Carl Amery (Hg.)

Briefe an den Reichtum

Cover: Briefe an den Reichtum
Luchterhand Literaturverlag, München 2005
ISBN 9783630871868
Gebunden, 269 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Während es über die Probleme der Armut jede Menge Diskussionen gibt, ist es dem Reichtum gelungen, inmitten unserer Gesellschaft sozusagen als verschleiertes Idol zu existieren. Dank der PR-Offensive des Kapitalismus, die jede genauere Nachfrage als Sozialneid disqualifiziert, gibt es überraschend wenig zuverlässige Informationen über Art und Umfang des Reichtums. Die "Briefe an den Reichtum" lüften ein paar Zipfel dieses Schleiers. Die Motivation der Absender ist kein Sozialneid, aber Zorn. Zorn insbesondere, wenn der Brief an die neue Geldaristokratie gerichtet ist. Dieser neue Geldreichtum, der flexibelste und unpersönlichste der Geschichte, hat ältere, oft prunkvollere, aber weniger ertragreiche Formen des Reichtums wie etwa den Grundbesitz an den Rand gedrängt und bildet als "Herz der Finsternis" den Kern des Buches. Aber um ihn herum ist eine Girlande von weiteren Briefen angeordnet, von Grundkursen in Geldwirtschaft bis zu Möglichkeiten der Therapie von der Unbill des Reichtums. Damit kann das Gespräch über den Reichtum in einer neuen Atmosphäre fortgeführt werden, ohne Angstgeruch und ohne Ergebenheit.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.07.2005

Die in diesem Band versammelten "offenen Briefe an reiche Menschen" haben Rezensent Mark Siemons "etwas unbefriedigt" zurück gelassen. Denn die meisten Beiträge in dem von Carl Amery herausgegebenen Buch entspringen aus Siemons Sicht dem Missverständnis, dass sich aus dem Entrüstungspotenzial vieler unterschiedlicher Texte schon "von selbst" ein politisches Argument ergeben würde. Doch das Aneinanderreihen von Spitzengehältern, Sondereinnahmen oder exorbitanten Weihnachtsgratifikationen für Manager in Millionenhöhe ersetzt für ihn in keiner weise moralische oder politische Positionen. Natürlich gibt auch Siemons sein Erschrecken über die "schier unglaubliche Rechnung" zu Protokoll, die Amery in einem eigenen Text wiedergegeben hat: Dass nämlich die zweihundertzwanzig reichsten Personen mehr Geld zur Verfügung haben als die ärmere Hälfte der Menschheit. Letztlich bleibt ihm der Band dennoch die entscheidenden Fragen und erst recht Antworten schuldig.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 28.04.2005

Ursula März hat drei Bücher gelesen, die sich mit Aspekten von Armut und Reichtum, von Wohlstand und Verwahrlosung beschäftigen. In diesem von Carl Amery herausgegebenen Buch könnte Franz Müntefering vor seiner "Gardinenpredigt" wider den verantwortungslosen Kapitalismus gelesen haben, meint Ursula März, die die Briefe, in denen Publizisten, Wissenschaftler und Philosophen ausgewählten Reichen öffentlich die Leviten lesen, als "Kapitalismuskritik" nicht ausreichend findet. Die "Rechnungen", mit denen die Briefeschreiber ihren jeweiligen Adressaten vorzählen, was mit ihrem Reichtum alles nutzbringend anzustellen sei ,sind "durchweg erschlagend", stellt die Rezensentin fest, etwa wenn Rupert Neudeck in seinem Brief an Oliver Kahn zeigt, was mit seinen 5 Millionen Euro Jahresgehalt alles Gemeinnütziges zu finanzieren wäre. Sie hat auch "nichts direkt dagegen einzuwenden", wenn den Reichen "mal der Marsch geblasen" wird. Das Buch versteht sich als "gewollt parteilicher, plastischer und drastischer Beitrag" zur Kritik am Kapitalismus, aber mit solcherlei Rechnungen geht es am "Kern" des Problems vorbei, stellt März klar. Denn nicht die absolute Menge des verfügbaren Geldes, sondern die Loslösung des "Materiellen von jedwedem moralischen Sinn und Zweck" ist die Wurzel des Übels und stellt das eigentliche "Verwahrlosungsphänomen" dar, so März bestimmt.