Cordelia Edvardson

Gebranntes Kind sucht das Feuer

Roman
Cover: Gebranntes Kind sucht das Feuer
Carl Hanser Verlag, München 2023
ISBN 9783446277564
Gebunden, 144 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Schwedischen von Ursel Allenstein. Mit einem Nachwort von Daniel Kehlmann. Das Mädchen hatte schon immer gewusst, dass etwas mit ihm nicht stimmte." Cordelia, unehelich geboren, ist eine "Dreivierteljüdin", ihre Mutter eine berühmte Schriftstellerin und glühende Katholikin. Im entscheidenden Moment schützt diese nicht ihre Tochter, sondern rettet sich selbst. Mit 14 Jahren wird Cordelia Edvardson nach Auschwitz deportiert. Ihr Roman ist die schmerzhafte Annäherung an den Verrat durch die eigene Mutter, die tastende Suche nach einer Identität, der Versuch, dem Grauen der Vergangenheit ungeschützt ins Gesicht zu sehen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.09.2023

Wichtig und richtig, dass Cordelia Edvardsons auf eigenem Erlebten basierendes Buch über Auschwitz noch einmal neu herausgebracht wird, findet Rezensent Stephan Opitz. Er zeichnet Edvardsons Lebensgeschichte nach: Aufgewachsen war sie als Tochter eines jüdischen Vaters und einer nichtjüdischen Mutter, letztere versucht die Tochter im Dritten Reich mithilfe einer Adoption in Sicherheit zu bringen; das gelingt nicht, Edvardson kommt nach Auschwitz, überlebt und lebt später in Schweden und Israel. Beeindruckt ist Opitz insbesondere vom nüchternen Tonfall der Prosa, die unter anderem von Familiärem und den Auswirkungen der nationalsozialistischen Rassengesetze auf ein junges Mädchen handelt, das lernt, was es heißt, in so einem System zu den "Auserwählten" zu gehören. Ebenfalls interessant findet der Rezensent die Passagen über Schweden, etwa wenn die Erzählerin sich der Aufforderung ihrer Pflegeeltern verweigert, die Schrecken der Vergangenheit zu vergessen. Dadurch ermöglicht Edvardsons Buch auch einen neuen Blick auf die oft etwas überschätzte Neutralität Schwedens, findet Opitz. Auch Ursel Allensteins Neuübersetzung und Daniel Kehlmanns Nachwort finden das Wohlwollen des Kritikers.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 14.09.2023

Rezensent Christoph Schröder ist beeindruckt von Cordelia Edvardsons erstmals 1986 erschienenem Erinnerungsbuch, das nun in einer neuen Übersetzung vorliegt. Edvardson wuchs als uneheliche Tochter der Schriftstellerin Elisabeth Langgässer auf, ihr Vater war der jüdischen Staatsrechtler Hermann Heller, mit dem Langgässer eine kurze Affäre hatte. Als "Halbjüdin" geriet Edvardson ins Visier der Nazi und wurde schließlich ins Konzentrationslager gebracht, welches sie überlebte. Die Autorin selbst legte Wert darauf, dass es ihr mit dem Buch nicht darum ging, mit der Mutter abzurechnen, erklärt Schröder. Diese ließ es allerdings durchaus zu, dass ihre Tochter ins Lager ging, um sich selbst zu schützen. Besonders beeindruckt ist Schröder von der Beschreibung des chaotischen Lageralltags. Kaum weniger intensiv seien Passagen über die unmittelbare Nachkriegszeit, die die Autorin, psychisch schwer vom Erlebten gezeichnet, in Schweden verbringt. Die Mutter hätte die Lagererfahrungen der Tochter gern literarisch verarbeitet, lernen wir abschließend, aber das hat Edvardson dann doch lieber selbst gemacht.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 14.09.2023

Ein beeindruckendes, wichtiges Dokument hat Rezensent Wolfgang Schneider da vor sich: Cordelia Edvardson ist Holocaust-Überlebende und die uneheliche Tochter der Schriftstellerin Elisabeth Langgässer. In autofiktionaler Form erzählt sie hier von ihrer jüdischen Herkunft, dem ambivalenten Verhalten der Mutter zwischen Hitlerbewunderung und Schreibverbot und der Deportation der Tochter nach Auschwitz, die sich für Cordelia wie ein Verrat der Mutter anfühlt, die unter den Drohungen der Gestapo einknickt war, wie Schneider erzählt. Die Autorin lebte nach Kriegsende bis zu ihrem Tod 2012 als Journalistin in Schweden, wo sie auch dieses Buch in seiner "lakonischen, zugleich aber sehr bildstarken" Sprache verfasst hat, das von Ursel Allenstein "vorzüglich" übersetzt wurde, lobt der mitgenommene Kritiker.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 02.09.2023

Eine "Erschütterung" und "ein großes Geschenk" nennt Rezensentin Gisela Trahms die Neuübersetzung von Cordelia Edvardsons Roman "Gebranntes Kind sucht Feuer", dessen erste, heute vergriffene deutsche Übersetzung bereits 1986 erschien. Darin erzählt die Autorin von ihrer Kindheit mit ihrer alleinerziehenden sogenannten "halbjüdischen" Mutter in Berlin, von ihrer Deportation, ihrer Zeit im KZ, dem Überleben, dem Exil in Schweden und Israel, und auch von jener "Wahl, die keine war" - wie sie selbst es ausdrückt: Als Mutter und Tochter nämlich in Berlin von der Gestapo vor die Entscheidung gestellt werden, wer bleiben darf und wer deportiert wird, spürt die Tochter die unausgesprochene Weisung der Mutter… Was diese und all die folgenden unaussprechlich grauenvollen Erfahrungen mit einem Menschen und seinem Selbstbild anstellen können, davon erzählt Edvardson auf äußerst komprimierte Weise, und so rigoros ehrlich, dass es einen nicht mehr loslässt, so die nachhaltig erschütterte Rezensentin.