Vorgeblättert

Leseprobe zum Buch von Yun Heunggil: Der Mann, der neun Paar Schuhe hinterließ. Teil 2

06.10.2005.
     "Vermutlich ist es nur ein Scherz. Ganz bestimmt treibt jemand Unfug mit dir. Auch wenn er die Grenzen überschritten hat."
     "Das denke ich auch. Kum-yong hat recht. Es ist bestimmt nur Unfug. Mach dir keine Sorgen."
     Auch seine Frau war dieser Ansicht, schien jedoch weniger überzeugt. Vielmehr spiegelte sich in ihrem Gesicht der sehnliche Wunsch deutlich wider, dass es sich um einen Streich handeln möge. Seine jüngere Tochter Un-yong war allerdings anderer Meinung. Ernst dreinblickend überlegte sie lange, ehe sie entschlossen zu sprechen begann.
     "Es ist mitnichten ein Streich. Dreimal hat er angerufen, und in zehn Minuten wird er persönlich hier erscheinen. Wie kann das ein Scherz sein? Noch ist es nicht zu spät. Vati, ruf schnell die Polizei. Selbst wenn jemand nur Schabernack treiben sollte, so wie Kum-yong und Mutti sagen, bin ich der Meinung, dass dieser, wer er auch sein mag, für sein Verbrechen bestraft werden muss."
     Diesmal stimmte seine Frau der jüngeren Tochter zu.
     "Sie hat Recht. Er sollte bestraft werden. Lass uns die Polizei rufen."
     Der Professor schenkte seiner jüngeren Tochter, die kurz vor der Abschlussprüfung der Oberschule stand und stets das letzte Wort haben musste, ein Lächeln und tat, als hätte er seine Frau nicht gehört.
     "Was Prinzessin Un-yong meint, verstehe ich gut, aber ich hoffe, dass du damit deinen Vater nicht als einen kaltherzigen Menschen verurteilst."
     Der Professor sprach sanft zu seiner Tochter, die sich in die Sache hineingesteigert hatte und ziemlich aufgebracht war. Auch seine Frau war außer sich. Wie ein Kind, das mitten im Gewühl am Palast Tschag-gyong-uon, wohin Menschen zur Kirschblütenschau herbeigeströmt kamen, verloren gegangen ist, war sie die ganze Zeit über nicht in der Lage, sich zu beruhigen.
     "Du und kaltherzig? Das ist nicht wahr. Un-yong, dein Vater ist auf keinen Fall kaltherzig. Du kennst ihn doch. Dein Vater ist nicht launisch, und er hält auch nichts von Rache."
     "Mutti, das ist doch keine Rache. Ist es nicht das gute Recht eines jeden Bürgers, der in einem demokratischen Land seine Steuern bezahlt, die Polizei zu rufen, wenn er sich bedroht fühlt? Wenn ihr euch nicht traut anzurufen, dann werde ich es tun. Das tue ich für Vati."
     "Un-yong!"
     Seine Frau riss mahnend die Augen auf.
     "Es gibt verschiedene Wege, seine Liebe zu den Eltern zum Ausdruck zu bringen."
     Kum-young verzog missbilligend ihre Mundwinkel.
     "Bist du etwa der Meinung, dass dieser Kerl, dessen Herkunft wir nicht mal kennen, Beifall verdient hat, wo er doch wagt, unseren Vater zu erpressen? So eine Liebe hat Vati nicht verdient!", keifte Un-yong.
     "Kinder, bitte! Seid still. Wenn wir nicht zusammenhalten, was soll dann aus unserer Familie werden?"
     Frau Song versuchte mit weinerlichem Gesicht, den Streit unter ihren Töchtern zu schlichten.
     "Kum-yong und Un-yong, dass ihr euch um mich sorgt, weiß ich sehr wohl. Aber das ist gar nicht nötig. Ich habe es euch nicht erzählt, damit ihr euch um mich sorgt. Worum ich euch bitte, ist nur, dass ihr mir vertraut, mir alles überlasst, was auch immer passieren mag. Ihr kennt euren Vater. Was der Mann auch versuchen wird, ihr dürft euer Vertrauen nicht verlieren und niemals ins Zweifeln geraten. Wenn ihr mir auf diese Weise helft, dann werdet ihr bald Zeugen sein, wie dieser Erpresser vor eurem Vater auf die Knie geht und um Vergebung bittet. Schau nicht so entgeistert, meine Liebe. Entspann dich. Was sollen die Kinder von dir denken."
