Claude Levi-Strauss

Anthropologie in der modernen Welt

Cover: Anthropologie in der modernen Welt
Suhrkamp Verlag, Berlin 2012
ISBN 9783518585764
Gebunden, 148 Seiten, 22,95 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Eva Moldenhauer. Anthropologie als Kritik der modernen Welt, als der Versuch, alternative Welten und Lebensformen sichtbar zu machen - das war der Kern von Claude Lévi-Strauss' wissenschaftlichem Wirken. Dieser posthum veröffentlichte Band versammelt drei bisher unveröffentlichte Vorträge, die Lévi-Strauss 1986 in Japan gehalten hat. Sie gehen der Frage nach, welche Rolle die Anthropologie in der modernen Welt spielen kann, und setzen bei der Feststellung an, daß das westliche Gesellschafts- und Fortschrittsmodell durch die ökologischen Folgen der kapitalistischen Industrialisierung, die Umweltzerstörung und die Ausbeutung natürlicher Ressourcen in eine Sackgasse geraten ist. Hier kommt nun die Anthropologie ins Spiel, da sie alternative Gesellschaftsmodelle und einen anderen Umgang mit der Natur untersucht und zur Kenntnis bringen kann. Diese anthropologische Aufklärung führt Lévi-Strauss an einer Reihe von hochaktuellen Beispielen, die sich etwa mit dem Sexual- und Familienleben und der Reproduktionsmedizin oder alternativen Formen des ökonomischen Austauschs befassen, vor. Indem die Anthropologie uns die Augen für Differenzen öffnet und uns mit anderen Lebensformen bekanntmacht, trägt sie zur Bildung eines demokratischen Humanismus bei. Das war Lévi-Strauss' große Hoffnung und das tiefere Motiv seiner Forschungen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 10.10.2012

Als Einführung in das Denken des Großethnologen Claude Levi-Strass kann Rezensent Christof Forderer dieses Buch sehr empfehlen. Es versammelt Vorträge, die Levi-Strauss Mitte der achtziger Jahre in Tokio gehalten hat und in denen er nach einem neuen Energieschub für die erschöpfte westliche Zivilisation bei den frühen Gesellschaften suchte. Allerdings beschränkt sich der Nutzen des Buchs für den Rezensenten auf eben jene Grundgedanken. Denn der praktische Ertrag beläuft sich für Forderer auf die Erkenntnis, dass die frühen Gesellschaft nicht so viel "kulturelle Ordnung", aber auch nicht so viel "soziale Unordnung" geschaffen hätten. Den Biologismus und die Nietzeanischen Züge im Denken von Levi-Strauss hält Forderer dabei nur noch für begrenzt anknüpfungsfähig.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 01.09.2012

Diese drei Vorträge zur "Anthropologie in der modernen Welt", die Claude Levi-Strauss im Jahre 1986 in Tokio hielt und die nun auch auf Deutsch erschienen sind, eignen sich bestens als Einstiegslektüre, um sich mit dem Werk des Anthropologen vertraut zu machen, versichert Rezensent Uwe Justus Wenzel. Der Kritiker folgt hier den gewohnt scharfsinnigen Gedanken des Autors über den Relativismus der Kulturen: Nach einem kurzen Überblick über die "betrüblichen" Ergebnisse des Fortschrittsoptimismus der abendländischen Zivilisation der vergangenen zweihundert Jahre, der zu "totalitären Ideologien, Völkermorden, Naturzerstörung und Überbevölkerung" geführt habe, schaut der Rezensent mit Levi-Strauss zu den ursprünglichen Formen sozialen Lebens der "primitiven" Kulturen, um einen möglichen Ausweg zu finden. Auch wenn der Kritiker in dem von Levi-Strauss vorsichtig formulierten Mittelweg zwischen "entwickelter Zivilisation" und "primitiver Gesellschaft" keine konkrete Alternative sieht, hat er dieses Buch mit großem Interesse gelesen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.07.2012

Drei Vorträge, die Claude Levy-Strauss in den achtziger Jahren in Japan gehalten hat, sind endlich auf deutsch verfügbar, freut sich der Rezensent Helmut Mayer. "Anthropologie in der modernen Welt" sei eine großartige Möglichkeit, sich mit einigen von Levy-Strauss' Grundmotiven vertraut zu machen. Die besondere Vorliebe der Anthropologen für "kleine Gesellschaften ohne Schrift" erklärt sich der Rezensent mit den Ausblicken auf alternative Lösungen für gesellschaftliche Probleme und Fragen, die diese bieten. Levy-Strauss verbinde seine Gegenwartskritik mit der vorsichtigen Hoffnung, von diesen Gesellschaften lernen zu können - oder zumindest Zuversicht zu schöpfen, angesichts der Vergewisserung, dass Lösungen möglich sind. Die dominierende westliche Lebensweise führe durch Bürokratie, Überproduktion und städtische Agglomeration zu einer entmenschlichten Existenz. Im Vergleich mit früheren Texten findet der Rezensent die Vorträge weniger melancholisch. Levy-Strauss versuche in ihnen zu zeigen, dass viele der Alternativen auch in den westlichen Gesellschaften bereits angelegt sind.
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