David Lodge

Denkt

Roman
Cover: Denkt
Haffmans Verlag, Zürich 2001
ISBN 9783251004959
Gebunden, 512 Seiten, 22,50 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Martin Ruf. Ralph Messenger ist ein Mann, der weiß, was er will, und das in der Regel auch bekommt. Er steht kurz vor seinem fünfzigsten Geburtstag, ist, wie man so sagt, glücklich verheiratet mit Carrie, einer Amerikanerin, und hat den lukrativen Direktorenposten am renommier­ten Institut für Kognitionswissenschaft an der Uni Glocester inne. Hier widmet er sich der Erforschung des menschlichen Bewusstseins mit dem Ziel, in absehbarer Zeit den denkenden Computer zu entwickeln. Im übri­gen führt Messenger ein flottes Leben und stellt jeder gutaussehenden Frau nach, die seinen Weg kreuzt. Eine dieser Frauen ist die Schriftstellerin Helen Reed, die eine Dozentur an der Uni wahrnimmt, nicht zuletzt, um über den schmerzlichen Verlust hinwegzukommen ...

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 22.09.2001

Maike Albath sieht sich bei diesem Roman quasi mit einem alten Bekannten konfrontiert: wieder ist es ein "Campus-Roman", der nicht nur an der Universität spielt, sondern auch den Widerstreit zwischen Natur- und Geisteswissenschaften darstellen soll - wobei die Geisteswissenschaften am Ende natürlich überlegen sind. Die Rezensentin fühlt sich in die "Wohnzimmer altvertrauter Freunde" versetzt, so bekannt scheint ihr alles, von der Figurenkonstellation bis zur Erzählform. So weit, so gut, aber was sie ziemlich stört ist die "altväterliche" Erzählweise und der deutlich spürbare "didaktische Willen", der hinter dieser Geschichte steht und den Plot allzu "durchschaubar" mache. Und dass der britische Autor am Ende dann richtig "banal" wird, indem er den Vertreter der Naturwissenschaften des Roman durch einen Schicksalsschlag zum Umdenken bekehrt, das ärgert die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 31.07.2001

Gelegentlich fast etwas geschwätzig, insgesamt jedoch reizend, amüsant, spannend und intelligent findet Eva Behrendt den jüngsten Campusroman von David Lodge, der nach längerer Pause ein neues Werk in jener angelsächsischen Tradition vorlegt, die auf unvergleichlich humoristische Weise den "Zugriff auf Welt und Text" bewältigt. Und so stellt sich bei der Rezensentin auch wieder das literaturwissenschaftliche Lieblingsgefühl ein, behauptet diese: Eines ergibt das andere und es könnte ewig so weitergehen. Der Plot ist klassisch für Lodge: naturwissenschaftlich orientierterer Erkenntnistheoretiker trifft auf charmante Autorin, für die sich das Bewusstsein in Sprache und nicht in Zahlen manifestiert. Neben ihrer Bettgeschichte handeln die beiden auch einen erkenntnistheoretischen Streit um die Beschaffenheit der menschlichen Wahrnehmung ab, wobei Lodge wie immer geschickt Form und Inhalt verknüpfe, meint Behrendt. Nirgendwo könne man so "elegante Übersetzungen" kompliziertester naturwissenschaftlicher Fragen oder philosophischer Zusammenhänge "in Smalltalk" bekommen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.07.2001

Pia Horlacher findet diesen neuen Roman von David Lodge amüsant und interessant - auch wenn er ihr bisweilen ein kleines bisschen zu sorgfältig konstruiert erscheint. Aber dieser Einwand steht nur am Rande, denn eigentlich, erklärt sie, liegt Lodges Stärke ja in ausgeklügelten Konstruktionen, die es dem englischen Autor erlauben, geisteswissenschaftliche Themen und Theoreme in - nur auf den Blick - schlichte und zufällige Erzählungen zu verpacken. Deshalb findet Horlacher auch reichlich Spannendes in diesem Roman, der sich mit dem Zusammenprall zweier Wissenschaftskulturen, der Natur - und der Geisteswissenschaften, befasst. Erfrischend findet die Rezensentin auch, dass hier so einige Geschlechterklischees aufgebrochen werden, obwohl der Mann in dieser Liebesgeschichte Informatiker ist und die Frau Autorin. Und so nennt sie den Roman unter anderem "ein kleines feines Instrument zur Deprogrammierung" von Personen, die den Menschen für eine sorgfältig konstruierte, gut getarnte Maschine halten.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 03.05.2001

Evelyn Finger ist geteilter Meinung über diesen Band. Einerseits zeigt sie sich spürbar genervt, dass ein weiterer Campus-Roman erschienen ist, der sich mit "Sexdefiziten und Machtgier" beschäftige und den Leser zur Schlüssellochperspektive nötige. Darüber hinaus bemängelt sie - zumindest in der ersten Hälfte des Romans - fehlenden Schwung und ein Übermaß an Stereotypen sowie die Vorhersehbarkeit der Liebesaffäre zwischen den beiden Protagonisten. Aber andererseits verfügt der Roman nach Finger durchaus über einige besondere Qualitäten, die für sie vor allem in der Erzähltechnik liegen. Finger erläutert, dass es dabei letztlich um die Frage geht, ob das Bewusstsein lediglich eine Folge biochemischer Reaktionen ist. Und so biete Lodge verschiedene Möglichkeiten an: das von einem "Sprachcomputer aufgezeichnete 'stream of conciousness'", ein Tagebuch und "Berichte im Stil des Nouveau Roman". Darüber hinaus beschäftige sich die Protagonistin Helen Reed ihrerseits als Dozentin mit der Adaption von Texten und Imitation von Autoren. Die Stärke des Bandes liegt nach Finger also summa summarum darin, dass sich der Autor mit "amüsanter und trotzdem prägnanter Polemik in den Wissenschaftsdiskurs" einmischt.