     Professor Song sprach eindringlich, wobei er durchaus auf seine Würde als Familienoberhaupt Acht gab.
     Mühsam wurden die erregten Gemüter beschwichtigt. Von der häuslichen Harmonie, die gestern noch im Übermaß vorhanden war, blieb jedoch nicht die leiseste Spur zurück. Selbst im Traum wäre es ihm nicht eingefallen, dass dieser Friede, der ihm wie eine unbezwingbare Festung vorgekommen war, die kein noch so mächtiger Teufel zum Einsturz bringen konnte, durch ein paar unvorhergesehene Anrufe dermaßen schnell zerbröckeln würde. Ein plötzliches Misstrauen fegte über sein Haus und zerriss das starke Band zwischen ihm und seiner Frau und seinen Töchtern, so dass er befürchtete, sie könnten nie wieder eine harmonische und glückliche Familie sein. Denn seine Frau, die eine Zeitlang geschwiegen hatte, konnte ihre Neugier nun nicht länger unterdrücken und sprach endlich das Entscheidende an.
     "Du hast doch nicht etwa..."
     "Was meinst du?"
     "Hast du vielleicht... vom... Spar... buch..."
     "Ach, das meinst du. Und ich dachte schon."
     Als er sie hörte, zuckte er innerlich zusammen. Noch war es nicht zu spät. Er wollte seiner Familie alles beichten. Aber als ihm bereits im nächsten Augenblick bewusst wurde, dass alles, was er ohne zu zögern von sich gab, erstunken und erlogen war, ereilte ihn vor lauter Schreck beinahe eine Ohnmacht.
     "Du musst mir bitte verzeihen. Ich habe einfach vergessen, es dir zu sagen. Ein Freund brauchte dringend Geld, deshalb habe ich ihm gestern Nachmittag 50.000 Won von unserem Sparkonto geliehen."
     "Das war?s also. Ich hatte mich nur gefragt, ob es vielleicht was mit dieser Geschichte zu tun hat..."
     "N... nein. Ach, was. Mit dieser Geschichte hat es gar nichts, absolut nichts zu tun. Geliehen habe ich es. Dem Bak. Genau, Professor Bak habe ich es geliehen."
     Sogar mit seinen Händen wedelte er wild umher und log weiter. Er verstand nicht, was mit ihm los war. Warum konnte er nicht die Wahrheit sagen? Warum konnte er nicht sagen, dass es eine zwingende Maßnahme war, um sie alle, die Familie, zu beschützen? Am liebsten hätte er in sein eigenes Gesicht gespuckt, um sich für seine grundlosen Lügen zu bestrafen. Er fühlte sich niederträchtig ohne Ende. Zugleich machte er sich Sorgen, nicht glaubwürdig zu sein. Es war das erste Mal, dass er seine Familie belog. Seit er diese seltsamen Anrufe erhielt, schien irgendein Teufel in sein Inneres eingedrungen zu sein und an seiner Stelle einen Blödsinn nach dem anderen zu erzählen.
     "Ich denke ...", begann seine Frau, zögerlich ihre Meinung zu äußern.
     "Du solltest ihm Geld geben, wenn er hartnäckig bleibt, bevor er dir wirklich schadet. Wie können wir in dieser Angst ..."
     "Bist du noch bei Sinnen? Was redest du für einen Unsinn?"
     Professor Song schrie auf. Er war erzürnt, mehr als es dem Umstand angemessen war. Das sah ihm nicht ähnlich.
     "Was erzählst du da vor den Kindern? Sie würden noch denken, ich, Song Bom-sop, hätte was zu verbergen!"
     "Es tut mir leid. Aber die Kinder wissen genau, dass du unschuldig bist."
     "Ja, Vater."
     "Wir vertrauen dir."
     "Nichts kriegt der von mir. Ich werde mich niemals von diesem dreckigen Hund auf die Knie zwingen lassen. Niemals. Ich weiß nicht, was er gegen mich in der Hand zu haben glaubt. Noch nie habe ich etwas getan, wofür ich mich schämen müsste."
