Elaine Pagels

Das Geheimnis des fünften Evangeliums

Warum die Bibel nur die halbe Wahrheit sagt
Cover: Das Geheimnis des fünften Evangeliums
C.H. Beck Verlag, München 2004
ISBN 9783406522420
Gebunden, 238 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Kurt Neff. Mit dem vollständigen Text des Thomas-Evangeliums. Unter den frühchristlichen Schriften, die 1945 in der Nähe der ägyptischen Stadt Nag Hammadi gefunden worden sind, befindet sich auch das Thomas-Evangelium. Dieses Evangelium ist den bekannten vier Evangelien sehr ähnlich und wahrscheinlich noch früher als sie entstanden. Die geheimen Jesusworte, die es überliefert, weisen aber in eine radikal andere, eine mystische, geradezu buddhistisch anmutende Richtung. Wie ist dieses Evangelium entstanden? Warum wurde es nicht ins Neue Testament aufgenommen? Und kann es für uns heute noch von Bedeutung sein? Diese Fragen behandelt Elaine Pagels, die mit ihren Forschungen über die gnostischen Evangelien unser Wissen vom frühen Christentum revolutioniert hat, nicht nur aus wissenschaftlicher Neugierde. Sie berichtet eindringlich von persönlichen Erfahrungen, die sie zu der Frage geführt haben, warum das ursprünglich so vielfältige, reichhaltige und bis heute faszinierende Christentum ein so enges, dogmatisches Glaubenskorsett entwickelt hat. Ihr Buch bietet nicht nur überraschende Einblicke in ein nahezu zwei Jahrtausende lang verschollenes und totgeschwiegenes Evangelium, sondern ist auch ein sehr persönliches Plädoyer für ein Christentum, das sich auf seine ursprüngliche Weite und Vielfalt rückbesinnt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.01.2005

Der Verlag hat die Autorin mit einem reißerischen Titel und einem noch peinlicheren Untertitel bedacht, klagt Friedemann Voigt, so dass sich Elaine Pagels genötigt gesehen hätte, im Vorwort der deutschen Ausgabe auf Distanz zum Titel zu gehen. Die Religionswissenschaftlerin gilt als eine der profundesten Kennerinnen der Funde von Nag-Hammadi, einem Ort in Oberägypten, wo 1945 bei Ausgrabungen auch das vollständige Thomas-Evangelium gefunden wurde, wie Voigt erläutert. Dieses enthält eine Sammlung mit Sprüchen Jesu, die im Wortlaut nicht bekannt waren. Pagels geht der spannenden Frage nach, warum das Thomas-Evangelium keine Aufnahme in die Bibel gefunden hat. Leider lasse sie sich dabei zu sehr von ihrer eigenen spirituellen Heilssuche und ihrer Sympathie für die Häretiker leiten, bemängelt Voigt. Pagels setze die inividualistische Thomastradition versus die autoritäre Institutionalisierung des Christentums; das führe zu überzogenen Vergleichen, meint Voigt, und lasse ihre "latent aufgeregte" Darstellung eine unglückliche Allianz mit populistischer Kirchenkritik eingehen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 25.11.2004

Rolf Spinnler bewundert die "kriminalistische Akribie", mit der Elaine Pagels, Religionswissenschaftlerin an der Princeton University und Spezialistin für die apokryphen Evangelien, in ihrer jüngsten Studie untersucht, warum das apokryphe Thomas-Evangelium aus dem Neuen Testamen ausgeschlossen wurde. Die amerikanische Autorin unternehme es in ihrem Buch zu analysieren, warum das auf der gnostischen Philosophie gründende Thomas-Evangelium von "einflussreichen Bischöfen" abgelehnt wurde, die es zugunsten des Johannes-Evangeliums aus dem Verbund der neutestamentarischen Texte ausschlossen hätten, erklärt der Rezensent. Bis hierhin ist Spinnler auch bereit, den Ausführungen der Autorin ohne Widerspruch zu folgen. Ziemlich problematisch dagegen findet er, dass Pagels sich der "Bewertung" nicht enthalten kann und beklagt, der Ausschluss des gnostischen Thomas-Evangeliums habe "das Christentum ärmer gemacht". Hier stört den Rezensent der Geist und "Jargon protestantischer Erweckungsbewegungen" und er sieht darin die typischen "entpolitisierten Formen des Religiösen", die seiner Ansicht nach den "postmodernen Individualismus" kennzeichnen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.10.2004

Annerkennend, wenn auch kritisch hat Rezensent Ekkehard W. Stegemann diese Studie der in Princeton lehrenden Religionsgeschichtlerin Elaine Pagel gelesen. Als charakteristisch für ihre Arbeit sieht er eine Verbindung von gelehrter historisch-kritischer Exegese und gegenwartsrelevanter Fragen. So rekonstruiere sie im vorliegenden Buch eine alternative christliche, die gnostische Spiritualität, die spätestens im Konzil von Nicäa vom offiziellen katholischen Glauben ausgeschlossen wurde, auch um die eigene religiösen Erfahrung gegenüber der kirchlichen Autorität geltend zu machen. Zwar räumt Stegemann ein, dass Pagels Darstellung dieser Geschichte äußerst kenntnisreich und differenziert vorgeht und keineswegs der Schwarzweißmalerei verfällt. Dennoch erscheint ihm der Gegensatz der gnostischen Evangelien zur Orthodoxie, den Pagel akzentuiert, als zu einfach. Und so stellt er ihr Buch in eine Tendenz einer "modisch gewordenen Kritik" am "orthodoxen" jüdisch-christlichen Monotheismus.

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