Paul Lendvai

Über die Heuchelei

Cover: Über die Heuchelei
Paul Zsolnay Verlag, Wien 2024
ISBN 9783552073913
Gebunden, 176 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Der Journalist Paul Lendvai beobachtet seit Jahrzehnten das politische Weltgeschehen und sieht darin eine Konstante: Die Heuchelei. Russlands Krieg, Migration, Klimawandel, Inflation, Trump zum Zweiten? Es herrscht Endzeitstimmung, wieder einmal. Weltweit aktive Geheimdienste und hoch alimentierte Forschungseinrichtungen schaffen es nicht, Antworten auf dramatische Umbrüche des globalen Kräftespiels zu finden. Ja, die sie lenkenden Politikerinnen und Politiker liegen häufig vollkommen falsch. Man denke nur an die Einschätzungen der Entwicklung in Russland und China und innerhalb der EU in Ungarn und Polen. Seit Jahrzehnten beobachtet Paul Lendvai das Geschehen aus unmittelbarer Nähe. Er sieht sowohl die nachlassende Kraft liberaler Ideen als auch die verführerischen Angebote populistischer Autokraten. Konstant bleibt dabei nur eines: die Heuchelei.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.04.2024

Heuchelei wird führenden Politikern ja immer wieder vorgeworfen, weiß Rezensent Stephan Löwenstein. Der mittlerweile 94-jährige Journalist Paul Lendvai geht dem mit seinem breiten journalistischen Erinnerungsschatz auf die Spur. Theoretisch reflektiert wird der Begriff nicht, gibt Löwenstein zu verstehen, Lendvai geht in medias res und schreibt über die Anbiederung der westlichen Linken an die Sowjetunion, "Putins Laufburschen" Schröder, aber auch über Viktor Orbán und Sebastian Kurz als einem "Virtuosen der politischen Heuchelei." Ein Buch, das gerade durch die persönlichen Erinnerungen des Autors lebendig und kurzweilig ist, resümiert der Kritiker.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 18.03.2024

Interessiert bespricht Rezensentin Christine Brinck Paul Lendvais Auseinandersetzung, oder eher Abrechnung, mit der Heuchelei in der Politik. Es geht um diverse Heuchler in diesem Buch, erfahren wir, von Viktor Orban bis Sebastian Kurz, im Zentrum steht der Umgang des Westens mit Autokraten in Osteuropa und Russland. Brinck konzentriert sich in ihrer Besprechung auf Lendvais Ausführungen zur deutschen Russlandpolitik, in der nicht nur Gerhard Schröder, sondern eine ganze Reihe weiterer Sozialdemokraten als Heuchler gebrandmarkt werden, unter anderem auch Egon Bahr, der die fatale Russlandtreue der SPD-Politik vorantrieb. Besser weg komme Joachim Gauck, während andere Akteure wie Klaus Mangold der Russland- und später Orbannähe bezichtigt werden. Wie man den Heuchlern beikommt, lernt Brinck von Lendvai zwar nicht, aber immerhin ist hier einer, der nicht, wie viele andere, belogen werden will.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 26.02.2024

Rezensentin Cathrin Kahlweit ist größtenteils einverstanden mit dem, was sie in Paul Lendvais Buch liest. Der in Ungarn aufgewachsene Autor beschäftigt sich mit der Heuchelei, erfahren wir, die geholfen hat, Autokraten international zu stärken und die Demokratie zu schwächen. Genauer gesagt geht es auch um einzelne Heuchler, fährt Kahlweit fort, um westliche Putinfreunde wie Gerhard Schröder, Populisten wie Viktor Orbán oder Schaumschläger wie Sebastian Kurz. Im Fall von Russland hätte man, da ist sich Lendvai laut Rezensentin sicher, schon viel früher die Gefahr erkennen müssen, deshalb kommt dieses Beispiel im Buch besonders ausführlich vor. Lendvai führt Kahlweit zufolge vor, wie Putinfreunde und -verharmloser von Sahra Wagenknecht über Manuela Schwesig bis Kai Diekmann dem Diktator in die Karten spielen. Ein Gegenmittel hat zwar auch Lendvai nicht parat, gesteht Kahlweit am Ende ein, aber er weist doch immer wieder auf warnende und kluge Gegenstimmen hin, die den Heuchlern Paroli bieten.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 13.02.2024

Der Heuchelei in der Politik und damit zweifellos einem weit verbreiteten Phänomen widmet sich Paul Lendvais Buch laut Rezensent Günter Kaindlstorfer. Die Rezension stellt drei der Beispiele vor, denen sich die neun Essays des Bandes widmen: Wladimir Putin, der sich jahrelang als rationaler Staatsmann ausgab, und sich schließlich als größenwahnsinniger Nationalist entpuppte; Viktor Orbán, der mithilfe zweier jüdischer Berater George Soros in antisemitischer Manier als Feindbild aufbaute; sowie Sebastian Kurz, der Sauberkeit predigte, aber selbst nicht integer arbeitete. Das ist alles unterhaltsam und klug geschrieben - aber ruhig schlafen lässt einen die Lektüre nicht unbedingt, schließt Kaindlstorfer.

Buch in der Debatte

9punkt 13.02.2024
Ungarn habe er für die nächsten Jahre abgeschrieben, sagt der aus Ungarn stammende österreichische Publizist Paul Lendvai, der in seinem aktuellen Buch "Über die Heuchelei" beschreibt, wie Orban die Macht im "vorpolitischen Raum" ausgebaut hat, im großen Welt-Interview mit Marc Reichwein. Die EU habe Orban zu lange gewähren lassen, meint er: "Es gibt Begabungen des Bösen, Viktor Orban, über den ich eine der ersten großen Biografien geschrieben habe, fällt definitiv in diese Kategorie. Es ist eine stille Tragödie für die Ungarn." Unser Resümee