     Schon hatte er angefangen, seinem Zorn Luft zu machen. Hinzu kam die Wut über seine eigene Niederträchtigkeit. Er konnte sich nicht zurückhalten und verschaffte sich vor seiner unschuldigen Familie Erleichterung von seinem aufgestauten Ärger. In diesem Moment klingelte es an der Tür.
     Der unbekannte Mann erschien pünktlich zur verabredeten Zeit. Er sah in mehrfacher Hinsicht vollkommen anders aus, als der Professor ihn sich vorgestellt hatte. Vor allem beruhigte den Professor das kein bisschen bedrohlich wirkende Äußere. Er schien nicht nur ungefährlich. Er hatte ein gut geschnittenes, kluges Gesicht und wirkte intellektuell - eine Ausstrahlung, die er so subtil verströmte wie Körperduft. Er war groß gewachsen, unerwartet schick gekleidet und benahm sich elegant. Wären sie sich unter anderen Umständen und an einem anderen Ort begegnet, hätte der Professor diesen jungen Mann vielleicht als potentiellen Gatten seiner älteren Tochter in Betracht gezogen, die im dritten Studienjahr war. Der Professor war mit einem Mal sehr verwirrt. Dann dachte er, dass der junge Mann viel zu schade sei, um als Krimineller zu enden, und war als Pädagoge erneut von seiner Mission entbrannt, diesen auf jeden Fall auf die richtige Bahn bringen zu müssen. Dass er ein gutes Fundament hatte, konnte der Professor nur anerkennen, aber diese Tatsache bedeutete nach seinen Kriterien, dass er als Erpresser einen entscheidenden Mangel aufwies. Dadurch fühlte sich der Professor wiederum beruhigt und dachte, dass er seinen Gegenspieler durchaus unterschätzen dürfe. Zeit hatte er ja genug. Da er sich mitten in den Semesterferien befand, hatte er nichts Besonderes vor und wollte nicht locker lassen, bis der junge Mann das Handtuch warf.
     "Guten Tag, Herr Professor. Ah, ich freue mich, auch Ihre Frau kennen zu lernen. Bitte verzeihen Sie, dass ich Sie warten ließ."
     Während der junge Mann diese neumodische Tasche, die häufig Handelsvertreter der koreanischen Ausgabe von Encyclopaedia Britannica trugen und landläufig "007-Tasche" oder so ähnlich genannt wurde, neben dem Wohnzimmertisch abstellte, grüßte er munter.
     "Wie pünktlich du bist. Vermutlich hattest du dich in der Nähe versteckt und die Lage geprüft. Du hast nicht zufällig Männer entdeckt, die Polizisten sein könnten?"
     Um sein Gegenüber klein zu kriegen, sprach der Professor in einem Tonfall, als ob er ihn am Genick packen würde. Der junge Mann allerdings reagierte schlagfertig, ohne das geringste Anzeichen von Unsicherheit zu zeigen.
     "Herr Professor, Sie sind scharfsinnig, wie ich vermutet habe. Ich habe von der Telefonzelle aus angerufen, die Ihrem Haus am nächsten liegt. Dann habe ich eine Zigarette geraucht, bevor ich mich auf den Weg machte. Nirgends habe ich einen Polizisten entdeckt, der auf heimlichem Beobachtungsposten ist. Jemand wie Sie, Herr Professor, ist niemals in der Lage, die Polizei zu benachrichtigen."
     "Intellektuelle wie ich sollen nicht imstande sein, Erpresser bei der Polizei anzuzeigen?"
     "Niemals. Nicht, weil Sie Intellektueller sind, sondern weil Sie am meisten davor Angst haben, dass Ihr wunder Punkt bekannt wird."
     Professor Song glaubte, sein Herz würde ihm in die Hose rutschen. Er war besorgt, weil der junge Mann derart bestimmt und selbstsicher auftrat. Mit seiner Hand deutete er auf den leeren Sitz ihm gegenüber.
     "Setz dich."
     "Vielen Dank."
     "Ich sage dir gleich, dass ich dich nicht siezen werde, obwohl ich selbst meine ganz jungen Studenten nicht duze. Ich habe nur keine Lust, dich respektvoll zu behandeln. Du verstehst das sicher."
     "Darüber brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Auch ich möchte Ihnen was sagen, und zwar ..."
     "Unverschämt. Nun will er langsam sein wahres Gesicht zeigen. Wie können Sie es wagen, meinen Vater zu erpressen!"
