Christa Wolf

Ein Tag im neuen Jahrhundert

2001-2011
Cover: Ein Tag im neuen Jahrhundert
Suhrkamp Verlag, Berlin 2013
ISBN 9783518423608
Gebunden, 163 Seiten, 17,95 EUR

Klappentext

Es ist ein ganz gewöhnliches Datum, doch für Christa Wolf war es über fünfzig Jahre lang ein besonderes: Seit 1960 beschrieb sie Jahr für Jahr ihren 27. September, fasziniert von der "Bedeutung, die ein durchschnittlicher Tag bekommt, wenn man wahrnimmt, wie viele Lebenslinien in ihm zusammenlaufen". Auch im neuen Jahrhundert setzte Christa Wolf diese Arbeit fort und ging dem Zusammenspiel von Privatem, Subjektivem und großen zeitgeschichtlichen Ereignissen auf den Grund. Sie erzählt von Deutschland nach dem 11. September 2001, von der eigenen Arbeit etwa an ihrem letzten großen Werk "Stadt der Engel oder The Overcoat of Dr. Freud", aber auch von der kräftezehrenden Auseinandersetzung mit dem Altern.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.06.2013

Nichts Neues entdeckt Friedmar Apel in dieser letzten Lieferung zum 27. September (2011) von Christa Wolf. Dass Fans das mitunter "anrührende" Buch nicht missen wollen werden, ahnt der Rezensent allerdings auch. Ihm selbst erscheint die Autorin darin mal in gewohnt seismografischer, klassisch-intellektueller Form, so, wenn es gilt, Alltag zu beschreiben und Widerständigkeit zu beweisen, mal allerdings auch als leicht depressive "alte Dame", die pessimistisch von Endzeit orakelt. Weiterhin ist laut Apel in den Texten die DDR präsent, in Lektüren, aber auch in Wolfs spürbarem Bedauern, dass dieser Staat den humanen Sozialismus verfehlt hat. Zuallererst ist das Buch für Apel Selbstbehauptung der Autorin gegen die Staatsmacht DDR - immer noch.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 26.04.2013

Nach einem Vorschlag des sowjetischen Schriftstellers Maxim Gorki hat sich Christa Wolf dazu entschlossen, jedes Jahr an einem festgelegten Tag, am 27. September, ihre Erlebnisse und Gedanken zu notieren, berichtet Helmut Böttiger. Dieser letzte Band umfasst nun die Jahre 2001 bis 2011. Nicht nur Christa Wolfs Bild in der Öffentlichkeit war geprägt von ihrer "repräsentativen Funktion" als Quasi-Märtyrerin, als hoffnungsvoll leidende DDR-Bürgerin, erklärt der Rezensent, auch ihre Selbstwahrnehmung war es. Die letzten Jahre war sie von diesem Anspruch aber zunehmend überfordert, zuweilen wünschte sie sich gar im Alter endlich einmal "von Geschichte verschont" zu bleiben, berichtet Böttiger. Dennoch nehmen politische Ereignisse, insbesondere der 11. September 2001, noch immer eine wichtige Rolle ein. Sie werden bloß seltener, wechseln sich ab mit etwas wehmütigen Erinnerungen an Ferien und immer häufiger auch mit Gedanken an den Tod. Dieses Buch mag ein wichtiges "literatur- und zeitgeschichtliches Zeugnis" sein, das die Subjektivität einer Autorin in ihrer Zeit widerspiegelt, es offenbart aber auch die Widersprüche der menschlichen Verfassung, findet Böttiger.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.03.2013

Seit die Iswestija am 27. September 1960 Schriftsteller in aller Welt zu diesem Experiment aufgerufen hat, hält Christa Wolf Jahr für Jahr diesen Tag fest. Cornelia Geißler nimmt sehr freudig auf, dass Wolf auch nach der Veröffentlichung von "Ein Jahr im Tag. 1960-2000" weitergeschrieben hat und nun auch ihre Aufzeichnungen aus dem 21. Jahrhundert vorliegen. Dabei verfolgt Geißler ebenso fasziniert Christa Wolfs Gedanken zum Weltgeschehen, das mit dem 11. September eine ganz neue Richtung genommen hat, ihr Nachdenken über sich selbst  wie ihre häuslichen Handgriffe, die das Leben als das "Gewebe des Alltags" zusammenhalten. Dass sich immer mehr die körperliche Beschwerden des Alters in das Leben der Christa W. Schieben, notiert Geißler mit großer Empathie, es wird klar, hier schreibt eine große Verehrerin der Autorin.