A. L. Kennedy

Day

Roman
Cover: Day
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2007
ISBN 9783803132147
Gebunden, 349 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Ingo Herzke. "Day" ist ein Roman über die Brutalität des Kriegs und seine Schrecken, über Freundschaft, die im Angesicht ständiger Todesgefahr entsteht und über die Unwägbarkeiten und Verwicklungen der Liebe. Erstaunlich leicht und ungezwungen erzählt A. L. Kennedy von der Last der Geschichte und von denen, die sie überlebten. Alfred Day kam der Krieg sehr gelegen. Auf der Suche nach Lebenssinn und Erfüllung fand er hier endlich seine große Aufgabe, echte Freunde und die große Liebe. Sein Leben begann und endete mit dem Zweiten Weltkrieg. In der Air Force ist er zum Mann gereift, als Heckschütze eines Lancaster-Bombers fand er seine Bestimmung, in der Crew seine Familie und in Joyce seine große Liebe. Worauf er nicht vorbereitet war, ist die Zeit danach, die Kriegsgefangenschaft und die Leere, die sich mit dem Frieden einstellt. Seine Crew ist tot, und Joyce hat er offenbar verloren.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.11.2007

Mit welcher Leichtigkeit sich A.L. Kennedy in einen Bordschützen der Besatzung eines Lancaster-Bombers im Zweiten Weltkrieg einfühlt, das imponiert Hubert Spiegel mächtig. Es geht um den Krieg, um die Schuldgefühle, die Traumata und die Unmöglichkeit des Lebens danach in diesem "beeindruckenden" Kriegs- und Antikriegsroman, wie Spiegel berichtet. Der Krieg, das hat der Rezensent hier gelernt, der Krieg macht den Mann zum Mann und vernichtet ihn umgehend wieder. Der beeindruckte Spiegel möchte nur eine kritische Anmerkung machen: Manchmal riskiere A.L. Kennedy mit ihrem unheimlichen Vermögen der Anverwandlung, ebenso wie ihre Figur jegliche Distanz zum Geschehen zu verlieren. Das dürfe einer Autorin nicht passieren, der "Faszination des Grauens" auf den Leim zu gehen.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.11.2007

Sehr beeindruckt ist Rezensent Jens-Christian Rabe von A.L. Kennedys "großem, traurigen, aufregenden und grausamen" Roman "Day" über die Erfahrungen eines britischen Bombenfliegers während des Zweiten Weltkriegs. In der, wie der Rezensent findet, "etwas schrägen, aber raffinierten Klammer", die die Erinnerungen des Protagonisten Alfred Day an den Krieg umrahmt, ist der Krieg schon vorbei, Day wirkt in einem Gefangenenlager an Filmaufnahmen mit. In A.L. Kennedys Erzähltechnik mit ihren Zooms, Kameraschwenken und Flashbacks erkennt der Rezensent den Einfluss ihrer filmischen auf ihre literarische Arbeit. Dabei setzt sie das Puzzle der Geschichte nur langsam über eine Erzählerinstanz und Alfreds Innensicht zusammen, doch Geduld lohnt sich dem Rezensenten zufolge. Denn wie sie die Ambivalenz der Kriegserfahrung als "Spannung zwischen der zerstörerischen und identitätsstiftenden Macht des Krieges" begreifbar macht, findet er einzigartig und eindrucksvoll.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.10.2007

Auch mit ihrem neuen Roman dringe A.L. Kennedy wieder zu den Tiefen des menschlichen Schmerzes vor, schreibt Rezensentin Maike Albath. Diesmal habe sie sich den Zweiten Weltkrieg vorgenommen, in den sie ihren Protagonisten, den jungen Kampfpiloten Alfie Day, schicke. Das Buch fesselt die Rezensentin nicht nur mit Luftkriegsszenarien, sondern auch mit dem Aufzeigen der Verheerungen, die der Krieg in den Seelen derer anrichtet, die ihn durchleben. So beschere er dem Titelhelden tiefe Glücksgefühle und eine Art Rausch des Existenziellen an der Schwelle des Todes. Kontrapunktisch dazu habe Kennedy außerdem eine Liebesgeschichte erzählt, und zwar beinahe indirekt in Bildern und Vergleichen. Auch in diesem Buch begeistert Kennedy die Rezensentin mit der Intensität ihrer "scharfkantigen und unverbrauchten" Sprechweisen. Trotzdem liegt für sie besonders über dem Schluss etwas "Süßliches", das den Schatten eines Missfallens über ihr Lektüreerlebnis legt.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 10.10.2007