     Un-yong, die hinter ihrem Vater mit verschränkten Armen stand und den Mann die ganze Zeit über scharf angeblickt hatte, begann auf einmal zu schreien. Alle erschraken, nur der junge Mann war die Ruhe selbst. Unbeeindruckt lächelte er und blickte in die Runde.
     "Sie müssen die jüngere Tochter sein. Schon als ich in die Tür trat, hießen Sie mich in Ihrer besonderen Art willkommen. Sie haben kluge und hübsche Töchter, Herr Professor."
     Als er sah, wie der Blick des jungen Mannes die reife Figur von Kum-yong streifte, schrumpfte sein Mut schlagartig auf die Größe einer Erbse zusammen, und er machte seiner Frau mit den Augen Zeichen.
     "Ins Zimmer ..."
     eine Frau verstand und wollte ihre beiden Töchter an den Handgelenken hinausziehen. Un-yong aber wandte sich an ihre Schwester und sagte mit einem Seitenhieb auf den Fremden:
     "Einen armen Studenten, der sein Studium selbst finanzieren muss, habe ich mir ganz anders vorgestellt. Schäbig, aber der da sieht richtig gut genährt aus, nicht wahr, Kum-yong? Wie eine fette Raupe, die in einem reichlich gedüngten Garten nur junge Kohlblätter gefressen hat. Wie könnte er sonst überall so ekelhaft rülpsen."
     "Lass uns ins Zimmer gehen."
     Obwohl ihre Mutter sie drängte, tobte Un-yong weiter.
     "Ich will nicht! Ich werde hier bleiben und mit meinen eigenen Ohren hören, was für ungeheure Lügen dieser Mensch ausbreitet, und ihm beweisen, dass er im Unrecht ist. Lass mich!"
     Nachdem Un-yong von ihrer Mutter und ihrer Schwester gewaltsam hinausgezogen wurde, war es im Wohnzimmer wieder still. Die beiden Männer waren allein.
     "Sie sind sicher glücklich, so süße und gewitzte Töchter zu haben."
     "Ich wollte nicht, dass es laut wird. Nun können wir in Ruhe reden."
     "Ja. Lassen Sie uns die Angelegenheit schnell hinter uns bringen. Haben Sie über mein Angebot nachgedacht?"
     "Habe ich."
     "Ah, vielen Dank. Ich wusste, dass Sie sich schließlich kooperativ zeigen werden."
     "Zieh keine voreiligen Schlüsse, und hör mir gut zu. Als erstes solltest du wissen, dass ich auf deine lächerliche Erpressung nicht eingehen werde. Daher lehne ich auch deine Forderung restlos ab. Ich könnte mir sonst niemals verzeihen. Du solltest zur Vernunft kommen und mit diesen Drohgebärden und dem arroganten Gehabe aufhören. Wenn du deine Maske fallen lässt und ehrlich bist, dann werde ich dir entgegenkommen. Ich werde mich..."
     "Einen Augenblick, Herr Professor. Sie sprechen von einer Maske. So etwas gibt es bei mir nicht. Meines Erachtens sind Sie es, der sich weigert, die Maske abzulegen und ..."
     "Moment mal. Bist du dir sicher, dass hier keine Verwechselung vorliegt?"
     "Verwechselung? Auf keinen Fall. Dr. Song Bom-sop, eine Koryphäe der Biowissenschaften, besonders der Biometrie, berühmter Professor, der von seinen Studenten hoch verehrt wird, ein passionierter und erfahrener Bergsteiger und namhafter Essayist, der gerne Aufsätze schreibt, in denen Pflanzen auf Hochgebirgen mit Menschen verglichen werden - nun, was sagen Sie dazu? Ich denke, dass ich gerade dieser Person gegenübersitze."
     "Du finanzierst dein Studium selbst, sagtest du. Wo studierst du?"
     "Es ist nicht wichtig, an welcher Universität ich studiere. Hier geht es um Sie, um Ihr Geheimnis, meinen Sie nicht auch?"
     "Ich gebe dir noch einmal den guten Rat. Leg deine Maske ab und sei ehrlich. Benimm dich wie ein Student. Dann bin ich bereit, dir zu helfen. Ich habe mit meiner Frau darüber gesprochen. Wenn du ein Problem hast, für dessen Behebung du dringend 100.000 Won benötigst, zum Beispiel für die Studiengebühren oder die Miete, dann kann ich dir ein wenig unter die Arme greifen. Hast du mich verstanden?"
