden. Anders die Reportagen selbst, die alle zuerst in der taz veröffentlicht wurden: Sie scheinen einer besonderen Spezies anzugehören, der Goettle-Spezies. Charakteristika: "recht merkwürdig" und "ungemein anregend". Amüsiert konstatiert der Rezensent, dass Goettle einem immerwiederkehrenden Erzählschema folgt, in dem sogar die Beobachtung der Haustiere ihren Platz hat. Dies, vermerkt Stock, "suggeriert Wissenschaftlichkeit, wo keine ist", denn Goettles Auswahl der Experten sei durch und durch eigenwillig. Und so lautet das Fazit des Rezensenten, mit unverhohlenem Respekt und sogar einem Hauch Bewunderung: "Sie macht, was sie will. Sie macht es konsequent. Und sie macht es gekonnt. Ihre Texte entfalten mehr Charme als die meisten journalistischen Hervorbringungen."

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.08.2004

Julia Encke schätzt Gabriele Goettle, die in ihrem Reportagenband Experten verschiedenster Fachrichtungen interviewt und vorstellt, selbst als "Expertin", die als "Spezialistin in Sachen Deutschland- und Menschenkunde" seit 15 Jahren in der taz schreibt. Die Rezensentin hätte gern gewusst, wie es Goettle gelungen ist, ihre Interviewpartner zu Gesprächen zu motivieren und wie viele sich wohl gänzlich ihren Fragen verweigert haben, denn es scheint sich bei ihren Experten um eine insgesamt eher "scheue Spezies" zu handeln, wie sie anmerkt. Encke begeistert das Undramatische, mit denen die Autorin Menschen so verschiedener Berufe wie Veterinärmediziner, Kanalarbeiter oder Schneekugelhersteller vorstellt, wobei sie in ihren Interviews stets vom "Allgemeinen zum Besonderen" und vom "Beruflichen zum Privaten" übergeht, wie die Rezensentin erklärt. Am Ende einer jeden Reportage hat man tatsächlich den Eindruck, "jemanden kennen gelernt zu haben", schwärmt Encke und es beeindruckt sie besonders, dass es Goettle gelingt, auch noch das "Tabuisierte, Abseitige, Komplizierte und Ungeheuerliche" leicht fassbar zu machen, wie sie beispielsweise bei ihrem Porträt des Gerichtsmediziners Mark Benecke demonstriert.
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