V.S. Naipaul

Abschied von Eldorado

Eine Kolonialgeschichte
Cover: Abschied von Eldorado
Claassen Verlag, München 2001
ISBN 9783546003131
Gebunden, 240 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Kathrin Razum und Bettina Mönch. Abschied von Eldorado ist der Versuch, sich dem Schauplatz seiner eigenen Geschichte und damit seiner Vergangenheit anzunähern. Denn Trinidad kam zweimal sehr heftig mit der Historie in Berührung: bei der Suche nach dem sagenhaften Eldorado, das man im 16. Jahrhundert irgendwo in Südamerika vermutete, und bei der britischen Eroberung von Trinidad, der die Gründung einer Sklavenkolonie folgte. V. S. Naipaul hat akribisch historische Quellen studiert und die darin enthaltenen Figuren und Ereignisse als lebendige Teile seiner karibischen Heimatinsel vorgestellt. Abschied von Eldorado ist eine Kolonialgeschichte, die von der Ausrottung der Ureinwohner, von brutalster Sklaverei, Fremdherrschaft und Revolution erzählt. Und es ist ein biografisch motiviertes Buch...

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.08.2002

Schon früh verließ der Literaturnobelpreisträger V. S. Naipaul seine Heimat Trinidad, um in England ein besseres Leben führen und von dort seine Familie unterstützen zu können, weiß Georg Sütterlin. In diesen Tagen feiert der Schriftsteller seinen siebzigsten Geburtstag - ein Grund für den Rezensenten, eine ganze Reihe soeben im Deutschen erschienener Werke zu besprechen. "Abschied von Eldorado" ist für Sütterlin der "stärkste" Ausdruck von Naipauls Auseinandersetzung mit seiner Heimat. Auslöser für diese "historische Recherche" sei der Auftrag eines Verlages gewesen, für einen Reiseführer einen Text über die Insel vor der Küste Venezuelas zu schreiben. Schnell musste Naipaul feststellen, berichtet der Rezensent, dass es keine Geschichte Trinidads gibt, allenfalls eine "Kolonialgeschichte", die bei Naipaul im Jahr 1595 beginnt und um 1800 "kulminiert", als in London die Folter an einer Mulattin vor Gericht verhandelt wurde. Der Bericht zeichnet insgesamt, so Sütterlin, ein Bild der "Trostlosigkeit" und der "Gewalt", nämlich die nicht untypische Geschichte der Europäer, eine Insel zu unterwerfen, deren Bewohner zu vernichten und eine "auf Profit zielende Gesellschaft" zu gründen, in der Menschen zur Ware degradiert würden, denkt der Rezensent. "Abschied von Eldorado" lässt sich denn auch als "Beitrag zum Verständnis der Dritten Welt" verstehen, ist Sütterlin Überzeugt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 21.02.2002

Eine Zumutung ist das! Susanne Mayer meint das allerdings nicht wirklich, meint es nicht ohne eine gewisse Sympathie für das "Unterfangen von grandioser Vergeblichkeit", das dieses bald vierzig Jahre alte Buch des Nobelpreisträgers Naipaul für sie darstellt. Dem angehäuften Material - Dokumente, Erzählungen, Briefe, Gerichtsakten - steht sie zunächst staunend gegenüber, wenn sie aus der Lektüre auch mit keinem klaren Bild der Geschehnisse herauskommt, wie sie schreibt. Alles, was ihr der Autor mit seiner ausufernden "Kolonialgeschichte" zu vermitteln vermag, ist die Aberwitzigkeit und Wiederholbarkeit des "Possenspiels" der Kolonisierung. Darüber schreibe der Autor mit Ingrimm und unter bewusster Auslassung der üblichen Nationalhelden wie Sir Walter Raleigh und anderer. Auf der Bühne, so Mayer, stünden dafür die Sklaven. Mit ihnen halte Naipaul "den Herrenmenschen ein halbes Jahrtausend später den Spiegel ihres Versagens" vor. Dass dabei "nur ein halbes Geschichtsbuch" herauskommt - "kaum eine Szene ist ausgebildet, keine Epoche präzise umrissen, selten eine Entwicklung präzise nachgezeichnet" - fast scheint es, als hätte die Rezensentin Verständnis dafür.