Tahar Ben Jelloun

Der letzte Freund

Roman
Cover: Der letzte Freund
Berlin Verlag, Berlin 2004
ISBN 9783827005564
Gebunden, 157 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Christiane Kayser. In Tanger - einer kosmopolitischen Stadt und internationale Zone - begegnen sich in den 50ern zwei Jungen, der eine aus Fes - der fast noch mittelalterlichen Stadt - und der andere - Einheimischer. Eine Freundschaft entsteht, gemeinsame Schulzeit im Algerienkrieg, gemeinsam erfahrene Leiden unter der politischen Repression, im militärischen Erziehungslager, in dem einer dem andern das Leben rettet. Diese Freundschaft übersteht alle Trennungen ihrer Lebenswege - sie dauert drei Jahrzehnte. Bis der eine unrettbar an Krebs erkrankt und es dem Freund verschweigt. Beide - Ali und Mamed - erzählen jeder seine Version der Geschichte und es ist, als ob sie nicht dieselbe erlebt hätten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.05.2005

Enttäuscht äußert sich Verena Mayer über den jüngsten Roman des in Paris lebenden marokkanischen Autors Tahar ben Jalloun. Er erzählt die Geschichte einer Männerfreundschaft, die am Ende ohne sichtlichen Grund zerbricht, stellt Mayer das Buch vor und lästert am Ende, wahrscheinlich seien Männerfreundschaften wohl "auf der ganzen Welt gleich schlicht". Der Roman sei wie eine antike Tragödie gebaut, charakterisiert ihn Mayer; unterteilt in drei Blöcke, berichte jeweils einer der Beteiligten beziehungsweise am Ende ein gemeinsamer Freund aus der Ich-Perspektive das Geschehen, das Mayer als zugleich archaisch wie statisch empfindet. Die monologische Struktur verleihe dem Text eine Bedeutungsschwere, die zu ihrem Bedauern keine inhaltliche Entsprechung findet. Echtes Konfliktpotenzial sieht Mayer ausgespart, so die Kluft zwischen Nordafrika und Europa, Stadt und Land, stattdessen sei das ganze mit einer existenzialistisch anmutenden Theorie unterlegt, die auf eine so banale Erkenntnis herausläuft, dass es halt verschiedene Sichtweisen gebe. Das ist Mayer zu dürftig.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.12.2004

Ein Buch der "holzschnittartig" entworfenen Identitäten, der individuellen und kollektiven - nein, Sabine Peters ist überhaupt nicht zufrieden damit, wie Tahar Ben Jelloun ein Thema behandelt, das sie eigentlich ziemlich interessant findet: die Männerfreundschaft. Sie beklagt sich über die beiden gegeneinander gestellten Monologe, die eine simple Botschaft vermitteln: Es gibt zwei Versionen derselben Geschichte. Ali und Mamed sind seit ihrer Schulzeit eng befreundet, haben Geheimnisse geteilt und politische Kämpfe bestanden, haben sich gegenseitig das Leben gerettet und haben sich nie aus den Augen verloren, auch nicht, als einer der beiden Marokko verließ und nach Schweden ging (Thema Exil und "Identitätsbruch"). Dann erkrankt Mamed und verschweigt Ali, dass er bald sterben wird; stattdessen bricht er kurz vor seinem Tod einen trennenden Streit vom Zaun. Warum, fragt sich die Rezensentin? "Ob es der Autor weiß?" Doch am Ende bereinigt ein Brief alles Unstimmigkeiten und stellt die Harmonie wieder her - allzuviel Harmonie. Bezahlt mit Klischees über Männerfreundschaft und nationale Identität.