David Albahari

Kontrollpunkt

Roman
Cover: Kontrollpunkt
Schöffling und Co. Verlag, Frankfurt/Main 2013
ISBN 9783895614262
Gebunden, 148 Seiten, 18,95 EUR

Klappentext

Aus dem Serbischen von Mirjana und Klaus Wittmann. Eine Gruppe von Reservisten wird nachts zu einer einsamen Schranke im Wald gebracht und dort alleingelassen. Keiner von ihnen weiß, was und wen sie an dem Kontrollpunkt beobachten, gegen wen und warum sie kämpfen sollen. Die namenlosen Soldaten wissen nicht einmal, ob der Krieg noch andauert. Ohne Kontakt zur Außenwelt sind sie allein ihrem Kommandanten unterstellt. In dieser kafkaesken Situation kommt es zu merkwürdigen Begegnungen mit Flüchtlingen, mit einer Meute von Kriegsberichterstattern, zu Orgien und Massenvergewaltigungen sowie zu mysteriösen Morden. Am Ende bleibt nur der Kommandant übrig. Doch nachdem er eben noch in einer Baumkrone ausgeharrt hat, findet er sich plötzlich in seiner Wohnung wieder, wo er über den Bildschirm in ein Gespräch mit der Moderatorin einer Reality Show verwickelt wird.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.04.2014

Das erste, was einem an David Albaharis Romanen auffällt, ist, dass ihnen die Absätze abgehen, weiß Lothar Müller. Die Absatzlosigkeit ist bei Albahari aber kein Anzeichen für Wortschwälle und atemlose Unmittelbarkeit, sondern steht im harten Kontrast zur bewussten Künstlichkeit, sie macht auf den Text als Schrift aufmerksam, erklärt der Rezensent. Auch Albaharis neuer Roman "Kontrollpunkt" ist deutlich inszeniert, so Müller: eine Gruppe Soldaten wacht über einen Schlagbaum an einer unbekannten Grenze, vielleicht ist schon Krieg, vielleicht noch nicht; in einfacher, klarer Sprache, die sich dem Befehlston der Soldaten andient, schildert Albahari aus der Perspektive eines diffusen Wir den leerlaufenden Alltag der Truppe, in dem auch Tote bloß teil des Protokolls sind, fasst der Rezensent zusammen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.12.2013

So grandios Judith Leister den Autor auch findet, so unzeitgemäß, ja anachronistisch scheint ihr dieser Antikriegsroman im Stile Kafkas und Becketts, in dem David Albahari die absurde Situation eines namenlosen Rekrutentrupps in Wartestellung schildert. Wer ist der Feind? Ist überhaupt noch Krieg? Solche Fragen wirft das Buch auf. Für Leister liegt das Problem nicht so sehr in der Tatsache, dass der aus Belgrad stammende Autor offenbar über den rein jugoslawischen Kriegskontext hinausgeht und einen parabelartigen Text vorlegt. Es ist das Zusammenwirken einer kollektiven Erzählstimme, einer eskalierenden Situation, die in Gewalt mündet, und einer hochironischen Erzählhaltung des Autors, das Leister schließlich kapitulieren lässt, da der Text, wie sie schreibt, aus dieser Gemengelage nicht mehr herausfindet und am Ende beliebig wird.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.09.2013

Der serbisch-jüdische Schriftsteller David Albahari verlässt mit seinem Roman "Kontrollpunkt" die "Pfade konventioneller Phantastik", berichtet Andreas Breitenstein. Das Buch handelt vom Krieg, erklärt der Rezensent, und es ist ein Konvolut alles Lächerlichen, Erhabenen, Schönen, Schrecklichen, Subtilen und Extremen, das Literatur und Film bisher zu diesem Thema zu sagen hatten, staunt er. Eine Gruppe namenloser Reservisten soll einen Hügel in einem namenlosen Wald sichern - nicht einmal der Kommandant weiß genau warum, aber als guter Bürokrat widmet er sich trotzdem beherzt dem Protokoll, fasst der Rezensent zusammen. Und tatsächlich, es gibt nächtliche Überfälle und ein Massaker in einem nahegelegenen Dorf, der Krieg ist doch noch da. Ein Zug stummer Flüchtlinge mit jungen Frauen taucht auf, es kommt zur "Desertion und Massenkopulation" und schließlich zu einem Gemetzel, das nur den Kommandanten übrig lässt, der sich auf einen Baum geflüchtet hatte, berichtet Breitenstein. Albahari inszeniert einen "Karneval des Todes", der letztendlich ästhetisch scheitern muss, aber dennoch fasziniert, meint der Rezensent.
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