Viktor Pelewin

Die Dialektik der Übergangsperiode von Nirgendwoher nach Nirgendwohin

Roman
Cover: Die Dialektik der Übergangsperiode von Nirgendwoher nach Nirgendwohin
Luchterhand Literaturverlag, München 2004
ISBN 9783630871721
Gebunden, 352 Seiten, 22,50 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen von Andreas Tretner. Stepan Michailow ist ein Glückskind und als mehrfacher Bankengründer ein gemachter Mann. Sein enormer Erfolg in Spekulationsdingen speist sich aber nicht etwa aus der gründlichen Kenntnis ökonomischer Vorgänge. Stepan ist vielmehr ein Meister der Zahlenmystik, er hat zudem ein sicheres Händchen in der Auswahl seiner tschetschenischen Leibwächter, und: Er hört auf den Rat seines Gurus, der ebenso bewandert ist in den neuesten buddhistischen Strömungen wie in den Vertriebsstrategien von Manga-Pornos. Die 34 ist Stopja als Glückszahl verheißen, mit 43 aber soll ihn das Unglück ereilen, und das kommt prompt in Gestalt des plötzlichen Konkurrenten Firkin. Doch weil ein echter Kapitalist so schnell nicht aufgibt, steuert alles auf den großen Showdown zu.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.11.2004

Nach Auffassung der Rezensentin Sonja Zekri ist der in Russland kultisch  verehrte Skandalautor Viktor Pelewin mit dieser Sammlung von Texten, die ihrer Meinung nach die Bezeichnung Roman nicht verdienen, gescheitert. Sie empfindet seinen neue Arbeit als "personalintensive Endzeit-Kleinkunst" und als "Esoterikkitsch", dessen geringstes Makel ist, dass er "schmerzhaft öde" ist. Allerdings ist selbst sein Scheitern in den Augen der Rezensentin nicht ohne Erkenntnisgewinn: "Es ist nämlich höchst aufschlussreich, dass hier ein prominenter russicher Literat erneut ein Welterklärungsmodell versucht, eine schlüssige Deutung des Woher und Wohin". Hin und wieder gibt es zwar einen Moment, wo er, wie in seinem grossen Werk "Generation P", mit Klarsicht die "beiläufigen Ungeheuerlichkeiten des russischen Alltags" kommentiert. Doch von diesen Momenten gibt es zu wenige.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 11.11.2004

Auf einen Literaturtrip, bei dem "alles Kiffen nichts hilft", begibt sich nach Meinung von Rezensent Christoph Keller jeder Leser des neuen Buchs von Viktor Pelewin. Das "wilde Textsammelsurium", dessen Genrebezeichnung "Roman" glatter "Etikettenschwindel" sei, betrachtet der Kritiker als Verlegenheitswerk. Das Buch umfasst ein Gedicht, einen "unausgegorenen" Roman, eine Novelle und zwei Erzählungen und ist alles in allem "so simpel wie salopp heruntergespult." Besonders das Herzstück, die romanhafte Erzählung findet der schwer enttäuschte Rezensent bestenfalls "herkömmlich". Pelewin gelinge es mangels "schriftstellerischer Kraft" nicht, seine Theorie - alles im Leben wird von Zahlen bestimmt - in eine Erzählung umzusetzen.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.10.2004

Der russische Starautor Wladimir Kaminer bespricht den russischen Starautor (die "lebende Legende") Viktor Pelewin und empfiehlt dessen neues Werk "Die Dialektik der Übergangsperiode von Nirgendwoher nach Nirgendwohin". Kaminer empfiehlt das Werk, obwohl ihm dazu nichts Neues einfällt, wie er sagt; auch "Die Dialektik" befasst sich mit der "Tragödie des Lebens", handelt die vertrauten Themen ab, wie Kaminer schreibt: "Zen, psychedelische Drogen, das Internet, Massenmedien, Veränderungen des Bewusstseins und die Entwicklung des wilden Kapitalismus in Russland". Und überdies ist "Die Dialektik" wieder eine Reflexion über die unendliche Trostlosigkeit der Realität und die zu vermutende Trostlosigkeit aller denkbaren Parallel- und Jenseitsrealitäten. Pelewins Buch besteht aus einer "Elegie 2", einem wissenschaftlichen Aufsatz, einem Roman und zwei bis drei Erzählungen (Kaminer legt sich da nicht so ganz genau fest), was jedoch alles zusammen gehört, und vor allem hat der Übersetzer Andreas Tretner (der allerdings offenbar nicht alle Texte übersetzt hat), einen sehr guten Job gemacht - es ist ihm nämlich gelungen, schreibt Kaminer, das Werk des russischen "man in black" noch zu verbessern: "innovativ und durchgeknallt".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.10.2004

Viktor Pelewin setzt auf sein bewährtes Rezept: die groteske Wirklichkeit Russlands wird in nicht weniger groteske Sätze gebracht, die mal lakonisch, mal geschwätzig, oft zynisch den "Homo sapiens postsovieticus" in seinen moralischen oder vielmehr amoralischen Verstrickungen vorführen, erläutert Rezensent Uwe Stolzmann. Geld und die Regeln des neurussischen Marktes spielen dabei natürlich eine Hauptrolle, weshalb die Hauptfigur von Pelewins neuem Roman gleich eine Bank gründet, was ihm ein kompliziertes Leben zwischen Geheimdienst, Mafia und dem brutalen Kapitalismus stalinistischer Prägung beschert, soweit Stolzmanns Zusammenfassung des Romangeschehens. Der Rezensent kann sich des Verdachts nicht erwehren, dass Pelewin sich selbst kopiere: Er schreibe eigentlich nur an einer Neuauflage seines erfolgreichen Buchs "Generation P", wobei auch "Die Dialektik der Übergangsperiode," gesteht Stolzmann, gelegentlich zu Hochform aufläuft und "skurrile Metaphern von hoher Treffsicherheit" produziert. Vermutlich ist die Selbstkopie Pelewins auch nur ein Trick, witzelt Stolzmann, denn was bedeuteten schon Urheberrechte in Moskau? Vielleicht sei "Die Dialektik der Übergangsphase" eine einzige große Metapher auf das neue Russland - in Stolzmanns Augen allerdings "etwas blass" geraten.