Paul Celan, Gisele Celan-Lestrange

Paul Celan - Gisele Celan-Lestrange: Briefwechsel

1. Band: Briefe. 2. Band: Kommentar
Cover: Paul Celan - Gisele Celan-Lestrange: Briefwechsel
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2001
ISBN 9783518412190
Gebunden, 1200 Seiten, 85,90 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Eugen Helmlé. Herausgegeben und kommentiert von Bertrand Badiou in Verbindung mit Eric Celan Anmerkungen übersetzt und für die deutsche Ausgabe eingerichtet von Barbara Wiedemann. Die 677 Dokumente dieses Briefwechsels aus den Jahren 1951?1970 sind ein einzigartiges Zeugnis. Paul Celan, ein Dichter von großer Diskretion, öffnet sich hier in der privatesten seiner Beziehungen. Anschaulich, wenn auch oft erst im Zusammenhang mit der Kommentierung, werden nicht nur Entstehung und Hintergrund vieler seiner Gedichte. Anschaulich wird sein Verhältnis zu Deutschland, diesem ihm auf seinen Reisen trotz der deutschen Muttersprache so fremd bleibenden Land. Zugleich dokumentieren diese Briefe auch den Lebensweg der Künstlerin Gisèle Celan-Lestrange; sie zeichnen ihre künstlerische Entwicklung von den Anfängen als Malerin bis hin zu ihren bedeutenden graphischen Werken und der Zusammenarbeit mit Paul Celan. Anschaulich werden aber auch die verzweifelten Phasen dieser Ehe, Celans Zusammenbrüche und Klinikeinweisungen, die sich erneuernden Hoffnungen und die bis zum Schluss trotz aller Trennungen gemeinsam getragene Sorge um den Sohn Eric. Die Ausgabe enthält neben dem Briefwechsel eine Auswahl der Briefe Celans an seinen Sohn sowie ergänzende Dokumente. Den ersten Band mit den Brieftexten erschließt ein zweiter mit Nachworten, ausführlichen Anmerkungen, einer umfassenden Zeittafel, Werkverzeichnissen und Registern.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.07.2001

Nach Jürgen Busche bietet dieser Briefwechsel den Stoff für gleich mehrere noch zu schreibende Romane - etwa wegen der Liebesgeschichte Celans mit Ingeborg Bachmann, wegen seiner psychischen Probleme und der Misshandlung seiner Frau, aber auch wegen der guten Zeiten, die beide durchaus miteinander verlebt haben. Gisèle Lestrange bescheinigt der Rezensent eine gehörige Portion Mut, den sie "ihr Leben lang" gebraucht habe, ganz besonders aber in den Krisenzeiten der sechziger Jahre. Die Briefe aus der Zeit, als Celan in eine psychiatrische Anstalt eingeliefert wird, findet Busche jedoch in "ihrer lakonischen Aussagearmut unverständlich oder trivial", während die Briefe aus besseren Zeiten seiner Ansicht nach durch scharfe Beobachtung und Witz bestechen. Busche berichtet in seiner Rezension auch ausführlich von der Ablehnung Celans durch die Gruppe 47 und auch über den Vorwurf, er habe Yvan Goll plagiiert. Der Briefwechsel verrate, wie verletzt Celan darüber gewesen sei.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 30.06.2001

Beatrice von Matt zeigt sich in ihrer sehr eingehenden Besprechung von der gleichzeitig auf deutsch und auf englisch erscheinenden Ausgabe des Briefwechsels zwischen dem Ehepaar Paul Celan und Gisèle Lestrange begeistert. Sie begrüßt, dass die Briefe "Licht" ins Dunkel von Celans privatem Leben werfen und besonders seine letzten Jahre in Paris bis zu seinem Suizid beleuchten. Dabei erscheinen der Rezensentin besonders die Briefe von Gisèle Lestrange "wunderbar detailreich, erzählerisch, einnehmend in jeder Zeile". An den Briefen Celans hebt sie die Gedichte, die darin enthalten sind, hervor und zeigt sich von der tiefen Zuneigung, die insbesondere in Trennungszeiten aus seinen Briefen spricht, berührt. Sie preist den Band als "vorbildlich ediert" und lobt speziell den Anmerkungsapparat des Herausgebers, den sie nicht nur wegen seiner wissenschaftlichen Genauigkeit schätzt, sondern an dem ihr gleichzeitig das Einfühlungsvermögen gefällt. Auch mit der Übersetzung ist sie im Großen und Ganzen zufrieden. Die Entscheidung, Kosenamen und persönliche Anreden unübersetzt zu lassen, trifft auf ihre volles Zustimmung, doch hätte der Übersetzer ihrer Ansicht nach, "noch weiter gehen können und - hier kommt nun doch Kritik - manche Übertragung von "Wortspielen" in den Briefen Celans scheinen ihr gänzlich mißlungen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 17.05.2001

