Sasa Stanisic

Vor dem Fest

Roman
Cover: Vor dem Fest
Luchterhand Literaturverlag, München 2014
ISBN 9783630872438
Gebunden, 320 Seiten, 19,99 EUR

Klappentext

Es ist die Nacht vor dem Fest im uckermärkischen Fürstenfelde. Das Dorf schläft. Bis auf den Fährmann - der ist tot. Und Frau Kranz, die nachtblinde Malerin, die ihr Dorf zum ersten Mal bei Nacht festhalten will. Ein Glöckner und sein Lehrling wollen die Glocken läuten, das Problem ist bloß: die Glocken sind weg. Eine Füchsin sucht nach Eiern für ihre Jungen, und Herr Schramm, ein ehemaliger Oberst der NVA, kann sich nicht entscheiden, ob er Zigaretten holen soll oder sich in den Kopf schießen. Alle haben sie eine Mission. Alle wollen sie etwas zu Ende bringen, bevor die Nacht vorüber ist. Keiner von ihnen will den Einbruch ins Haus der Heimat beobachtet haben. Das Dorfarchiv steht aber offen. Doch nicht das, was gestohlen wurde, sondern das, was entkommen ist, quält die Schlaflosen. Die Nacht gebiert Ungeheuer: Alte Geschichten und Erinnerungen, Mythen und Märchen, sind ausgebrochen und ziehen mit den Menschen um die Häuser.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 13.03.2014

Wie sich aus einem kleinen Dorf im Brandenburgischen ein funkelnder Romanschauplatz machen lässt, lässt sich Rainer Moritz von Saša Stanišić vorführen. Episoden zwischen Tragik und Komik entwirft der Autor laut Rezensent und für jeden Einzelnen des dörflichen Chores eine Stimme. Hinter Stanišićs Realismus aus überlieferten Mythen und Historie leuchtet für Moritz immer wieder etwas Magisches auf. Ein Hühnerfachmann, eine Heimatmuseumsleiterin im physischen Ausnahmezustand und eine Garagenbar bekommen so für den Rezensenten etwas Unverwechselbares. Der Autor aber erweist sich für Moritz erneut als lustvoller wie recherchebegabter Erzähler.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 12.03.2014

Rezensent Christoph Schröder weiß nicht so recht, ob er Saša Stanišić ankreiden soll, dass der Autor ganz genau weiß, wie gut er ist, und damit auch nicht hinterm Berg hält. Am Ende entscheidet sich Schröder für ein klares Nein. Denn "Vor dem Fest" ist ein großartiger Roman, sowohl eine "historische Tiefenbohrung" ins sechzehnte Jahrhundert als auch eine "konkrete Bestandsaufnahme ostdeutscher Befindlichkeit", fasst er zusammen. Es geht um ein Dorf in der Uckermark: es gibt einen alten Spitzel, einen alten Förster, eine alte Malerin. Junge Leute gibt es kaum, verrät der Rezensent. Einen Neonazi gibt es, genau einen. Dieses Kaff und seine Bewohner schildert Stanišić mit so viel Humor und Sympathie, dass gar nicht mehr wichtig ist, wie viel Wahres nun eigentlich hinter diesem literarischen Realismus steckt, lobt Schröder.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.03.2014

Dieses Buch funkelt. Jedenfalls in den Augen von Cornelia Geißler, die Sasa Stanisics Dorfgeschichten mit all ihren Umwegen gerne folgt. Nicht nur, weil Umwege hier lohnend sind und angenehm klischeefrei aus den Archiven und Wohnstuben der Menschen im fiktiven Fürstenfelde in der Uckermark berichten, sondern auch, weil der Autor sprachlich überzeugt. Der Ausdrucksreichtum des Autors und sein virtuoses Spiel mit Märchen, historischem Dokument und Anekdote erstaunt Geißler ein ums andere Mal. Dass eine strukturschwache Gegend in einem derart vielschichtigen Porträt aufscheint, passiert nicht alle Tage, findet die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.03.2014

Lange klingt dieser Text in Lothar Müller noch nach. Das liegt vor allem am listigen Autor, der nicht den naheliegenden Berlin-Roman, sondern eine chorisch erzählte Provinzgeschichte geschrieben hat. Das hat er gut hingekriegt, meint Müller, der vor allem dieses "Wir" der chorischen Erzählstimme bewundert, weil es Legenden und alte Chroniken, Volkes Stimme und Wirtshauslang, Lokalnachrichten, Heimatgesang und Familiengeschichten vereint aus diesem Dorf in der Uckermark, in das sich der aus Bosnien-Herzegowina stammende Saša Stanišić eingelebt hat. Trocken, witzig, komisch findet der Rezensenten das, ein Fest für den Leser.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.03.2014

Je öfter er ihn liest, desto großartiger findet Rezensent Andreas Platthaus diesen Roman von Sasa Stanisic, für Platthaus eine mentalitäts- und realgeschichtliche Tiefenbohrung im fiktiven Dorf Fürstenfelde in der Uckermark. Dass es Ähnlickeiten gibt zwischen dem Banat und diesem Dorf, erfährt Platthaus im Gespräch mit dem Autor. Der Rest aber ist erlesen. Wie der Autor Gegenwart und Geschichte und Mythen miteinander verzahnt, einen Chor der Dorfbewohner dirigiert, Speisekarten und Buslinien und Einkaufsweisen beschreibt, das erscheint Platthaus einzigartig und aus einer besonderen Perspektive verfasst, genau derjenigen übrigens, die jüngst so harsch kritisiert wurde. Sehr zu Unrecht, findet Platthaus. Man muss nur dieses Buch lesen, meint er, um zu erkennen, dass eine Dorfgeschichte noch lange keine Provinzliteratur ist.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 06.03.2014

Der Charme von Saša Stanišićs neuem Roman "Vor dem Fest" ist eng mit seiner akribischen Recherchearbeit verbunden, berichtet Verena Auffermann. Ganze vier Jahre lang hat sich der Schriftsteller aus der bosnischen Provinz an die Bewohner eines ehemaligen DDR-Dorfs herangearbeitet, sie mit Ethnologenaugen beobachtet und mit besonderem Blick für das Unzeitgemäße, erklärt die Rezensentin. Das Ergebnis ist eine kunstvolle Sammlung von Geschichten über "die letzten nicht globalisierten Deutschen", die von Stadtmenschen gerne für einen Mythos gehalten werden, die es im "Eldorado am flachen Saum des Wohlstands" aber tatsächlich gibt, wie Auffermann versichert.