Jean-Luc Seigle

Ich schreibe Ihnen im Dunkeln

Roman
Cover: Ich schreibe Ihnen im Dunkeln
C.H. Beck Verlag, München 2017
ISBN 9783406697180
Gebunden, 207 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Andrea Spingler. Es ist eine wahre Begebenheit, die Jean-Luc Seigle in seinem neuen Roman von der Hauptfigur Pauline erzählen lässt, als sie, in einem Haus in Marokko sitzend, ihre Geschichte aufschreibt. Die tragische Geschichte einer jungen und begabten Frau, die während der deutschen Besatzung Frankreichs für einen deutschen Militärarzt arbeitet und dessen Geliebte wird. Nach der Befreiung Frankreichs üben Männer der Résistance fürchterliche Rache an ihr. Später studiert Pauline in Paris, will sich ihrer großen Liebe Félix offenbaren und wird wegen ihrer Vergangenheit von ihm abgewiesen. Im Affekt tötet sie Félix. Sie wird 1950 zum Tode verurteilt, die Strafe wird in lebenslänglich umgewandelt. Währenddessen dreht der Regisseur Henri-Georges Clouzot auf der Grundlage ihres Schicksals den Film "Die Wahrheit" mit Brigitte Bardot in der Hauptrolle. Aus dem Gefängnis entlassen, muss Pauline sich mit diesem Film konfrontieren und weicht schließlich nach Marokko aus. Wieder verliebt sie sich, wieder will sie sich erklären, will herausfinden, was denn ihre Wahrheit ist.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.06.2017

Dieses Buch ist so "fiebrig" und "bestürzend", verkündet Rezensentin Nina Pauer, dass sie es kaum aus den Händen legen mag. Das Schicksal der Französin Pauline Dubuisson, die nach der Affäre mit einem deutschen Arzt von der Resistance nackt durch die Straßen gezerrt, kahl geschoren und mehrfach vergewaltigt wurde, ihren Verlobten Jahre später im Affekt tötete und nach ihrer Haft nach Marokko flüchtete, ist spätestens seit der Verfilmung mit Brigitte Bardot in der Hauptrolle bekannt, meint die Kritikerin. Wie Jean-Luc Seigle seine Heldin hier jedoch in einem fiktiven Bericht kurz vor ihrem Selbstmord auf ihr Leben zurückblicken und mit erstaunlicher Ruhe von den ebenso grausamen wie fatalen Erlebnissen erzählen lässt, findet Pauer schlicht virtuos.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.03.2017

Roman Bucheli findet Jean-Luc Seigles Behandlung eines der bekanntesten Kriminalfälle Frankreichs fatal. Pauline Dubuisson hatte 1951 ihre Ex-Freund erschossen, die Staatsanwaltschaft machte nicht der Mörderin den Prozess, sondern auch einer jungen Frau, die zuvor während der der deutschen Besatzung ein Verhältnis mit einem deutschen Offizier gehabt hatte. Seigles betont subjektiver Versuch, die verurteilte Mörderin zu rehablitieren, geht laut Bucheli allerdings ordentlich nach hinten los. Was der Autor aus den von ihm frei erfundenen Aufzeichnungen Dubuissons über die Kindheit, die Familie, den Mordprozess und schließlich das neue Leben der Frau kompiliert, hat laut Bucheli zwar durchaus einige dichte Momente. Mit der Rekonstruktion einer historisch nicht belegten Massenvergewaltigung und der Heroisierung der Figur wiederholt der Autor für Bucheli jedoch den Missbrauch der geschändeten Frau und schreibt sie "noch einmal tot".