Martina Meister spricht diesem Briefwechsel zwischen Paul Celan und seiner Ehefrau Gisèle, der gleichzeitig auf Französisch wie auf Deutsch erschienen ist, das Verdienst zu, das "dichteste Zeugnis" seiner letzten 20 Lebensjahre zu sein. So merkwürdig es sei, Celan in Übersetzung aus dem Französischen zu lesen, so "hervorragend sei die Übersetzung von Eugen Helmlé, lobt die Rezensentin. Sie ist beeindruckt von der Dichte der Briefe, die rasch von gewöhnlichem "Gefühlsgeflüster" in den ersten Liebesbriefen zur "passionierenden Liebes- und Leidensgeschichte" wird. Der umfangreiche Anmerkungsband erfährt besonderes Lob von Meister, den sie findet, dass er selbst dunkle Stellen in den Briefen zu erhellen vermag. Dass der Briefwechsel auch vom psychischen Zusammenbruch Celans, der im Freitod endet, "Zeugnis ablegt", macht ihn der Rezensentin so interessant. Genauso faszinierend aber findet sie die Demonstration der unerschütterbaren Liebe seiner Frau Gisèle, die in ihren Briefen zum Ausdruck kommt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.04.2001

Nach Kurt Oesterle kann dieser Band ein wenig dazu beitragen, Gisele Celan von dem Vorwurf zu entlasten, sie habe Paul Celan gerade dann allein gelassen, als er sich in einer Krise befunden hat. Denn nach Ansicht des Rezensenten kann jeder Leser, der "nicht einäugig hinsieht", hier erkennen, dass Gisele Celan und ihr Sohn nur knapp einer Katastrophe entkommen sind, als Paul Celan im Wahn androhte, das "Opfer Abrahams" zu wiederholen. Gleichzeitig wird nach Oesterle in diesen Briefen deutlich, "wie weit Gisele Celan in ihrer Selbstunterdrückung ging", etwa was die Zeit betrifft, in der Celan seine Liebesbeziehung zu Ingeborg Bachmann wieder aufnahm. Dieses Thema selbst wird jedoch, so der Rezensent, in den Briefen kaum angesprochen, obwohl es Anlass war "für schwersten Streit". Was Gisele Celan wirklich bewegt hat - darüber geben die Briefe nach Oesterle nur wenig Auskunft. Ihre wirklichen Gefühle habe sie vielmehr in ihrem Tagebuch niedergeschrieben. Doch dieses ist, so der Rezensent, bisher unveröffentlicht.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.03.2001

Helmut Böttiger ist völlig gefangen von dem Briefwechsel zwischen Paul Celan und seiner Frau Gisèle. In seiner ausführlichen Besprechung preist er das Buch als "Höhepunkt" der jüngsten Veröffentlichungen aus Celans Nachlass, das neue Erkenntnisse zu Leben und Werk des Lyrikers in bisher nicht da gewesenem Umfang ermögliche. Dazu habe der Anmerkungsapparat viel beizusteuern, und in ihm liege auch das eigentlich "Brisante" dieses Briefwechsel, da er durch Zitate aus den Tage- und Notizbüchern sowohl Celans als auch seiner Frau erstmalig "Einblick in intime Aufzeichnungen" des Ehepaars erlaube. Der Rezensent bemerkt anerkennend, dass viele Briefstellen Aufschluss über Gedichte Celans geben, aber daneben erkennt er in dem Buch auch das "berührende Zeugnis" einer großen, wenn auch schwierigen Liebe. Den Übersetzer Eugen Helmlé lobt Böttiger nachdrücklich für die gelungene Lösung einer besonderen Schwierigkeit: da Celan seine Briefe auf Französisch verfasste, mussten sie für die deutsche Ausgabe quasi in seine Muttersprache zurückübersetzt werden. Der Rezensent findet, dass der Übersetzer den "Celan-Ton" hervorragend getroffen hat.