Simon Reynolds

Rip It Up And Start Again - Schmeiß alles hin und fang neu an

Postpunk 1978 - 1984
Cover: Rip It Up And Start Again - Schmeiß alles hin und fang neu an
Hannibal Verlag, München 2007
ISBN 9783854452706
Gebunden, 600 Seiten, 29,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Conny Lösch. Mit s/w-Fotos im Text und Farbfotos auf 8 Tafeln.
Im Sommer 1976 explodierte Punk - und zwei Jahre später waren nur noch Rauchwolken und ein Häufchen Asche übrig. Johnny Rotten fragte beim letzten Konzert der Sex Pistols spöttisch ins Publikum: "Schon mal das Gefühl gehabt, verarscht worden zu sein?". Damit brachte er die Enttäuschung und Verbitterung vieler Protagonisten und Fans der folgenreichsten Kulturrevolution der Siebzigerjahre auf den Punkt. Hier setzt Simon Reynolds an. In "Rip It Up And Start Again" nimmt er jene Musikergeneration unter die Lupe, für die das Ende von Punk ein Anfang war. Viele von ihnen hatten die Kunsthochschule besucht und kannten sich nicht nur in Musik, sondern auch in Literatur, Philosophie und Theater aus. Anders als die Punks vor ihnen fürchteten sie sich nicht vor tanzbaren Grooves, hatten keine Angst vor Synthesizern und scheuten einzig und allein die Konventionen des Rock. Sie wollten sich keiner Bewegung unterordnen, sondern bildeten ihre jeweils eigene.
Während die Politik weltweit nach rechts rückte und das Orwell-Jahr 1984 bedrohlich nahe rückte, verweigerten sich die Vertreter des Postpunk der rockistischen Herz-Schmerz-Lyrik und beschrieben die Trostlosigkeit der ehemals blühenden Industriestädte. Sie wetterten gegen Rassismus oder besangen Jacques Derrida. Indem sie sich nicht nur auf die Musik beschränkten, gelang ihnen der Entwurf einer echten Gegenkultur: Sie organisierten sich selbst und setzten den Do-it-Yourself-Gedanken endlich in die Tat um. Bands und Fanzines schossen wie Pilze aus dem Boden; es entstand ein Netzwerk aus unabhängigen Studios, Labels und Vertrieben. Simon Reynolds behauptet daher: Das Versprechen von Punk wurde erst im Postpunk eingelöst. Doch auch einem neuen Begriff von Pop wurde der Weg geebnet. Bands, die einst in der Absicht angetreten waren, das kommerzielle System von innen zu verändern, gingen im Mainstream auf, und der Erfolg ließ ihre Träume platzen.
Reynolds stellt Bands und Musiker vor, die auf ganz unterschiedliche Weise das Rad der Musikkultur neu erfanden: Public Image Limited, The Buzzcocks, Devo, Pere Ubu, The Pop Group, The Slits, Scritti Politti, Gang Of Four, Joy Division, Wire, Talking Heads, The Fall, Robert Wyatt, The Specials, Cabaret Voltaire, Throbbing Gristle, The Human League, ABC, Art Of Noise und Frankie Goes To Hollywood - um nur einige zu nennen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.11.2007

Gern lässt sich Wolfgang Frömberg von einem popkulturell versierten Autor, wie Simon Reynolds die "vielen losen Enden" und Subkategorien des Postpunk auseinanderklamüsern. Frömberg lobt die "scharfzüngigen Analysen" und genießt ohne Langeweile Reynolds Darstellung der "Role models" der Ära und der Wandlung des Johnny Rotten. Angenehm erscheint ihm Reynolds konsequente "Verachtung jeglichen Männlichkeitswahns". Seine allen Dichotomien des Themas trotzende kulturoptimistische Perspektive hält er allerdings für etwas zu freundlich, wenn es um vom Postpunk profitierende Retro-Bands geht.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.09.2007

Postpunk - was soll das sein? Alle Musik nach Punk? Und wann war Punk überhaupt zu Ende? Das alles fragt sich Rezensent Adam Olschewski zu Beginn der Lektüre. Danach ist er bereit, den Begriff "Postpunk" zu akzeptieren. Für den englischen Popkritiker markieren die Jahre 1978 und 1984 die Grenzen, lesen wir. In diesen Jahren wurde experimentiert, es war die Zeit als "Pop entscheidend in Vielfalt explodierte", wie Olschewski schreibt. 1984 setzte dann die Wende vom Futurismus zum Retro ein. Der Rezensent findet das offenbar nicht nur überzeugend, auch die Mischung des Materials hat ihm sehr gut gefallen. Reynolds liefere "eine fast perfekte Mischung" aus persönlichen Einblicken und recherchiertem Material. Das die eine oder andere Lieblingsband fehlt - Violent Femmes, Prefab Sprout - kann Olschewski dann auch ganz gut verschmerzen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.08.2007

Punk war nicht interessant oder gar revolutionär - dafür war er zu beschränkt. Erst im Postpunk haben Bands wie Pere Ubu, Throbbing Gristle oder PIL wirklich etwas Neues gemacht. Das hat Rezensent Felix Denk aus Simon Reynolds' "minuziös recherchiertem" Buch über die Musik der Jahre 1978 bis 1984 gelernt. Reynolds, ein britischer Musikjournalist, hat sich vor allem auf England konzentriert und 128 Interviews für das Buch geführt. Noch die kleinsten Aspekte der damaligen Nischen-Ökonomien behandelt er, vermerkt dankbar der Rezensent: ob Plattenläden, Kassettenlabel oder Fanzines. Lediglich die zwei Kapitel über New York findet Denk "etwas dünn" geraten.
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