Adam Johnson

Das geraubte Leben des Waisen Jun Do

Roman
Cover: Das geraubte Leben des Waisen Jun Do
Suhrkamp Verlag, Berlin 2013
ISBN 9783518464250
Gebunden, 687 Seiten, 22,95 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Anke Burger. Pak Jun Do hat noch nie einen Film gesehen, kaum je ein Werbeplakat, er findet es merkwürdig, dass woanders Leute Tiere im Haus halten, und wundert sich über Maschinen, die Geld auswerfen. Er kennt keine Ironie, keine Kunst, keine Mode und keine Magazine. Aufgewachsen im nordkoreanischen Waisenhaus "Frohe Zukunft", ist er ein winziges Rädchen im großen Getriebe der absurd-grausamen Herrschaft des "Geliebten Führers" Kim Jong Il. Nur ein falsches Wort kann jeden sofort ins Lager bringen. Doch mit der Zeit beginnt Jun Do an etwas zu glauben, was stärker ist als Staatstreue: Freundschaft und Liebe. Als er die Schauspielerin Sun Moon trifft, lernt er das bedingungslose Vertrauen in einen anderen Menschen kennen. Und nur dafür lohnt es sich zu überleben.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 27.06.2013

Für Thomas E. Schmidt zeigt dieser Adam Johnsons Nordkorea-Roman, dass Amerikas großer Gegner aus der politischen Sphäre in die mythische entschwindet und sich allmählich in eine Art  "Märchen aus uralten Zeiten" verwandelt. Literarisch findet er diese pikareske Geschichte um Jun Do dagegen nicht so aufregend, sondern eher Schema F amerikanischer Universitätslehrgänge. Natürlich ist die Geschichte um den aus einem Waisenhaus stammenden Jun Do, der nach jedem unwahrscheinlichen Karrieresprung immer wieder im Gulag landet außergewöhnlich turbulent, und Johnsons Huldigung des guten Menschen sehr sympathisch, doch eigentlich war der Rezensent recht froh, als das Taumeln der "armen literarischen Seele" durch die schreckliche Welt des Kim Yong Un und seine Straflager zu Ende war.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.05.2013

Sechs Jahre hat der Amerikaner Adam Johnson recherchiert, um sich ein Bild von Nordkorea zu machen, auf Reisen in das abgeschottete Land, in den Berichten von Flüchtlingen, in Interviews, berichtet Andreas Breitenstein. Das Ergebnis ist ein siebenhundert Seiten langer Roman, "Das geraubte Leben der Waise Jun Do", in dem Johnson versucht, alle Gräuel des Systems an seinem Protagonisten durchzuexerzieren: elende Waisenhäuser, Hunger, Folter, Tote, Propagandisten, die "das Rote vom Himmel herunter lügen". Der Autor wollte sich im Buch nicht auf einen Ton festlegen, erklärt Breitenstein, mal ist er jovial-zynisch, mal komisch. Insgesamt scheint dem Rezensenten vieles comicartig Überspitzt. Wenn es in Nordkorea wirklich so zugeht, wie Johnson schildert, Breitenstein hätte tiefstes Mitleid mit den Menschen dort. Ein Rest Unsicherheit bleibt ihm noch und "Nordkorea bleibt eine Farce mit sieben Siegeln", meint der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.04.2013

Adam Johnsons groteske Annäherung an die Phantomdemokratie Nordkorea ist für Ulrich Baron ein sehr amerikanischer Roman. Das burleske Treiben um den schelmisch agierenden, in allerhand verschiedene Rollen schlüpfenden Helden Jun Do verschleißt laut Baron zwar jede Menge Nebenfiguren, die Hauptpersonen jedoch bewahren ihre Souveränität, vor allem Do selbst, der auf einer Welle haarsträubender Geschichten durchs Leben getragen wird, wie Baron erläutert. Dass der Autor nicht primär die finstersten Seiten des Regimes im Blick hat, sondern eher die menschliche Fähigkeit, noch die abstrusesten Lügen als Wahrheit zu akzeptieren, dass er neben den Folterkellern auch den Führerkult beleuchtet, um es der politischen Propaganda sozusagen mit literarischen Mitteln heimzuzahlen, gefällt Baron ausnehmend gut.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.04.2013

Ein glatter Verris. Vom Pulitzerpreis für dieses Buch lässt sich Rezensent Andreas Platthaus nicht beeindrucken und gibt seinem Missmut über Adam Johnsons Roman "Das geraubte Leben des Waisen Jun Do" freien Lauf. Dass der Roman im streng abgeschirmten Nordkorea spielt, weckt zwar das Interesse des Kritikers - nach der Lektüre der Geschichte um Jun Do, den heimlich gezeugten Sohn eines Waisenhausaufsehers, der offiziell als Waise gilt und vom Staat deshalb als vogelfrei betrachtet wird, muss Platthaus aber feststellen, dass sich die Lektüre nicht nur nicht lohnt, sondern geradezu schockierend, ja "widerwärtig" ist. Denn Johnsons Protagonist Jun Do erinnert den Kritiker zwar an Grimmelshausens "Simplizissimus" - mit dem gravierenden Unterschied allerdings, dass er die dem Helden widerfahrenden Grausamkeiten schlichtweg "geschmacklos" findet. Und so erscheint ihm der Autor als "literarischer Folterknecht", der mit unangenehmer Beiläufigkeit hinmetzelt und verstümmelt. Immerhin: Die Übersetzung von Anke Caroline Burger hat dem Rezensenten gefallen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 23.04.2013

Die Begeisterung von Danijel Majic über Adam Johnsons gerade mit dem Pulitzer Preis ausgezeichneten Roman hält sich in Grenzen: Er stellt ihn uns als eine verwegene Kombination aus Spionage- und Liebesroman vor, der allerdings im verschlossenen Nordkorea spielt. Die turbulente Handlung führt den Helden Jun Do, Sohn eines Waisenhausaufsehers auf eine irre Odyssee durch den Nordkoreakonflikt, erzählt Majic: als Tunnelkämpfer in die entmilitarisierte Zone, auf Geheimmission nach Texas und schließlich in den nordkoreanischen Generalstab. Überzeugt hat Majic, wie Johnson den Schrecken dieses Regimes begreiflich macht, das jede Art menschlicher Beziehung "usurpiert". Spannend zu lesen, findet Majic das, "mehr aber auch nicht". Was ihm an dem Romans nicht behagt, sagt er aber leider nicht.
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