David Safier

Solange wir leben

Roman
Cover: Solange wir leben
Kindler Verlag, Reinbek 2023
ISBN 9783463000305
Gebunden, 464 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Nichts deutet darauf hin, dass der Wiener Jude, dessen Familie im Holocaust umkommt, und die junge Witwe aus Bremen sich überhaupt begegnen, geschweige denn ineinander verlieben und gegen alle Widerstände ein gemeinsames Leben wagen. 80 Jahre wird die Geschichte umspannen und uns vom Wien 1936 und dem Studenten Joschi Safier über die Gefängnisse der Gestapo bis nach Palästina führen, wo er als Barmann und Spion arbeitet und schließlich zur See fährt. Waltraut hingegen wächst als Arbeiterkind in Bremen auf. Im Krieg wird die Familie ausgebombt, wohnt jahrelang in einem Eisenbahnwagen. Als das Wirtschaftswunder kommt, ergattert sie einen begehrten Ausbildungsplatz zur Verkäuferin. Früh wird sie zur Witwe. Bei ihrer ersten Begegnung mit Joschi in einer Eisdiele lässt Waltraut ihn abblitzen. Aber der Matrose schreibt ihr Postkarten aus der ganzen Welt, bis er eines Tages mit einer Schreibmaschine unter dem Arm vor ihrer Tür steht. Und bleibt. Die Liebe der beiden erlebt steile Höhenflüge und dramatische Schicksalsschläge. Wie muss das Band zwischen zwei Menschen beschaffen sein, um all dem zu trotzen?

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 13.05.2023

Trotz ernsten Stoffs und tragischen Potenzials muss Rezensent Carsten Hueck David Safiers Buch einen Hang zur Oberflächlichkeit attestieren. Der Roman wolle vom Schicksal von Safiers Eltern erzählen, die dem Autor gegenüber aber nie über die Vergangenheit sprachen - weshalb die Geschichte um den in Wien geborenen, jüdischen Vater, der seine Familie im Nationalsozialismus verlor und eine junge, verwitwete Bremerin heiratete, größtenteils imaginiert ist, weiß der Kritiker. Und das sei vielleicht auch das Problem des Romans, der viel mit "Zeitkolorit", Klischees, "pittoresken" Beschreibungen und "großen Gefühlen" arbeite. So entsteht beim Kritiker eher der Eindruck von Figuren wie "Klebebildern im Sammelbuch der Dekaden" und einer bloßen Aneinanderreihung von Szenen und historischen (teils auch verdrehten) Fakten. Die Tragik des unwahrscheinlichen Liebespaars, dessen Ehe unter finanziellen Schwierigkeiten und Alkoholismus zerbrach, werde so von Safier zwar aufgerufen, aber literarisch nicht überzeugend umgesetzt, bedauert Hueck.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.05.2023

Ganz begeistert ist Rezensent Sascha Feuchert von der Fähigkeit David Safiers, sich neben humoristischen Themen jetzt mit viel Einfühlungsvermögen und Sensibilität der eigenen Familiengeschichte zuzuwenden. Safier erzählt die Geschichte seiner Eltern, Joschi, ein Holocaust-Überlebender, der eigentlich niemals nach Deutschland zurückkehren wollte, dort dann aber durch Zufall eine Frau kennenlernt, Waltraud, für die er Israel und seiner ersten Ehefrau den Rücken kehrt, berichtet Feuchert. Er liest aber nicht nur von einer Liebesgeschichte zwischen zwei sehr unterschiedlichen Partnern, sondern auch von deren Abgründen, von Alkoholismus, Krankheiten und der Erkenntnis: "Leben heißt leiden." Dass das nicht ins Sentimentale abrutscht, freut Feuchert, für ihn ist dem Autor trotz bruchstückhafter Quellenlage ein beeindruckender Roman gelungen.
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