Antonio Lobo Antunes

Einen Stein werd ich lieben

Roman
Cover: Einen Stein werd ich lieben
Luchterhand Literaturverlag, München 2007
ISBN 9783630872162
Gebunden, 670 Seiten, 24,95 EUR

Klappentext

Aus dem Portugiesischen von Maralde Meyer-Minnemann. Vom Sprachmagier der Weltliteratur: wie grausam ist es, vergeblich zu lieben.Eine verzweigte Familiengeschichte aus Lissabon, in der alle Mitglieder zu Wort kommen und ihre Version eines stets vertuschten Skandals erzählen: Fünfzig Jahre lang hat sich der Vater mit seiner Jugendliebe einmal in der Woche heimlich in einem Stundenhotel getroffen, und dort ist er auch gestorben. Alle haben es gewusst, nie wurde darüber gesprochen, aber jeder hat auf seine Weise darunter gelitten.Ein alter Mann blättert im Familienalbum und rekonstruiert anhand der Photographien sein Leben: Da ist der Vater, der nach Frankreich verschwand, der Vetter, der seiner schwermütigen Mutter vergeblich Avancen machte und sich nach Amerika absetzte, die Hochzeit mit einer ungeliebten Frau, der Umzug in eine Stadtwohnung, die der Patin seiner Mutter gehörte und in der eine ältliche, unscheinbare Näherin lebte, die er ins Altenheim schickte, obwohl sie die Tochter der Patin war.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.10.2007

Meike Fessmann erkennt im jüngsten Roman des portugiesischen Autors Antonio Lobo Antunes nicht nur eine zurückhaltende Liebesgeschichte, sondern er stellt für sie auch ein Anschreiben gegen die Sentimentalität und die Angst des Schriftstellers vor dem Tod dar. Der portugiesische Autor erzählt von einem Mann, der während seiner 52 Jahre währenden Ehe wöchentlich seine Geliebte trifft, bei der er schließlich auch stirbt. Beschreibt Antunes die Familiengeschichte zunächst anhand von zehn Fotos, erzählt er im zweiten Kapitel aus fünf Therapiesitzungen der Geliebten bei ihrem Psychiater. Im dritten Kapitel werden mehrere Altersheimbesuche und im letzten Kapitel schließlich werden die Treffen mit der Geliebten im Stundenhotel geschildert, erklärt die Rezensentin die Konstruktion des Romans. Sie bewundert auch in diesem Buch, wie gelungen der Autor das legendäre Gefühl des portugiesischen Weltschmerzes, die "Saudade" einfängt, die die Erinnerungen der Protagonisten einfärbt. Gleichzeitig aber schreibt Antunes mit diesem Roman, wie sie glaubt, einmal mehr gegen die Angst an, durch den Tod plötzlich vom eigenen Schreiben abgeschnitten zu sein, eine Angst, die mit jeden Buch wieder gebannt werden will.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.04.2007

Jedes Kapitel ein langer Satz einer endlosen Leidensgeschichte, beschreibt Rezensent Anton Thuswaldner die Form des Romans, die ein "Gigant" wie Antonio Lobo Antunes so ernst nehme wie den erzählten Stoff selbst. Der Autor greife zwar zur althergebrachten Form des Familienromans, doch erzählten bei ihm die verschiedenen Stimmen nicht davon, wie es war, sondern davon, wie die Vergangenheit die Erinnerung diktiere oder vice versa. Als "Zwangsgemeinschaft" unglücklicher Seelen beschreibt der Rezensent die Familiengeschichte bei Antunes, die manisch um ein offenes Geheimnis des Patriarchen kreise, eine Geliebte, die nie erwähnt, aber immer anwesend war. Erst in den Selbstgesprächen der einzelnen Kapitel breche im Rückblick dieser "Kerker der Verschwiegenheit" auf, denn diese eine Lüge habe sich in aller Leben fortgepflanzt. Eine der Töchter erinnere sich beispielsweise daran, als Kind "ohnmächtig vor Angst vor der Sünde" gewesen zu sein. Neben solchen ins Mark gehenden und gleichzeitig ausweglosen Geschichten, so der Rezensent, sei so mancher heutiger Roman doch "brave Kinderliteratur".