Eine anspruchsvolle, aber lohnende Lektüre hat Judith Luig in A.L. Kennedys Kriegsroman "Day" gefunden. In ihrer einfach und eindringlich gehaltenen Sprache erzähle Kennedy die Geschichte des jungen Alfred Day, der sich im Zweiten Weltkrieg aus persönlicher Hoffnungslosigkeit zur Royal Air Force meldet. Luig lobt Kennedy dafür, dass sie in ihrer bruchstückhaften und multiperspektivischen Erzählweise dem pubertären Gefühlsleben ihres Helden sehr nahe komme. Ein patriotischer Heldenroman sei "Day" aber keineswegs, da Kennedy die Schwierigkeiten ihres Protagonisten zeigt, sich nach Kriegsende von den Kriegserfahrungen zu befreien. Allerdings wirke das postmoderne Spiel mit den Brüchen in der Erzählung teilweise recht bemüht, kritisiert Luig, die dennoch das Buch zur Lektüre nachdrücklich empfiehlt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.10.2007

Georg Diez ist der Bewunderung voll über das Können, das A.L. Kennedy in ihrem jüngsten Roman ein weiteres Mal an den Tag legt. Und diesmal funktioniere das gegen alle Wahrscheinlichkeit, fügt Diez hinzu, denn auf den ersten Blick passten die "Tupferschreiberin" Kennedy, deren Stärke es sei, "Gedanken, Erlebnisse, Sätze" zu Impressionen eher als Argumenten zu verweben, und ihr Gegenstand - nämlich der Krieg, nicht recht zusammen. Weil aber über die Hitlerzeit und den Bomber-Krieg nichts Neues zu sagen ist, werde Kennedys Umkreisen der Finsternis, ihre eher "apolitische" Umwegigkeit, ja, auch ihr "Schweigen", den Geschehnissen doch gerecht. Ins Zentrum ihrer Geschichte stellt Kennedy den etwas naiven Alfie Day, der 1943 in den Krieg muss und 1949 als Statist in einem Kriegsfilm das Grauen freiwillig noch einmal auf sich nimmt. Chronologisch erzählt Kennedy nicht, aber gerade im "elliptischen Durcheinander" finde, so Diez, der Roman die passende Struktur, die richtige Sprache und auch den rechten, "fast versöhnlichen" Ton.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.08.2007

Für Angela Schader scheitert A. L. Kennedys jüngster Roman, in dessen Mittelpunkt der ehemalige Schütze eines Jagdbombers im Zweiten Weltkrieg, Alfred Day, steht, an der Konstruktion des Buches sowie an der das Buch durchziehenden "Schwarzweißmalerei", die für die schottische Autorin gänzlich ungewöhnlich sei, wie die Rezensentin findet. Als ein Knackpunkt erweist sich für die Rezensentin der stetige Versuch Days, die Vergangenheit zu verdrängen, die sich aber als bloßes "Scheingefecht" darstellt, nicht zuletzt, weil Day als Komparse bei einem 1949 gedrehten Film über britische Kriegsgefangene direkt mit seiner Vergangenheit konfrontiert wird. Die Rahmenhandlung des Filmdrehs findet Schader ohnehin etwas arg "konstruiert", sie muss aber einräumen, dass Kennedy darin brillante Szenen und zudem einige sehr böse und treffende Schilderungen der Filmwelt gelingen. Dafür irritieren sie die in der Figur eines lettischen SS-Mannes, der sich als Lagerinsasse ausgibt, die umstandslose Verteilung von Gut und Böse und die einseitigen Charakterisierungen, die sie auch in der Darstellung von Days Familiengeschichte wieder finden. Schließlich bedauert die Rezensentin, dass Kennedys simple moralische Einteilung auch so eindrucksvolle Schilderungen wie die der Bombardierung Hamburgs überschatten.