Boualem Sansal

2084

Das Ende der Welt
Cover: 2084
Merlin Verlag, Gifkendorf 2016
ISBN 9783875363210
Gebunden, 288 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Vincent von Wroblewsky. In Abistan, einem riesigen Reich der fernen Zukunft, bestimmen die Verehrung eines einzigen Gottes und das Leugnen der Vergangenheit das Herrschaftssystem. Jegliches individuelle Denken ist abgeschafft; das Eingeschworensein auf ein allgegenwärtiges Überwachungssystem steuert die Ideen und verhindert abweichendes Handeln. Offiziell heißt es, die Bevölkerung lebt einvernehmlich und im guten Glauben. Doch Ati, der Protagonist dieses Romans, der ausdrücklich anknüpft an Orwells Klassiker "1984", hinterfragt die vorgegebenen Direktiven: Er macht sich auf die Suche nach einem Volk von Abtrünnigen, das in einem Ghetto lebt, ohne in der Religion Halt zu suchen ... Während George Orwell in seinem Zukunftsroman das totalitäre Regime Stalins vor Augen hatte, entwirft Boualem Sansal in seinem Roman das Szenario eines Regimes, das auf der religiösen Überhöhung einer Ideologie beruht.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.06.2016

Franziska Meier gefällt Boualem Sansals auf Orwell rekurierender Zukunftsentwurf. Natürlich nicht wegen der darin dargestellten Diktatur, sondern wegen Sansals sprachlicher Meisterschaft. Für Meier zeigt sie sich in der Darstellung des nüchternen Neusprech ebenso wie in der geschickten Kontrastierung durch kraftvolle Poesie. Für Meier ein an Camus erinnernder Hoffnungsschimmer in dieser Dystopie, deren Handlung ihr vor lauter Erläuterungen und Kommentaren gelgentlich zwar zu kurz kommt, die als verzweifelte Freiheitssuche und Revolte aber dennoch erkennbar bleibt, wie Meier wissen lässt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.05.2016

Falls Rezensent Reinhart Wustlich eine Meinung zu diesem Roman hat, behält er sie für sich. Seine "Kritik" beschränkt sich im wesentlichen auf Nacherzählung und Zitieren. Worum geht's in dem Roman? Es ist eine Dystopie, die Autor Boualem Sansal hier zeichnet, angelehnt an Orwells "1984". Ein islamische Diktatur namens Abistan nutzt offenbar modernste Überwachungstechnologien, reduziert sogar die Sprache auf Allgemeinplätze, die jede Kritik unmöglich machen. Zugleich verdammt sie die Bevölkerung zu einem vorsintflutlichen Alltagsleben. "Wollte der Autor zeigen, wie eine Gesellschaft ins Mittelalter zurückgebombt werden kann", fragt sich der Rezensent. Möglich wärs, möglich wärs.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.05.2016

Rezensentin Sandra Kegel scheint den Humor zu vermissen in Boualem Sansals Dystopie. Jedenfalls erinnert sie an Michel Houellebecqs Ansatz, das Leben in einem Gottesstaat zu beschreiben. Sansals Version, laut Kegel allzu nah an Orwells "1984" angelehnt, scheint ihr dagegen gnadenlos und ohne Zwischentöne in ihrer Apokalyptik. Dass der Autor seinen Figuren Haltungen überstülpt und ihnen damit jegliche Kontur nimmt, gefällt ihr nicht. So mutig sie das Buch und die Arbeit Sansals insgesamt auch findet, die Zukunft, die der Autor mit so grimmiger Wut detailreich beschreibt, scheint Kegel längst von der Wirklichkeit eingeholt zu sein, wenngleich auf eigene Weise.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 02.05.2016

Reiner Wandler sieht Boualem Sansal auf den Spuren George Orwells wandeln. Gut macht er das, findet Wandler, und er geht sogar ein ganzes Stück weiter in seiner dystopischen Vision eines düsteren Überwachungsstaates, in dem die Religion über die Politik triumphiert hat, erklärt der Rezensent. Die Gesellschaft nach dem globalen Heiligen Krieg zeichnet der Autor nüchtern, beinahe in Form eines philosophischen Essays, stellt Wandler fest. Die Fragen umkreisend, wie Widerspruch entsteht und was Opposition vermag, kommt der Text laut Wandler allerdings zu keiner Lösung.