     Da grinste der junge Mann belustigt.
     "Genau wie Ihr Freund. Herr Professor, Sie reden genauso wie Ihr Freund. Auch dieser Herr verhielt sich zunächst wie Sie. Er sagte, er würde mir helfen, wenn ich die Wahrheit sagte."
     "Von wem sprichst du?"
     "Hat er Ihnen nichts erzählt? Hat Professor Bak Dschin-goan Ihnen nichts erzählt?"
     "Was?"
     Professor Song richtete seinen Oberkörper, der bequem im Sessel vergraben lag, ruckartig auf.
     "Soll das etwa heißen, dass Professor Bak von dir hintergangen wurde?"
     "Das ist nicht die richtige Formulierung. Vielmehr sollten wir von einer Taufe sprechen. Denn indem er seine Fehler bekannte, die er in der Vergangenheit begangen hatte und die ihm für die kleine Summe von 100.000 Won vergeben wurden, ist er als neuer Mensch wiedergeboren. Wenn Sie mir erlauben, dann möchte ich noch sagen, dass unter denen, die von mir getauft wurden, außer Professor Bak noch Professor Kim Sung-il war, den Sie sicher auch kennen."
     Der junge Mann lächelte vergnügt und machte ein Gesicht wie ein Frechdachs, als wollte er zu dem Professor sagen: "Ätsch, bätsch".
     "Es kann doch nicht wahr sein, dass Professor Bak und Professor Kim ihre Vergangenheit mit Geld erkauft haben. Das sind Männer von Charakter..."
     Der Professor stieß unwillkürlich einen tiefen Seufzer aus. Dann schüttelte er den Kopf, als könne er es auf keinen Fall glauben. Sie waren alle gut miteinander vertraut. Diese Männer waren intelligente und wissenschaftlich angesehene Freunde von ihm. Dass sie aber auch kein Wort darüber fallen ließen. Der Professor begann sehr unruhig zu werden. Der junge Mann öffnete die neumodische Tasche und holte einen dicken Umschlag heraus.
     "In diesem Umschlag sind die Beweise. Hier sind ein paar Einzelheiten aus Ihrer Vergangenheit aufgezeichnet. Das meiste sind Berichte, die wie Zeitungsartikel verfasst sind. Dann sind hier sechs Negative, die diese Berichte untermauern, dann die Abzüge von diesen Negativen. Was tun Sie da!"
     Der junge Mann wehrte den Professor ab, der sich auf ihn stürzte, um den Umschlag an sich zu reißen, und tadelte ihn höflich.
     "Das gehört sich aber nicht. Nun, was werden Sie machen? Sie sollten sich schnell entscheiden."
     Der tugendhafte Bürger Professor Song bereute, kurz seinen Verstand verloren und so leichtfertig gehandelt zu haben. Es bereitete ihm zunehmend Sorgen, dass dieses Verhalten als Geständnis missverstanden werden könnte. Lange starrte er auf den Umschlag, den der junge Mann in der Hand hielt, dann sagte er kalt:
     "Nein. Ich lehne ab!"
     "Wie bedauerlich. Von Anfang an hatte ich nicht vor, Ihre Zustimmung einzuholen. Ich kam nur her, um mir verdientermaßen meine Bemühungen entschädigen zu lassen. Dann gehe ich davon aus, dass unsere Verhandlungen gescheitert sind, und verlasse Sie jetzt."
Der junge Mann steckte den Umschlag wieder in die Tasche. Dann erhob er sich von seinem Sitz und ging geradewegs zur Tür des Wohnzimmers. Obwohl er keinen Erfolg erzielt hatte, waren seine Schritte so beschwingt, als würde er gut gelaunt pfeifend von dannen ziehen. Bedauern oder Ärger waren ihm nicht anzumerken. Als seine Hand den Griff der Tür berührte, stand der Professor erschrocken auf.
     "Junger Mann!"
     "Bitte verzeihen Sie, dass ich Sie gestört habe. Nächste Woche sollten Sie irgendeine Wochenzeitschrift kaufen. Dort wird ein Bericht über Sie zu lesen sein. Auf Wiedersehen."
     "Halt! Junger Mann, halt!"

Teil 3