Reinhard Kaiser-Mühlecker

Fremde Seele, dunkler Wald

Roman
Cover: Fremde Seele, dunkler Wald
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2016
ISBN 9783100024282
Gebunden, 304 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Alexander kehrt von seinem Auslandseinsatz als Soldat internationaler Truppen in die Heimat zurück. Seine Unruhe treibt ihn bald wieder fort. Sein jüngerer Bruder Jakob führt unterdessen den elterlichen Hof. Als sich sein Freund aufhängt, wird Jakob die Schuldgefühle nicht mehr los. Der Vater fabuliert von phantastischen Geschäftsideen, während er heimlich Stück für Stück des Ackerlandes verkaufen muss. Mit großer poetischer Ruhe und Kraft erzählt Reinhard Kaiser-Mühlecker von den Menschen, die durch Verwandtschaft, Gerede, Mord und religiöse Sehnsüchte aneinander gebunden sind. Es ist die Geschichte zweier Brüder, die dieser Welt zu entkommen versuchen - eine zeitlose und berührende Geschichte von zwei Menschen, die nach Rettung suchen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.10.2016

Wortkarge, einsame Figuren in eher dämmriger Stimmung tummeln sich in Reinhard Kaiser-Mühleckers neuem Roman, berichtet Judith von Sternburg und staunt über den "erdenschweren" Ton, mit dem der Autor alle weiterführenden Einblicke zu verhindern weiß. Beeindruckt bemerkt die Kritikerin auch, mit welcher Radikalitat Kaiser-Mühlecker das Spiel mit der Drosselung betreibt, auch wenn sie gestehen muss, dass es schon bessere Bücher des Autors gab. Schöne Landschaftsbeschreibungen gibt es aber auch hier, verrät die ansonsten eher zurückhaltende Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 15.10.2016

Tim Caspar Boehme möchte nicht tauschen mit der dysfunktionalen Familie in ihrem Elend, in dieser österreichischen Ödnis, die Reinhard Kaiser-Mühlecker laut Boehme dramaturgisch geschickt pointiert und mit Ruhe- und Spannungsmomenten schildert. Allerdings ahnt er, dass er auch nicht allzu weit davon entfernt ist. Weit mehr als ein Familienroman um zwei Brüder auf dem elterlichen Hof scheint dem Rezensenten der Text zu sein, weil der Autor darin das Leben an sich als Gefängnis reflektiert. Die altertümliche Sprache, die er dazu wählt, findet Boehme passend, und die nüchterne Bildlichkeit, die nur zuweilen poetisch wird, lässt ihn ganz nah an das Personal heran.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.10.2016

Rezensent Franz Haas erwartet noch eine Menge mehr von Reinhard Kaiser-Mühlecker als diesen neuen Roman aus den Abgründen der oberösterreichischen Provinz. Einstweilen aber unterhält ihn der Autor mit einem düster umwölkten Bruderpaar, deren Dasein der Autor episodisch spannend, aber in eher behäbiger Sprache in Szene setzt, wie Haas schreibt. Ein bisschen Handke, ein bisschen Bernhard entdeckt der Rezensent, allerdings nicht den Furor des klassischen Antiheimatromans. Dass so vieles rätselhaft bleibt im Text, findet Haas nicht immer befriedigend, und so hält er sich an die tadellos erzählten Textstellen, wo der Autor seine Figuren psychologisch fein und sprachlich lakonisch ausleuchtet.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 06.10.2016

Den Hymnen seiner Kollegen kann Rezensent Burkhard Müller nicht zustimmen. Und so nimmt er den Roman von Reinhard Kaiser-Mühleckers, der von Peter Handke in einem Atemzug mit Stifter und Hamsun genannt wurde und allerorten für seine "edle Schlichtheit" gelobt wird, genüsslich auseinander: Die vom Autor geschilderten ökonomisch-sozialen Verhältnisse auf dem Land findet er unglaubwürdig und geradezu "bizarr", die Inszenierung der Sprachlosigkeit der Dorfbewohner nicht nur veraltet, sondern auch inkonsequent, da sie laut Müller durch den auktorialen Erzähler ad absurdum geführt werde. Schließlich erscheinen dem Kritiker nicht nur die Probleme der Figuren, sondern auch die Sprache des Autors überholt, staubig und "überinstrumentiert".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.09.2016

Helmut Böttiger staunt, wie der junge Autor Reinhard Kaiser-Mühlecker auch in seinem neuen Roman mit aus der Zeit gefallenen Motiven zu spielen weiß. Szenerien, die an Adalbert Stifter erinnern, ein an Turgenjew angelehnter Titel und eine realistische, in langen Sätzen mäandernde Sprache, die dem 19. Jahrhundert entsprungen scheint und sich in das Innenleben der Figuren gräbt, verbinden sich zu einem brillanten Ganzen, schwärmt der Kritiker. Und doch schleicht sich die Gegenwart in diesen doppelbödigen Roman, der die Geschichte zweier Brüder erzählt, die auf einem Bauernhof in einer Familie aufwachsen, in der keiner mit dem anderen spricht und die ihren schicksalhaften Lebensweg getrennt, aber doch in sich spiegelnden Motiven durchlaufen, fasst der Rezensent zusammen. Wie der Autor einschneidende, bisweilen brachiale Ereignisse nur in Andeutungen und einer "Technik der Aussparung" umkreist, verschiedene Handlungsstränge miteinander verknüpft, eine rätselhafte, nicht zu greifende Atmosphäre heraufbeschwört und zugleich konkret von der Denunziation und Sozialkontrolle in einem Dorf erzählt, findet Böttiger ebenfalls "raffiniert".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.09.2016

Rezensent Thomas Thiel schätzt die Art und Weise, wie Reinhard Kaiser-Mühlecker die Welt seiner Figuren in Fragezeichen setzt. Auch der gediegene Ton übt einen Sog auf ihn aus. Die Rückkehr der beiden Protagonisten auf den elterlichen Hof, ihr unbestimmtes Dasein zwischen Gestern und Heute kann ihm der Autor ohne Idyllisierungen glaubhaft vermitteln. Auch wenn sich Thiel anfangs etwas schwer tut mit den vielen Auslassungszeichen im Text, schließlich werden die oberösterreichische Herkunftswelt des Autors sowie ihre Risse für den Rezensenten gut erkennbar, ohne dass Neues und Altes gegeneinander ausgespielt würden. Schöne Naturbilder gibt's obendrein, meint Thiel, nur das Ende scheint ihm wie ein ZDF-Skript (was für Thiel nichts Gutes bedeutet).
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