Vorgeblättert

Vera Broido: Tochter der Revolution

Ausgewählte Leseproben.
17.08.2004. "Tochter der Revolution", die Erinnerungen von Vera Broido sind Autobiografie, Reportage und europäische Geschichte der Avantgarde des 20. Jahrhunderts gleichermaßen. Lesen Sie hier einen Auszug.
Vera Broido: Tochter der Revolution.
Erinnerungen
Aus dem Englischen von Jürgen Schneider

Edition Nautilus, Hamburg 2004
192 Seiten, gebunden, Euro 19,90

Erscheint am 25. August 2004

Zur Leseprobe

Mehr Informationen bei Edition Nautilus

Klappentext:
Ihre Eltern heirateten in einem Gefängnis auf dem Weg in die Verbannung nach Sibirien, mit zehn Gefangenen als Trauzeugen. Als aktive Revolutionäre brachten sie ihre vier Kinder bei Freunden und Genossen unter, wenn sie in Sachen Agitation und Propaganda unterwegs waren. Vera Broidos Erinnerungen an das Leben im Exil zur Zarenzeit sind Erinnerungen an ein Paradies vor dem Sündenfall: Als die Familie 1914 zum zweiten Mal in die Verbannung geschickt wird, reisen sie - Vera ist 7 Jahre alt - in der komfortablen Transsibirischen Eisenbahn in eine Idylle. Lebensmittelknappheit ist unbekannt, während die Mutter Keynes übersetzt, kochen die Kinder Marmelade.
1917 kehrt die Familie nach Sankt Petersburg zurück: Broido beschreibt den euphorischen Frühling der Revolution, voller Hoffnungen, und zehn Monate später das Schlangestehen vor geschlossenen Geschäften mit den Lebensmittelmarken in der Hand. 1920 fliehen die Broidos nach Berlin und leben dort in jüdischen Exilkreisen. 1925 geht Vera nach Paris an die Sorbonne. Wichtiger als das Studium sind jedoch andere Lektionen: sie lernt das Malen bei der Konstruktivistin Alexandra Exter, das Charlestontanzen bei Stanislawskis Sohn und beginnt, als sie nach Berlin zurückkehrt, eine siebenjährige Menage-a-trois mit dem Dadaisten Raoul Hausmann und seiner Frau. Sie wird das Modell seiner berühmten Serie von Aktfotos.

Zur Autorin:
Vera Broido
wurde 1907 als Tochter der politischen Aktivisten (Menschewisten) Mark und Eva Broido in Sankt Petersburg geboren. Sie verbrachte während der Zarenzeit zusammen mit ihrer Mutter drei Jahre im sibirischen Exil, erlebte Krieg und Revolution in Moskau und Sankt Petersburg. Von 1920 an lebte sie in der russisch-jüdischen Gemeinde in Berlin und ging 1925 für einige Zeit nach Paris, studierte Malerei bei Alexandra Exter und kehrte dann nach Berlin zurück. Sie verkehrte in der Berliner Boheme und wurde Muse und Aktmodell für Raoul Hausmann. 1934 mußte sie wegen ihrer jüdischen Herkunft erneut fliehen und lebte fortan in England, wo sie im April 2004 verstarb.