Denis Johnson

Fiskadoro

Roman
Cover: Fiskadoro
Rowohlt Verlag, Reinbek 2003
ISBN 9783498032173
Gebunden, 255 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Ute Spengler. Im 21. Jahrhundert, zwei Generationen nach einem Atomkrieg, an den sich nur die Ältesten erinnern, existieren auf den Florida Keys die letzten Reste der Zivilisation, am Leben erhalten durch rührige Menschen wie Mr. Cheong, früher Manager des Miami-Sinfonieorchesters. Parallel sind primitive Gesellschaften entstanden, etwa die der "Sumpfleute", die der Israeliten oder die der Fischer. Zu ihnen gehört Fiskadoro, ein der Sprache kaum mächtiger Junge, der durch einen archaischen Initiationsritus seine Persönlichkeit eingebüßt hat.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.02.2004

In die apokalyptische Vision eines verstrahlten Amerikas wurde Rezensent Thomas Hermann gezogen. Denis Johnson, "düsterer Visionär mit feinem Einfühlungsvermögen für ausgelieferte Individuen", imaginiere in diesem frühen, 1985 erstmals im Original und 1990 erstmals auf Deutsch erschienen Roman, der nun in einer "durchgesehenen Übersetzung" vorliegt, das Leben nach einer nuklearen Katastrophe. Er schildert, so der Rezensent, das Dahinvegetieren der Überlebenden, deren Gedächtnis von der Bombe "gelöscht" wurde, und zeigt Menschen, neben denen Hemingways "trinkfeste Exilanten" wie eine "biedere Jassrunde" wirken. In einem Lesekreis, in dem die Zeugnisse der untergegangenen Welt mit "hilflosem Eifer" besprochen werden, versuche Herr Cheung die Erinnerung an das Leben vor der Katastrophe wach zu halten. Unter Johnsons Schilderung dieser "ausgebombten Geisterwelt" liegen als historischer "Subtext" Vietnam und Hiroshima, so dass Hermann diesen Roman vor allem als "eindringliches Plädoyer wider das Vergessen" gelesen hat.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.10.2003

Denis Johnson hat wirklich ein außerordentlich gutes Händchen für steinalte Figuren, schwärmt Rezensent Henning Ahrens. Doch gibt es in Johnsons 1985 geschriebenem und jetzt erst ins Deutsche übersetztem Roman eben nicht nur Greise. "Vordergründig" handele es sich bei "Fiskadoro" um einen "Katastrophenroman", der sich eines seiner Zeit gemäßen Schreckenszenarios, nämlich des Post-Atomschlages als "Versuchsfeld für Menschheitsfragen" bediene. Über das gleich zweimal atomar angegriffene Key West, das nun "Twicetown" heißt, wird eine Quarantäne verhängt - eine Erzählsituation, die es dem Autor erlaubt, wie "Pilzkulturen im Labor" gedeihende "Kulturen der Menschheit" in Szene zu setzten, erklärt der Rezensent. Diese Kulturen bleiben eher unter sich, so Ahrens weiter, bis auf eine Ausnahme: Fiskadoro, der sich zu einer Gemeinschaft und dann zur nächsten gesellt und dadurch "mehrere Stationen" durchläuft, "vom Profanen zum Archaischen zum Prophetischen". Als grundlegende Motive erkennt der Rezensent die "Wiedergeburt" und das Ineinanderübergehen von "Traum und Wirklichkeit", doch er wirft Johnson vor, dabei zu programmatisch vorzugehen und die geschilderten Ereignisse immer wieder überdeutlich symbolisch aufzuladen. Fiskadoro, so Ahrens, bleibt eine "blasse Gestalt", da er den Autor lediglich als Bedeutungsträger und weniger als Mensch zu interessieren scheint.
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