Zbigniew Herbert

Zbigniew Herbert: Gesammelte Gedichte

Cover: Zbigniew Herbert: Gesammelte Gedichte
Suhrkamp Verlag, Berlin 2016
ISBN 9783518424766
Gebunden, 663 Seiten, 49,95 EUR

Klappentext

Herausgegeben Ryszard Krynicki. Aus dem Polnischen von Henryk Bereska, Karl Dedecius, Renate Schmidgall, Klaus Staemmler und Oskar Jan Tauschinski. Mit einem Nachwort von Michael Krüger. Zbigniew Herbert hat Lyrik nie als bloße Wortkunst verstanden. Von der "nackten Poesie", den kargen Versen des Debütbandes "Lichtsaite" (1956), bis zum "Bericht über eine belagerte Stadt" (1983) spricht er von der Zerbrechlichkeit des Menschen und der Übermacht einer gewaltverfallenen Geschichte. Doch nicht die Klage bestimmt den Ton, denn Herbert verfügt über eine Vielzahl von Tonlagen und Formen, vom ironischen Epigramm bis zum erzählenden Poem. Unter den Gestalten, die in seinen Rollengedichten auftreten, ist auch "Herr Cogito", ein Verwandter von Valérys "Monsieur Teste", der sich auf die Kunst versteht, Schmerz und Ratio miteinander zu verschmelzen. Hermes, Hund und Stern, Studium des Gegenstandes, Inschrift und weitere sechs Gedichtsammlungen, die Zbigniew Herbert zwischen 1956 und 1998 veröffentlicht hat, erscheinen hier erstmals vollständig und in ihrer ursprünglichen Gestalt und Reihenfolge. Mehr als hundert Gedichte wurden noch nie ins Deutsche übersetzt. Ein neuer Flügel im Museum der modernen Poesie ist eröffnet.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.04.2017

Felix Philipp Ingold hält den gesammelten Zbigniew Herbert für weniger überzeugend als den in schmalen Bänden zu lesenden. Die kleine Portion harmoniert einfach besser mit Herberts lockerem Konversationsstil, findet Ingold. In geballter Form wirken Herberts leichte Intonation und seine impressionistischen durchaus auch mal stilistisch nicht ganz sauberen Momentaufnahmen auf den Rezensenten strukturell wie emotional nur wenig intensiv. Bei aller Ehre, die dem Herausgeber und den Übersetzern für ihre Vermittlungsarbeit gebührt, meint Ingold.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.04.2017

Für den Rezensenten Pete Hamm gehören Zbigniew Herberts Gedichte zu den wenigen Nachkriegswerken, die das Prädikat "Weltliteratur" verdienen. Entsprechend erfreut ist der Kritiker über diesen von Ryszard Krynicki herausgegebenen Band mit "Gesammelten Gedichten" des polnischen Lyrikers, den Hamm für seine "Grazie", die gedankliche Schärfe, Anschauungskraft und seine "Menschen- und Weltzugewandtheit" schätzt. Und so taucht Hamm hingerissen in das lyrische Werk des Dichters, das ihm von den kleinen Dingen ebenso wie von den großen Fragen nach Gut und Böse, Treue und Verrat, Schuld und Vergebung erzählt, und laut Rezensent hinreißende Reiseskizzen und Gedichte über Mythen und antike Figuren ebenso enthält wie jene Stücke, die Herbert unter dem Pseudonym "Herr Cogito" verfasste und in denen er ironisch-philosophisch über Entfremdung, Leiden, Träume, die Hölle oder die "Zumutungen der Welt" sinniert. Ein reines "Bekenntnis zur Schönheit", frei von jeglicher Vulgarität, lobt der Rezensent, der in diesem vorzüglich gestalteten Band nur einen Anmerkungsapparat vermisst.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.01.2017

Diese Edition ist ein "Ereignis", jubelt Rezensent Jürgen Verdofsky. Begonnen natürlich bei den erstmals vollständig auf Deutsch vorliegenden Gedichten Zbigniew Herberts, den der Kritiker in einem Atemzug mit den polnischen Nobelpreisträgern Czeslaw Milosz und Wislawa Szymborska nennt: Herberts Gedichte erzählen bildreich und unkonventionell vom Überleben der Invasion der Deutschen in Polen, von der sowjetischen Besatzung und Vertreibung, aber auch vom Reisen als "ritueller Akt", erklärt der Rezensent. Mit der Übersetzung der Gedichte ist der Kritiker sehr zufrieden, vor allem aber lobt er Michael Krügers umsichtiges Nachwort, das brillant von Herberts "Schweben" durch den fremden Westen erzählt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.12.2016

Nico Bleutge freut sich über diese von Ryszard Krynicki besorgte Ausgabe von Zbigniew Herberts Gedichten. Die gut 400 Texte geben Bleutge einen Eindruck vom Ringen zwischen Gedanken und Fantasie bei dem großen polnischen Lyriker. Wie Herbert in den Gedichten immer wieder den Gedankenprozess beschreibt, ob mit Hilfe seines lyrischen Stellvertreters Herrn Cogito oder als verdichtete Philosophie, wie er sein poetisches Denken aus dem Vers heraus entwickelt, dabei Form und Inhalt zur Deckung bringend, hat den Rezensenten beeindruckt. Ruhe und Unruhe, Ich und Welt, Schöpfung und Auflösung, darum geht es laut Bleutge immer wieder. Einen Kommentarteil vermisst Bleutge, weil sich nicht jede Anspielung, jeder Name in den Texten für ihn erschließt, ebenso eine Auswahl der Originale, und sei es nur, um die vom Rezensenten konstatierte Qualität der Übersetzungen zu bestätigen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.12.2016

Harald Hartung begrüßt die deutsche Version eines Lebenswerks. Auf eine verlässliche Ausgabe der Gedichte Zbigniew Herberts hat er lange warten müssen. Übertragen von fünf namhaften Übersetzern, bietet ihm der Band rund 400 Gedichte in ursprünglicher Chronologie, 144 davon erstmals auf Deutsch. Einigermaßen entsetzt stellt Hartung fest, dass die bisher verfügbaren Bände unvollständig oder redigiert waren. So kommt Hartung in den ungetrübten Genuss von Herberts poetischer Persona des Herrn Cogito, aber auch in den der letzten Texte voller Frömmigkeit im Alltäglichen.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 19.11.2016

Für Herbert Wiesner gehört Zbgniew Herbert zu den großen modernen Dichtern Polens. Umso mehr freut sich der Kritiker, dass nun ein Band mit immerhin 144 gesammelten Gedichten auf Deutsch vorliegt, der Herberts wunderbare Mischung aus Gelassenheit und Selbstironie widerspiegelt. Mit Renate Schmidgalls Übersetzung scheint der Rezensent zufrieden, auch die editorische "Nachbemerkung" des Verlegers Ryszard Krynicki und das "persönliche" Nachwort von Michael Krüger liest er mit Gewinn. Allerdings muss Wiesner gestehen, dass gerade Krügers Text zu knapp ausfällt: Der Rezensent hätte nicht nur gern mehr über Herberts Biografie erfahren, sondern vermisst auch zeitgeschichtliche Hinweise, die das Verständnis der Gedichte oftmals erleichtert hätten.